Grippe gefährlicher als Covid-19?
Die HZ beantwortet zusammen mit Experten Leserfragen zu den Auswirkungen des Covid-19-virus.
Die Corona-pandemie hat das Leben aller Menschen im Landkreis Heidenheim deutlich verändert. Viele Menschen haben Fragen rund um Covid-19. Im Coronariefing geben Experten Tipps für den Alltag.
Diese Woche fragte ein Leser: „An einer normalen Grippe sterben jährlich bis zu 25 000 Menschen in Deutschland, und das, obwohl es dafür eine funktionierende Impfung gibt. Ohne diesen Impfstoff würden, wie jetzt bei Corona, deutlich mehr Menschen an der Grippe sterben. Ist die Aufregung um das Covid-19-virus deshalb nicht übertrieben?“
Beantwortet wurde die Frage von Chefarzt Dr. Martin Grünewald, der am Klinikum Heidenheim unter anderem den Bereich der Infektionserkrankungen verantwortet: „Wir sind in Deutschland relativ gut durch die erste Welle gekommen, zumindest im Vergleich zu anderen Ländern wie beispielsweise Italien. Deshalb sind die Zahlen aus Deutschland nur schwer zu interpretieren. Wenn wir aber einfach mal einen Blick auf die Länder werfen, die einen Lockdown nur sehr zögerlich umgesetzt haben, dann sind die Ergebnisse sehr deutlich. In Großbritannien sind in diesem Jahr bisher 48 000 Menschen an Covid-19 verstorben.
Im Vergleichszeitraum sind 400 Personen durch Influenza-erkrankungen ums Leben gekommen. Die Zahl der Menschen, die durch Lungenentzündungen starben lag bei 13 000. Rein statistisch betrachtet ist damit das Coronavirus in Großbritannien in diesem Jahr hundertmal tödlicher als der Grippe-erreger. Ein ähnliches Bild gibt es auch aus den USA.
Übersterblickeit im Frühjahr
Im Unterschied zu diesen Ländern gab es in Deutschland einen frühzeitigen Lockdown. Deshalb haben wir noch nicht so viele Corona-tote bei uns. Aber selbst in Deutschland gibt es für die Monate März und April eine Übersterblichkeit in der Altersgruppe der Über-65-jährigen. Das zeigt eine neue Untersuchung des Robert-koch-institutes (RKI). Nach einer Analyse der Daten kommt das RKI zu dem Schluss, dass die Übersterblichkeit vor allem auf Covid-19 zurückzuführen ist.
Zudem ist der Vergleich mit Influenza schwierig, weil es sich dabei um eine Gruppe von Viren handelt. Das führt dazu, dass es Jahre mit einem leichteren und einem schlimmeren Verlauf gibt. Es gibt also nicht das eine Influenza-virus. In der historischen Betrachtung gab es sicherlich Influenza-epidemien, die an die Gefährlichkeit von Covid-19 heranreichen, aber auch viele, die davon weit entfernt waren.
Aber ganz egal, wie man es sehen mag, es gibt keinen Grund, auf angemessene Schutzmaßnahmen zu verzichten. Alles, was wir tun können, um den Tod von Menschen zu vermeiden, ist richtig.“
Das gesamte Gespräch mit weiteren Leserfragen finden Sie unter www.hz.de/coronabriefing. Wenn Sie Fragen rund um die Corona-pandemie haben, dann schreiben Sie uns einfach an redaktion@hz.de und wir werden versuchen, sie in einem der nächsten Hz-corona-briefings zu beantworten.