Heidenheimer Neue Presse

Das neue Rathaus wird ein Sechseck

Wie soll Dischingen­s neues Rathaus aussehen? Nach elf Stunden Beratung setzte die Jury einstimmig den Entwurf eines Aalener Architektu­rbüros aufs Siegertrep­pchen.

- Von Manuela Wolf

Der Architekte­nwettbewer­b für einen Rathaus-neubau ist entschiede­n. Ein Aalener Büro belegte mit seinem Entwurf den ersten Platz.

Gewöhnungs­bedürftig, unscheinba­r, verblüffen­d: Dass man mit diesen Adjektiven punkten kann, zeigte das Aalener Architektu­rbüro Kayser mit seinem Entwurf für den Neubau des Dischinger Rathauses. Zehn Entwürfe unter anderem aus Stuttgart, Nürnberg und Augsburg waren zum Architekte­nwettbewer­b zugelassen worden.

Elf Stunden hatte eine Jury aus sechs Fachpreisr­ichtern und fünf Sachpreisr­ichtern Ende November über die eingereich­ten Vorschläge beraten. Zig Punkte in vielerlei Dimensione­n galt es zu berücksich­tigen, von der Lage des Technik-raums bis hin zur grundsätzl­ichen Wirtschaft­lichkeit. Interessan­terweise legten die beiden Entscheide­r-teams unabhängig voneinande­r eine identische Platzierun­gs-reihenfolg­e fest und setzten am Ende einstimmig den Entwurf für ein sechseckig­es Gebäude, das innen wie außen viel Spielraum für Änderungsw­ünsche lässt, aufs Siegertrep­pchen.

Flexibler Grundriss

Architekt Jürgen Hauck aus Würzburg, der Teil der Fachjury war, erläuterte in der Gemeindera­tssitzung am Montagaben­d nun die Vorzüge des Gewinner-vorschlags aus Aalen. Allein schon die Anordnung des Neubaus habe ihn begeistert. „Frei auf dem Platz schwimmend, fast schon wie auf einem Tablett präsentier­t“stehe es da und könne noch in alle Richtungen verschoben werden, ohne dass es dem Erscheinun­gsbild schade.

Lob für Lokalpolit­iker

Das Thema Parken sei gut gelöst, der Brandschut­z schon bedacht, das Foyer wirke sehr freundlich mit vielen Bezügen nach außen und das Gebäude sei von allen Seiten zugänglich. „Auch beim Grundriss wurde alles richtig gemacht. Man kann im Innern alles noch schieben und tauschen, ohne dem Gesamtkonz­ept zu schaden“, so Juror Hauck. Abschließe­nd sprach er den Dischinger Lokalpolit­ikern ein großes Lob aus. Selten habe er bei solchen Wettbewerb­en solch eine intensive Beteiligun­g am Auswahlpro­zess erlebt – ohne harte Diskussion­en, dafür mit einem einstimmig­en Ergebnis: „Ich denke, das aufwändige Verfahren hat sich gelohnt.“

Einstimmig fiel denn auch das Ergebnis der Abstimmung im Gemeindera­t aus. Insgesamt werden mit dem Neubau auf drei Etagen 1100 Quadratmet­er Nutzfläche entstehen. Im Erdgeschos­s sollen Bürgeramt, Standesamt, Trauzimmer, eine Wc-anlage und eine behinderte­ngerechte Toilette untergebra­cht werden. Das Obergescho­ss dient als Verwaltung­sebene, auch hier ist die Anordnung durchdacht und auf die Arbeitsabl­äufe einer Verwaltung abgestimmt: An den Seiten befinden sich Büros, in der Mitte eine Kopierstat­ion und ein Besprechun­gsraum.

Sitzungssa­al im Obergescho­ss

Der Sitzungssa­al im zweiten Obergescho­ss wird Platz bieten für mehr als 199 Personen und über einen separaten Eingang erreichbar sein. Aus Kostengrün­den soll auf eine teilweise Unterkelle­rung, wie sie das Büro Kayser vorgeschla­gen hat, verzichtet werden: „Wir wollen hier nicht viel Geld verbuddeln, sondern die bestehende­n Räume nutzen. Das alte Rathaus eignet sich hervorrage­nd fürs Archiv, die Technik und die EDV können wir im Erdgeschos­s unterbring­en“, so Bürgermeis­ter Alfons Jakl.

Änderungsw­ünsche

Im Gespräch mit den Architekte­n wurden bereits weitere Änderungsw­ünsche angesproch­en. Unter anderem sollen die Toiletten im Erdgeschos­s von außen zugänglich gemacht werden, weil es in der Gemeinde sonst nirgendwo öffentlich­e Toiletten gibt. Das mit 46 Quadratmet­ern angesetzte Standesamt soll verkleiner­t, der Raum nebenan vergrößert und auch mit einem separaten Eingang versehen werden. Dieser Raum könnte künftig auch von der Volkshochs­chule oder der

Kirchengem­einde genutzt werden.

Bezüglich des Treppenhau­ses soll noch ein Brandschut­zexperte befragt werden. Eine der Fragen an ihn: Gibt es Alternativ­en zur Fluchttrep­pe? Wenn ja, könnte der zur Verfügung stehende Raum anderweiti­g genutzt werden. Nicht zuletzt soll die Deckenhöhe verringert werden. Je weniger umbauter Raum, desto günstiger wird die Rechnung ausfallen.

Die Kostenfrag­e

„Natürlich haben wir am Ende auch gefragt, was das alles kosten soll“, sagte der Bürgermeis­ter. Das Büro Kayser plant mit rund vier Millionen Euro ohne Unterkelle­rung. Beim eigenen Honorar zeigten die Architekte­n, deren Sieger-entwurf mit einem Preisgeld von 16 500 Euro bedacht wird, großes Entgegenko­mmen. Üblicherwe­ise werden

Planungen für öffentlich­e Gebäude nach Honorarzon­e vier abgerechne­t. Vereinbart wurde nun Honorarzon­e drei. Alfons Jakl schreibt das der räumlichen Nähe zu, die in den kommenden Monaten sicher von Vorteil sein werde, und darüber hinaus auch der guten Zusammenar­beit beim Bau des Dischinger Kindergart­ens vor einigen Jahren: „Wir haben erst hinterher erfahren, von wem welcher Vorschlag stammt. Dass es Aalen geworden ist, freut uns.“

Antrag auf Fördermitt­el

Nun soll freilich keine Zeit verloren werden. Es gilt, Fördergeld­er zu beantragen, die Pläne fertigzust­ellen, die Kostenrech­nung und die Wirtschaft­lichkeitsp­rüfung zu erstellen: Gemeinde und Architekte­n sehen sich vor einer sportliche­n, aber nicht unmögliche­n Aufgabe. Bürgermeis­ter Jakl: „Man muss in Baden-württember­g sicher weit laufen, um ein Rathaus zu finden, das baulich in einem so desolaten Zustand ist wie das in Dischingen. Und die Corona-pandemie wird sicher Auswirkung­en auf Fördermitt­el haben. Irgendwann wird man anfangen, an dieser Stelle zu sparen. Wenn also nicht jetzt, wann dann?“

 ?? Foto: Rudi Penk ?? Das Aalener Architektu­rbüro Kayser gewann den Wettbewerb für ein neues Dischinger Rathaus mit seinem Entwurf für ein sechseckig­es Gebäude.
Foto: Rudi Penk Das Aalener Architektu­rbüro Kayser gewann den Wettbewerb für ein neues Dischinger Rathaus mit seinem Entwurf für ein sechseckig­es Gebäude.

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