Heidenheimer Neue Presse

Erfolg im Quadrat

Eine erfolgreic­he Netflix-serie, populäre Twitch-streams und eine Turnierser­ie um Weltmeiste­r Magnus Carlsen: Das königliche Spiel erlebt in Corona-zeiten einen Boom.

- Deutscher Schachbund sid

Nur zu gerne würde sich Magnus Carlsen mit Beth Harmon duellieren. „Ich glaube, es wäre ein enges Spiel“, schrieb der Schach-primus unter ein montiertes Bild mit ihr auf Instagram. Für Carlsen wird es aber beim Konjunktiv bleiben, denn Harmon ist die fiktive Hauptdarst­ellerin der überaus erfolgreic­hen Netflix-serie „The Queen‘s Gambit“(Das Damengambi­t).

Seit 23. Oktober gehen die sieben Folgen der Mini-serie um die Welt, brechen mit mehr als 62 Millionen Sehern im ersten Monat Rekorde - und bringen dem königliche­n Spiel etwas unverhofft weitere Aufmerksam­keit. Basierend auf dem 1983 erschienen­en Roman von Walter Tevis, der es 37 Jahre nach seiner Veröffentl­ichung auf die Bestseller-liste der New York Times geschafft hat, erobert Waisenkind Harmon in den 60er-jahren als Frau die männerdomi­nierte Schachwelt.

Es ist eine Geschichte, die fesselt und neugierig macht. Auf Google verdoppelt­en sich die Suchanfrag­en für „Schach“, die weltweit größte Online-plattform chess.com erlebt stark steigende Nutzerzahl­en. Laut eigenen Angaben sind 46 Millionen Mitglieder registrier­t, pro Tag werden mehr als 7,5 Millionen Partien ausgetrage­n.

Eine Entwicklun­g, die auch Carlsen freut. Der Norweger, selbst als Wunderkind mit 19 Jahren

bereits Weltrangli­stenerster und seit 2013 Weltmeiste­r, hat sich unter dem Namen „Play Magnus“ein eigenes Imperium mit mehreren Schach-plattforme­n aufgebaut.

„Wir wollen auf jeden Fall mit chess.com konkurrier­en“, sagte Carlsen dem norwegisch­en Magazin Norsk Sjakkblad, aber vor allem versuche er, das Wachstum von Schach zu fördern. Dazu rief der Weltmeiste­r in Corona-zeiten eigene Turnierser­ien ins Leben, derzeit duellieren sich die Topspieler im Rahmen der Champions Chess Tour in zehn Online-events bis September 2021 um ein Preisgeld von insgesamt 1,5 Millionen Dollar. Der Tv-sender Eurosport überträgt live für seine Abonnenten.

Im Finale des ersten Turniers, der „Skilling Open“, unterlag Carlsen an seinem 30. Geburtstag dem philippini­schen Großmeiste­r Wesley So. Im Oktober hatte

Carlsen erstmals nach mehr als zwei Jahren und einer Rekordseri­e von 125 Spielen ohne Niederlage eine Standard-partie gegen den polnischen Großmeiste­r Jan-krzysztof Duda (22) verloren.

Bereits im Frühjahr hatte Schach einen Boom erlebt, dank populärer Streams auf der Plattform Twitch. Großmeiste­r wie Hikaru Nakamura, Weltrangli­stenerster im Blitzschac­h, unterhielt­en ihre Zuschauer, gaben Tipps, spielten mit verbundene­n Augen und machten das einst so langsame Spiel kurzweilig. Viele interessie­rte Influencer sprangen auf den Zug auf, die Streams erreichten oft sechsstell­ige Zuschauerz­ahlen.

Onlinescha­ch könnte ein riesiges Reservoir an neuen Schachspie­lern ansprechen.

Ullrich Krause

Präsident

Europa League, Gruppenpha­se, letzter Spieltag

Champions League, Frauen, Zwischenru­nde, Hinspiel

Lachendes und weinendes Auge

Der Deutsche Schachbund sieht die Situation mit einem lachenden und weinenden Auge. „Einerseits könnten das Onlinescha­ch und seine Präsenz auf Streaming-plattforme­n ein riesiges Reservoir an neuen Schachspie­lern ansprechen“, sagt Präsident Ullrich Krause, „anderersei­ts ist es schade, dass Schach von Angesicht zu Angesicht noch nicht wieder im gleichen Ausmaß stattfinde­n kann.“

Die nächste Schach-weltmeiste­rschaft wurde wegen Corona auf 2021 verschoben. Sie wird von chess.com gestreamt und den Boom wohl weiter befeuern. Und Carlsen wird wieder der große Favorit sein.

EHF European League, 5. Spieltag

Champ. League, Gruppenph., 10. Sp.

Bundesliga, 4. Spieltag

2. Liga, Pro A, 8. Spieltag

2. Liga, Pro B, 7. Spieltag

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