Der Mann, der das Stadtbild prägte
Franklin Pühn, über Jahrzehnte ein wichtiger Akteur der Heidenheimer Kunstszene, ist mit 95 Jahren gestorben.
Vor gut einem halben Jahr hat er noch einen monumentalen Geburtstag gefeiert. Und es ist noch kein Vierteljahr her, dass er im Kunstmuseum in Heidenheim seine letzte Ausstellung eröffnet hat. Beides hat er vor Vitalität nur so sprühend getan. In der Begeisterung für sein Tun war er regelrecht jugendlich geblieben. Man nahm ihm sein Alter nicht ab. Was seine letzte Ausstellung bewies. Dort präsentierte der Gefeierte sein neuestes Schaffen aus den vergangenen drei, vier Jahren. Die letzte öffentliche Führung kommende Woche hätte er nicht mehr vornehmen können: Am vergangenen Sonntag ist Franklin Pühn im Alter von 95 Jahren verstorben.
Zur Welt kam Pühn in Erfurt, wohin er nach Soldatenzeit, Krieg und Gefangenschaft 1946 zurückkehrte. Aufgegeben hatte er da bereits den Berufswunsch Schiffbauingenieur. Nun wollte er Bildhauer werden. Doch weil ihm als Arztsohn der damals in Ostdeutschland geforderte proletarische Hintergrund fehlte, durfte er nicht in Weimar studieren. Also tat er es ab 1948 in Stuttgart. 1953 schloss Franklin Pühn sein Studium ab und zog nach Bolheim, wo sein Vater inzwischen eine Landarztpraxis eröffnet hatte.
1954 ließ sich Pühn, inzwischen verheiratet und bereits Vater der ersten von zwei Töchtern, in Heidenheim nieder, wo er gleich als Mitbegründer der Künstlergruppe „5/54“in Erscheinung trat und ab da für die kommenden Jahrzehnte als maßgeblicher Akteur der Kunstszene auf der Bühne bleiben sollte. Stets gut sichtbar auch in seinen geradezu stadtbildprägenden Werken, vom (inzwischen abgebauten) Rathausbrunnen bis zum Tell-kreisel am Schiller-gymnasium.
Über sieben Jahrzehnte bildete das künstlerische Lebenswerk Franklin Pühns ab. Es begann mit stark abstrahierten Figurationen, zu denen sich etwas später die gegenstandslosen rhythmischen Formen gesellten, wurde unter dem Eindruck der Pop-art kurz durchaus gegenständlich, wandelte sich erneut ins Abstrakte, ohne jedoch ganz und gar auf abbildliche Motive zu verzichten. Zu Beginn der 1980er-jahre entwickelte Franklin Pühn dann eine in der Geschichte
dieser Gattung völlig neue Form der Papierskulptur, die bis zuletzt im Zentrum seines Schaffens stand. Bronze und Aluminium waren bevorzugte Werkstoffe.
Fast 40 Jahre lang war Pühn bis zum Jahr 2003 äußerst aktiv auch als Vorsitzender des Heidenheimer Kunstvereins und in dieser Eigenschaft nicht zuletzt ein formidabler Vernissagenredner und, auf zahlreichen Exkursionen, ein origineller Anstifter, der es prächtig verstand, Menschen in Sachen Kunst das Sehen beizubringen.