Schmerzmittel aus Sicht eines Apothekers und einer Politikerin
Muss sich die Politik des Problems annehmen? Die Grünen-abgeordnete Margit Stumpp sagt „Ja“und zeigt Lösungsmöglichkeiten auf.
beim Thema Schmerzmittel einschalten? „Ja“, sagt die Grünen-bundestagsabgeordnete Margit Stumpp und passionierte
Läuferin aus Königsbronn in der Hz-serie zu Schmerzmitteln im Amateursport, deren vierter Teil heute erscheint. Der Gerstetter Christoph Spinner gibt Einblicke in Gebrauch und Missbrauch aus Sicht des Apothekers.
Bei Problemen in der Gesellschaft wird schnell der Ruf nach der Politik laut, die das regeln soll. Als gesellschaftliches Problem wird zunehmend auch der Schmerzmittelkonsum, insbesondere von Sportlern, angesehen. Veröffentlichungen wie die Dokumentation, die im Frühsommer in der ARD über den Konsum von rezeptfreien Mitteln im Fußball lief, haben eine Diskussion angestoßen.
Wie unter anderem die Recherche der HZ zum Thema Schmerzmittel gezeigt hat, ist das Problem nicht nur auf die Lieblingssportart der Deutschen begrenzt. Missbrauch gibt es auch in anderen Disziplinen.
„Das Thema überrascht mich überhaupt nicht“, sagt Margit Stumpp, Bundestagsabgeordnete der Grünen für den Wahlkreis Aalen-heidenheim. Die Königsbronnerin hat schon mehrere Marathonläufe erfolgreich absolviert, darunter den in Heidenheim anlässlich der Landesgartenschau 2006. In Läuferkreisen, sagt sie, habe sie hin und wieder gehört, dass es Athleten gibt, die vorbeugend vor dem Start Schmerzmittel wie beispielsweise Aspirin nehmen, um die 42 Kilometer besser bewältigen zu können. „Das war immer mal wieder ein Thema. Wenn man da noch die Verkaufszahlen und die leichte Zugänglichkeit zu frei verkäuflichen Schmerzmitteln sieht, kann man zu dem Schluss kommen, dass es da eine Szene geben muss“, so Stumpp, die von Studien im Marathon- und Ultramarathonbereich berichtet, durch die nachgewiesen wurde, dass ein erheblicher
Teil der Läufer vor dem Startschuss, also prophylaktisch, zu Schmerzmitteln gegriffen hatte.
Zudem wird im Ärzteblatt (Ausgabe August 2020) berichtet, dass eine Studie einer Arbeitsgruppe der Uni Erlangen-nürnberg aus dem Jahr 2009 zu dem Ergebnis kam, dass mehr als jeder zweite Marathonläufer vor dem Start Schmerzmittel eingenommen habe.
Ohne Bedenken
„Viele haben offenbar keine Bedenken, die Mittel zu nehmen. Und auch bei Kindern und Jugendlichen sinkt die Hemmschwelle. Und es ist auch nicht nur ein Problem im Profisport“, so die Einschätzung der Abgeordneten Stumpp. Es sei gut, dass die Diskussion jetzt losgehe, auch im Bundestag in Berlin.
Wie Stumpp erklärt, soll es im Januar des kommenden Jahres eine öffentliche Sitzung geben. „Die Politik nimmt sich des Themas an“, sagt die Vertreterin der Grünen. Und sie ist sicher: Nach der Debatte wird es nicht in der Schublade verschwinden.
„Die Sitzung ist ein guter Aufschlag, danach wird es Vorschläge geben“, so die passionierte Sportlerin. Stumpp setzt vor allem auf Aufklärung und Beratung, etwa in Schulen oder in Vereinen. Zur Umsetzung brauche es finanzielle Mittel, die der Bund bereitstellen könnte.
Ohne Rezeptpflicht
Die Mittel rezeptpflichtig zu machen, sei aus ihrer Sicht schwierig. „Es gibt Situationen, in denen man Schmerzmittel ohne Rezept kaufen können muss.“
Der Arzneimittelexperte Prof. Gerd Glaeske, der an der Universität Bremen forscht und lehrt, fordert im Deutschen Ärzteblatt ein Verbot der Werbung von rezeptfreien Schmerzmitteln.
Ein Warnhinweis auf der Verpackung reiche nicht. In der Werbung, so Glaeske, würden Schmerzmittel oft als schnelle und unproblematische Lösung für den Alltag und Sport angepriesen, was zu einer freizügigen Einname verführe und Missbrauch fördere.
Also Werbung verbieten, wie für Tabak? „Das könnte möglicherweise ein Weg sein. Ob das aber so einfach geht, kann ich spontan nicht sagen. Man müsste sich zunächst einmal anschauen, welche Werbung es überhaupt gibt“, sagt Stumpp, deren eigener Konsum von Schmerzmitteln sich sehr in Grenzen halte.
„Ich nehme nur was bei Verletzungen. Nur, um damit Sport machen zu können, würde ich keine Medikamente einnehmen“, so die Bundestagsabgeordnete, die nach wie vor viel in der freien Natur zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist, aber nicht mehr schnellen Zeiten hinterherläuft wie früher. „Ich brauche die Bewegung. Auch, um dadurch den Kopf frei zu bekommen.“