Die Söderlinge
Der Spaß-lockdown mit geschlossenen Kneipen, Kinos, Restaurants und Theatern hat nicht funktioniert. Zwar sind seine Erfolge wirklich beeindruckend. Die Infektionszahlen steigen nicht mehr explosionsartig, sondern bewegen sich gleichmäßig. Dieser Anstieg scheint das Gesundheitssystem zwar unter Stress zu setzen, aber eine Überlastung ist auch nach vier Wochen nicht festzustellen. Eines hat die staatlich verordnete Geselligkeitsbremse jedoch nicht vermocht. Sie hat die Zahlen nicht so weit gesenkt, dass eine Öffnung der geschlossenen Einrichtungen wieder möglich würde, ohne einen erneuten exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen zu erzeugen.
Eine durchwachsene Bilanz, sicher. Doch völlig vermasselt wurde die Strategie durch die Politik. Genau genommen von denen, die von Anfang an nicht dahinterstanden, wie etwa der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), aber auch von denen, die sich einfach nicht standhaft genug zeigen, Söders Reden nach größerer Härte zu widerstehen, nicht Lemminge, sondern Söderlinge sind.
Bayern – und das war gleich zu Beginn der Seuche so – hat mit den höchsten Infektionszahlen zu kämpfen. Söder möchte das aber lieber nicht einräumen, weshalb der Regierungschefs des stolzen und stets auf seine Unabhängigkeit bedachten Freistaats permanent bundesweite Auflagen fordert, um seine bayerische Situation in den Griff zu kriegen. Es hat natürlich keinen praktischen Nutzen, die Lage in Passau oder in Regen mit Auflagen in Hannover zu bekämpfen. Doch wenn die anderen mitmachen müssen, fällt die schlechte Bilanz des strengsten Corona-kämpfers nicht so ins Gewicht.