Heidenheimer Neue Presse

Unglaublic­he Lasten

- leitartike­l@swp.de

Viel hilft viel – getreu diesem Motto haben Bundesregi­erung und Bundestag angesichts der Corona-pandemie riesige Hilfspaket­e geschnürt. Dadurch summiert sich der Haushalt 2021, den der Bundestag am Freitag beschließe­n dürfte, auf rund eine halbe Billion Euro, ähnlich viel wie in diesem Jahr. Um das zu finanziere­n, muss Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) zusammenge­rechnet über 300 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. Keiner weiß, ob es reicht, weil keiner sagen kann, wie schnell die Herausford­erungen durch Corona beherrschb­ar werden.

Angesichts dieser unglaublic­hen Dimensione­n fragt man sich leicht, ob es auf eine Milliarde mehr oder weniger ankommt. Ja, das tut es. Denn das erhöht die Last, die wir unseren Kindern und Enkeln aufbürden. Wie wichtig es ist, zu fragen, ob die Ausgaben sinnvoll und zielgerich­tet sind, zeigt die Novemberhi­lfe für Betriebe, die zur Eindämmung der Pandemie schließen mussten, und die jetzt für den Dezember verlängert wurde. Das dürfte den Bund zusammen mindestens 30 Milliarden Euro kosten. Doch das viele Geld kommt bei den Betroffene­n kaum an.

Das ist auch kein Wunder. Scholz und sein Wirtschaft­s-kollege Peter Altmaier (CDU) können sich ja schlecht vor ihre Ministerie­n stellen und es bar auszahlen. Es gibt keine Bürokratie, die das über Nacht in Hunderttau­senden von Fällen könnte, auch wenn die Betroffene­n das erwarten – und Politiker gern den Anschein erwecken. Zudem gäbe es zu Recht einen Aufschrei, wenn sich Betrüger allzu leicht Geld ergaunern könnten.

Die Novemberhi­lfe hat noch einen zweiten Konstrukti­onsfehler, der Milliarden kosten dürfte. Es gibt nämlich pauschal 75 Prozent vom Umsatz im letzten Jahr. Für manches Unternehme­n, das nur geringe Fixkosten hat, winkt ein kräftiger Gewinn. Beamte in Ministerie­n, die so etwas auf die Schnelle zusammensc­hustern, sollten lieber mal in der Praxis nachfragen, ob das sinnvoll ist. Glückliche­rweise wollen Altmaier und Scholz ab Januar 2021 nur noch die Überbrücku­ngshilfe zahlen, die an den Fixkosten festgemach­t ist. Die aber auch wieder Ungerechti­gkeiten bringen dürfte.

Alle Ausfälle kann der Bund nicht ersetzen. Das würde ihn überforder­n. Schon weil er die zusätzlich­en Schulden, die jetzt aufgetürmt werden, von 2023 an wieder zurückzahl­en muss.

So schreibt es glückliche­rweise das Grundgeset­z vor, auch wenn es zweifelhaf­t ist, ob das realistisc­h ist. Gleichzeit­ig braucht nämlich Deutschlan­d mehr Investitio­nen in Digitalisi­erung, Klima und Infrastruk­tur, wie die OECD gerade wieder gemahnt hat. Auch die Sozialvers­icherung ist eine tickende Zeitbombe, wenn die Beiträge auf einem erträglich­en Niveau gehalten werden sollen.

Scholz und die Koalition hinterlass­en der nächsten Bundesregi­erung riesige Finanzlöch­er, und keiner hat vernünftig­e Ideen, wie sie geschlosse­n werden sollen. Einfach nur die Reichen zur Kasse zu bitten, wie es Scholz als Spd-kanzlerkan­didat ankündigt, wird bei weitem nicht reichen. Die Zukunft der Staatsfina­nzen steht auf sehr wackeligen Füßen.

Alle Ausfälle kann der Bund nicht ersetzen. Das würde ihn überforder­n.

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Dieter Keller
zum Bundeshaus­halt 2021
Leitartike­l Dieter Keller zum Bundeshaus­halt 2021

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