Das neue Rathaus wird ein Sechseck
Wie soll Dischingens neues Rathaus aussehen? Nach elf Stunden Beratung setzte die Jury einstimmig den Entwurf eines Aalener Architekturbüros aufs Siegertreppchen.
Der Architektenwettbewerb für einen Rathaus-neubau ist entschieden. Ein Aalener Büro belegte mit seinem Entwurf den ersten Platz.
Gewöhnungsbedürftig, unscheinbar, verblüffend: Dass man mit diesen Adjektiven punkten kann, zeigte das Aalener Architekturbüro Kayser mit seinem Entwurf für den Neubau des Dischinger Rathauses. Zehn Entwürfe unter anderem aus Stuttgart, Nürnberg und Augsburg waren zum Architektenwettbewerb zugelassen worden.
Elf Stunden hatte eine Jury aus sechs Fachpreisrichtern und fünf Sachpreisrichtern Ende November über die eingereichten Vorschläge beraten. Zig Punkte in vielerlei Dimensionen galt es zu berücksichtigen, von der Lage des Technik-raums bis hin zur grundsätzlichen Wirtschaftlichkeit. Interessanterweise legten die beiden Entscheider-teams unabhängig voneinander eine identische Platzierungs-reihenfolge fest und setzten am Ende einstimmig den Entwurf für ein sechseckiges Gebäude, das innen wie außen viel Spielraum für Änderungswünsche lässt, aufs Siegertreppchen.
Flexibler Grundriss
Architekt Jürgen Hauck aus Würzburg, der Teil der Fachjury war, erläuterte in der Gemeinderatssitzung am Montagabend nun die Vorzüge des Gewinner-vorschlags aus Aalen. Allein schon die Anordnung des Neubaus habe ihn begeistert. „Frei auf dem Platz schwimmend, fast schon wie auf einem Tablett präsentiert“stehe es da und könne noch in alle Richtungen verschoben werden, ohne dass es dem Erscheinungsbild schade.
Lob für Lokalpolitiker
Das Thema Parken sei gut gelöst, der Brandschutz schon bedacht, das Foyer wirke sehr freundlich mit vielen Bezügen nach außen und das Gebäude sei von allen Seiten zugänglich. „Auch beim Grundriss wurde alles richtig gemacht. Man kann im Innern alles noch schieben und tauschen, ohne dem Gesamtkonzept zu schaden“, so Juror Hauck. Abschließend sprach er den Dischinger Lokalpolitikern ein großes Lob aus. Selten habe er bei solchen Wettbewerben solch eine intensive Beteiligung am Auswahlprozess erlebt – ohne harte Diskussionen, dafür mit einem einstimmigen Ergebnis: „Ich denke, das aufwändige Verfahren hat sich gelohnt.“
Einstimmig fiel denn auch das Ergebnis der Abstimmung im Gemeinderat aus. Insgesamt werden mit dem Neubau auf drei Etagen 1100 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. Im Erdgeschoss sollen Bürgeramt, Standesamt, Trauzimmer, eine Wc-anlage und eine behindertengerechte Toilette untergebracht werden. Das Obergeschoss dient als Verwaltungsebene, auch hier ist die Anordnung durchdacht und auf die Arbeitsabläufe einer Verwaltung abgestimmt: An den Seiten befinden sich Büros, in der Mitte eine Kopierstation und ein Besprechungsraum.
Sitzungssaal im Obergeschoss
Der Sitzungssaal im zweiten Obergeschoss wird Platz bieten für mehr als 199 Personen und über einen separaten Eingang erreichbar sein. Aus Kostengründen soll auf eine teilweise Unterkellerung, wie sie das Büro Kayser vorgeschlagen hat, verzichtet werden: „Wir wollen hier nicht viel Geld verbuddeln, sondern die bestehenden Räume nutzen. Das alte Rathaus eignet sich hervorragend fürs Archiv, die Technik und die EDV können wir im Erdgeschoss unterbringen“, so Bürgermeister Alfons Jakl.
Änderungswünsche
Im Gespräch mit den Architekten wurden bereits weitere Änderungswünsche angesprochen. Unter anderem sollen die Toiletten im Erdgeschoss von außen zugänglich gemacht werden, weil es in der Gemeinde sonst nirgendwo öffentliche Toiletten gibt. Das mit 46 Quadratmetern angesetzte Standesamt soll verkleinert, der Raum nebenan vergrößert und auch mit einem separaten Eingang versehen werden. Dieser Raum könnte künftig auch von der Volkshochschule oder der
Kirchengemeinde genutzt werden.
Bezüglich des Treppenhauses soll noch ein Brandschutzexperte befragt werden. Eine der Fragen an ihn: Gibt es Alternativen zur Fluchttreppe? Wenn ja, könnte der zur Verfügung stehende Raum anderweitig genutzt werden. Nicht zuletzt soll die Deckenhöhe verringert werden. Je weniger umbauter Raum, desto günstiger wird die Rechnung ausfallen.
Die Kostenfrage
„Natürlich haben wir am Ende auch gefragt, was das alles kosten soll“, sagte der Bürgermeister. Das Büro Kayser plant mit rund vier Millionen Euro ohne Unterkellerung. Beim eigenen Honorar zeigten die Architekten, deren Sieger-entwurf mit einem Preisgeld von 16 500 Euro bedacht wird, großes Entgegenkommen. Üblicherweise werden
Planungen für öffentliche Gebäude nach Honorarzone vier abgerechnet. Vereinbart wurde nun Honorarzone drei. Alfons Jakl schreibt das der räumlichen Nähe zu, die in den kommenden Monaten sicher von Vorteil sein werde, und darüber hinaus auch der guten Zusammenarbeit beim Bau des Dischinger Kindergartens vor einigen Jahren: „Wir haben erst hinterher erfahren, von wem welcher Vorschlag stammt. Dass es Aalen geworden ist, freut uns.“
Antrag auf Fördermittel
Nun soll freilich keine Zeit verloren werden. Es gilt, Fördergelder zu beantragen, die Pläne fertigzustellen, die Kostenrechnung und die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu erstellen: Gemeinde und Architekten sehen sich vor einer sportlichen, aber nicht unmöglichen Aufgabe. Bürgermeister Jakl: „Man muss in Baden-württemberg sicher weit laufen, um ein Rathaus zu finden, das baulich in einem so desolaten Zustand ist wie das in Dischingen. Und die Corona-pandemie wird sicher Auswirkungen auf Fördermittel haben. Irgendwann wird man anfangen, an dieser Stelle zu sparen. Wenn also nicht jetzt, wann dann?“