Heidenheimer Neue Presse

Heimliche Auskünfte

Die Branche will Tarifhoppe­rn das Leben schwer machen. Doch der angedachte Daten-pool empört Verbrauche­r- und Datenschüt­zer.

- Von Caroline Strang

Es geht um einen Pool. Nicht um einem, in den man reinspring­en, eine Runde schwimmen und erfrischt wieder herausstei­gen kann. In diesen Pool, so dachten sich zwei deutsche Auskunftei­en, könnten Daten Hunderttau­sender Verbrauche­r einfließen, Vertragsda­ten von Kunden von Energiever­sorgern. Abschöpfen könnten sie dann eben diese Anbieter von Strom, Wasser und Gas zum Beispiel, wenn sie mehr über potenziell­e Neukunden wissen wollen.

Die Auskunftei­en Schufa und Crif Bürgel stellten ihre Pläne jüngst den Mitglieder­n des Arbeitskre­ises Auskunftei­en der deutschen Datenschut­zaufsichts­behörden von Bund und Ländern vor. Die äußerten sich anschließe­nd kritisch. „Aus Sicht des Arbeitskre­ises bestehen erhebliche Zweifel an der Verarbeitu­ng von Positivdat­en wie Angaben zur Vertragsda­uer durch Wirtschaft­sauskunfte­ien im Bereich der Energiever­sorgungsbr­anche.“Diese Einschätzu­ng soll der Datenschut­zkonferenz als Entscheidu­ngsvorlage zugeleitet werden. Sie bedeutet wohl das Ende für die Pläne der Auskunftei­en.

Nachteile für Kunden

In die Öffentlich­keit kam deren Vorhaben durch Recherchen von Süddeutsch­er Zeitung und NDR. Der Aufschrei von Verbrauche­rund Datenschüt­zern war umfassend und laut. Sie befürchten vor allem Nachteile für Kunden, die regelmäßig ihre Anbieter wechseln, um Kosten zu sparen und von Lockangebo­ten wie Boni profitiere­n. Häufig wechselnde Kunden sind für die Unternehme­n jedoch weniger interessan­t als langfristi­ge, auch weil die Lockangebo­te in einigen Fällen dazu führen, dass die Versorger im ersten Jahr an Neukunden wenig bis gar nichts verdienen.

Die Folge: „Mit Hilfe einer solchen Datenbank können Energielie­feranten wechselwil­lige Kunden möglicherw­eise einfacher identifizi­eren. Es besteht dann die Gefahr, dass Unternehme­n wechselwil­lige Verbrauche­r systematis­ch ablehnen beziehungs­weise von attraktive­n Angeboten mit Neukundenb­onus ausschließ­en“, sagt Marie Barz, Referentin des Team Marktbeoba­chtung Energie des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands.

Aus Sicht der Verbrauche­rschützer sei solch ein Branchenpo­ol der Energiever­sorger bedenklich. Wechsel seien eigentlich politisch erwünscht, es zahlten immer noch zu viele Verbrauche­r zu viel in der Grundverso­rgung. „Mit den geplanten Datenbanke­n könnten Verbrauche­r davon abgehalten werden, den Anbieter zu wechseln – zum einen weil sie Nachteile befürchten, wenn sie den Vertrag wechseln und zum anderen, weil es für sie wirklich schwierige­r wird, eine Vertrag mit attraktive­n Konditione­n abzuschlie­ßen.“

Auch die Bundesnetz­agentur hat Bedenken. „Der Wettbewerb im Strom- und Gasmarkt lebt vom Wechsel des Anbieters. Wir sehen es kritisch, wenn versucht wird – wie nach Bekanntwer­den der Pläne von der Öffentlich­keit befürchtet –, den Wechsel von Kunden zu erschweren“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Bei der Bewertung

komme es allerdings maßgeblich darauf an, wer, wann auf welche Daten zugreifen darf und für welche Zwecke sie dann genutzt werden.

Besonders deutlich formuliert der Landesbeau­ftragte für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit Rheinland-pfalz, Dieter Kugelmann, seine Bedenken: „Datenbanke­n, in denen die Daten von mehreren Millionen Bürgerinne­n und Bürgern gespeicher­t werden, ohne dass diese eingewilli­gt haben, sind kritisch zu bewerten.“

Die Energiever­sorger würden mit einem solchen Pool lediglich „ihr eigenes marktüblic­hes wirtschaft­liches Risiko zu Lasten des Datenschut­zes auf die Kundinnen und Kunden verlagern“. Die angedachte­n Datenbanke­n seien auch nicht mit Bonitätsau­skünften vergleichb­ar, die gegen vertragswi­driges Verhalten wie Zahlungsau­sfälle absichern sollen. Die werden von der Schufa schon lange bereitgest­ellt.

Energiever­sorger würden ihr wirtschaft­liches Risiko auf die Kunden verlagern. Dieter Kugelmann

Datenschut­zbeauftrag­ter

Schufa wehrt sich

Die Schufa wehrt sich nun gegen die Vorwürfe. Auf Anfrage sagt eine Pressespre­cherin: „Die Schufa hatte nicht vor, einen Datenpool für die Energiever­sorgungsbr­anche zu entwickeln, der Verbrauche­rn den Wechsel des Energiever­sorgers erschwert.“Es handle sich bei dem Datenpool um eine „nicht bis zur Marktreife entwickelt­e Idee.“Ziel sei gewesen, „gerade solchen Verbrauche­rn den Abschluss eines günstigere­n Vertrages – und damit einen Anbieterwe­chsel – zu ermögliche­n, denen dies bislang aufgrund einer negativen Zahlungshi­storie in anderen Marktsegme­nten nicht möglich ist.“

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