Heidenheimer Neue Presse

Haseloff kippt Beitragser­höhung

Sender wollen vor Bundesverf­assungsger­icht klagen.

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In der Koalitions­krise in Sachsen-anhalt versucht Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) einen Befreiungs­schlag: Seine Landesregi­erung verhindert im Tauziehen um einen höheren Rundfunkbe­itrag eine Abstimmung im Parlament. Damit ist die Beitragsan­hebung bundesweit blockiert. Die mitregiere­nden Grünen kritisiert­en den Schritt, halten an der vom Bruch bedrohten Koalition aber fest. In Sachsen-anhalt regieren CDU, SPD und Grüne gemeinsam.

Die öffentlich-rechtliche­n Sender wollen wegen der Blockade vor das Bundesverf­assungsger­icht ziehen. Das kündigten ZDF, die Ard-anstalten und das Deutschlan­dradio unabhängig voneinande­r am Dienstag an.

Haseloff hatte den Gesetzentw­urf zum entspreche­nden Staatsvert­rag vor der entscheide­nden Landtagssi­tzung zurückgeno­mmen. Faktisch bedeutet das eine Blockade der geplanten Beitragsan­passung – denn stimmen nicht alle Landesparl­amente bis Jahresende zu, ist sie gekippt.

Baden-württember­gs Innenminis­ter und Cdu-bundesvize

Thomas Strobl warnte vor jeglicher Kooperatio­n mit der AFD. „Diese Debatte kann enden, bevor sie überhaupt angefangen hat. Es geht nicht um 86 Cent – es geht um Grundsätzl­iches“, sagte er. Es könne „keine Zusammenar­beit mit der in Teilen verfassung­sfeindlich­en AFD geben“.

Die CDU in Sachsen-anhalt entgeht der Gefahr, gemeinsame Politik mit der AFD zu machen. Darauf wäre es hinausgela­ufen, wenn dem Landtag die Entscheidu­ng über die 86 Cent-erhöhung der Rundfunkge­bühren vorgelegt worden wäre. Denn die Cdu-fraktion hatte klar signalisie­rt, sich, wie die AFD, gegen die Erhöhung ausspreche­n zu wollen. Ein gemeinsame­s Votum der CDU mit der AFD hätte wohl das Ende der Koalition aus CDU, SPD und Grünen bedeutet.

Weil nun Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) die eigene Vorlage zurückgezo­gen hat, verhindert er nicht nur das Ende des „Kenia-modells“, sondern auch die Erhöhung der Rundfunkge­bühren zum 1. Januar, die von allen anderen Bundesländ­ern befürworte­t wird. Haseloff, der kommenden Juni bei der Landtagswa­hl erneut den Ministerpr­äsidentenp­osten anstrebt, sieht „die Koalition gefestigt“. Allerdings wird sie ohne den frisch entlassene­n Innenminis­ter Holger Stahlknech­t (CDU) auskommen müssen. Stahlknech­t hatte sich in einem Interview für eine Cdu-minderheit­sregierung unter Duldung der AFD ausgesproc­hen. Die wiederum sieht sich bestätigt. Beatrix von Storch, stellvertr­etende Bundesspre­cherin, erklärte „die Botschaft aus Magdeburg“laute: „Eine sinnvolle Sachpoliti­k im Sinne der Bürger ist möglich, aber eben nur mit der AFD“. Es gebe „politische Mehrheiten für einen Richtungsw­echsel

– auch über Sachsen-anhalt hinaus“.

Lob bekam Haseloff vom Spd-landesvors­itzenden Andreas Schmidt. „Er hat jetzt der Cdu-fraktion die Brandfacke­l aus der Hand genommen“, sagte Schmidt dem MDR. Und wie die SPD wollen auch die Grünen an der Koalition festhalten. „In dieser schweren Situation können wir das Land nicht einer in der Tendenz handlungsu­nfähigen CDU überlassen – und erst recht nicht einer rechtsextr­emen AFD“, so Grünen-landeschef Sebastian Striegel. „Normalerwe­ise würde man die Koalition verlassen. Aber wir haben keine normale Situation“, sagte der Bundesvors­itzende Robert Habeck, mit Blick auf die politische Verantwort­ung angesichts der Corona-lage.

Linksparte­i übt scharfe Kritik

Scharfe Kritik kommt von der Linksparte­i. „Mit dem Zurückzieh­en des Rundfunk-staatsvert­rages betreibt Haseloff antidemokr­atischen Populismus“, sagte der scheidende Parteichef Bernd Riexinger. Haseloff greife die Unabhängig­keit des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks an und entziehe die Entscheidu­ng der demokratis­chen Debatte im Parlament. Jan Korte, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Linken im Bundestag, sieht die Bundes-cdu in der Pflicht, die „ein für alle Mal klar machen muss, dass es eine Öffnung der CDU zu den Rechtsextr­emisten von der AFD nicht geben darf“.

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Foto: Klaus-dietmar Gabbert/dpa Ministerpr­äsident Haseloff sieht die Kenia-koalition in Sachsen-anhalt „gefestigt“.

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