Heimliche Auskünfte
Die Branche will Tarifhoppern das Leben schwer machen. Doch der angedachte Daten-pool empört Verbraucher- und Datenschützer.
Es geht um einen Pool. Nicht um einem, in den man reinspringen, eine Runde schwimmen und erfrischt wieder heraussteigen kann. In diesen Pool, so dachten sich zwei deutsche Auskunfteien, könnten Daten Hunderttausender Verbraucher einfließen, Vertragsdaten von Kunden von Energieversorgern. Abschöpfen könnten sie dann eben diese Anbieter von Strom, Wasser und Gas zum Beispiel, wenn sie mehr über potenzielle Neukunden wissen wollen.
Die Auskunfteien Schufa und Crif Bürgel stellten ihre Pläne jüngst den Mitgliedern des Arbeitskreises Auskunfteien der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern vor. Die äußerten sich anschließend kritisch. „Aus Sicht des Arbeitskreises bestehen erhebliche Zweifel an der Verarbeitung von Positivdaten wie Angaben zur Vertragsdauer durch Wirtschaftsauskunfteien im Bereich der Energieversorgungsbranche.“Diese Einschätzung soll der Datenschutzkonferenz als Entscheidungsvorlage zugeleitet werden. Sie bedeutet wohl das Ende für die Pläne der Auskunfteien.
Nachteile für Kunden
In die Öffentlichkeit kam deren Vorhaben durch Recherchen von Süddeutscher Zeitung und NDR. Der Aufschrei von Verbraucherund Datenschützern war umfassend und laut. Sie befürchten vor allem Nachteile für Kunden, die regelmäßig ihre Anbieter wechseln, um Kosten zu sparen und von Lockangeboten wie Boni profitieren. Häufig wechselnde Kunden sind für die Unternehmen jedoch weniger interessant als langfristige, auch weil die Lockangebote in einigen Fällen dazu führen, dass die Versorger im ersten Jahr an Neukunden wenig bis gar nichts verdienen.
Die Folge: „Mit Hilfe einer solchen Datenbank können Energielieferanten wechselwillige Kunden möglicherweise einfacher identifizieren. Es besteht dann die Gefahr, dass Unternehmen wechselwillige Verbraucher systematisch ablehnen beziehungsweise von attraktiven Angeboten mit Neukundenbonus ausschließen“, sagt Marie Barz, Referentin des Team Marktbeobachtung Energie des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Aus Sicht der Verbraucherschützer sei solch ein Branchenpool der Energieversorger bedenklich. Wechsel seien eigentlich politisch erwünscht, es zahlten immer noch zu viele Verbraucher zu viel in der Grundversorgung. „Mit den geplanten Datenbanken könnten Verbraucher davon abgehalten werden, den Anbieter zu wechseln – zum einen weil sie Nachteile befürchten, wenn sie den Vertrag wechseln und zum anderen, weil es für sie wirklich schwieriger wird, eine Vertrag mit attraktiven Konditionen abzuschließen.“
Auch die Bundesnetzagentur hat Bedenken. „Der Wettbewerb im Strom- und Gasmarkt lebt vom Wechsel des Anbieters. Wir sehen es kritisch, wenn versucht wird – wie nach Bekanntwerden der Pläne von der Öffentlichkeit befürchtet –, den Wechsel von Kunden zu erschweren“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Bei der Bewertung
komme es allerdings maßgeblich darauf an, wer, wann auf welche Daten zugreifen darf und für welche Zwecke sie dann genutzt werden.
Besonders deutlich formuliert der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Rheinland-pfalz, Dieter Kugelmann, seine Bedenken: „Datenbanken, in denen die Daten von mehreren Millionen Bürgerinnen und Bürgern gespeichert werden, ohne dass diese eingewilligt haben, sind kritisch zu bewerten.“
Die Energieversorger würden mit einem solchen Pool lediglich „ihr eigenes marktübliches wirtschaftliches Risiko zu Lasten des Datenschutzes auf die Kundinnen und Kunden verlagern“. Die angedachten Datenbanken seien auch nicht mit Bonitätsauskünften vergleichbar, die gegen vertragswidriges Verhalten wie Zahlungsausfälle absichern sollen. Die werden von der Schufa schon lange bereitgestellt.
Energieversorger würden ihr wirtschaftliches Risiko auf die Kunden verlagern. Dieter Kugelmann
Datenschutzbeauftragter
Schufa wehrt sich
Die Schufa wehrt sich nun gegen die Vorwürfe. Auf Anfrage sagt eine Pressesprecherin: „Die Schufa hatte nicht vor, einen Datenpool für die Energieversorgungsbranche zu entwickeln, der Verbrauchern den Wechsel des Energieversorgers erschwert.“Es handle sich bei dem Datenpool um eine „nicht bis zur Marktreife entwickelte Idee.“Ziel sei gewesen, „gerade solchen Verbrauchern den Abschluss eines günstigeren Vertrages – und damit einen Anbieterwechsel – zu ermöglichen, denen dies bislang aufgrund einer negativen Zahlungshistorie in anderen Marktsegmenten nicht möglich ist.“