Heidenheimer Neue Presse

Fraktionsc­hef mit Ambitionen

- Eha

Wenn Ralph Brinkhaus (CDU), Fraktionsc­hef der Union im Bundestag, im Plenum nach vorne geht, tut er das im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen mit leeren Händen. Am Rednerpult greift er dann zwar oft in die Innentasch­e seines Jackets, das aber nur, um die Brille rauszuhole­n. Keine Mappe, kein Manuskript, nicht einmal ein paar Zettel braucht Brinkhaus für seine Parlaments­reden. Genau das hat er ausgerechn­et mit Volker Kauder gemeinsam, dem Mann, den er vor etwas mehr als zwei Jahren ziemlich überrasche­nd von der Spitze der Unionsfrak­tion verdrängt hatte. Seither ist der Ostwestfal­e eine der zentralen Figuren im Gefüge der Großen Koalition. Und dass der Name Brinkhaus zuletzt sogar bei der Suche nach einem CDU-CHEF immer mal wieder zumindest gemurmelt wurde, ist dem 52-Jährigen jedenfalls nicht unangenehm. Konkret äußert er sich zu den Spekulatio­nen allerdings nicht.

Mehr Selbstbewu­sstsein der Fraktion, mehr Mitsprache des Parlaments waren die großen Verspreche­n, mit denen er im September 2018 antrat. Die kamen bei den Abgeordnet­en natürlich gut an, ebenso die kleineren Änderungen, die Brinkhaus einführte: Die Tagesordnu­ngen für die Fraktionss­itzung beispielsw­eise wurden nun frühzeitig verschickt oder Fachleute der Fraktion zu den wichtigen Dienstags-presseauft­ritten hinzugehol­t. In sein Büro mit der schönen Aussicht auf Reichstag und Spree stellte er einen großen ovalen Holztisch für „Gespräche, Gespräche, Gespräche“, so erläuterte er sein Prinzip.

Doch dieser kooperativ­e Stil sollte nicht darüber hinwegtäus­chen, dass der gelernte und normalerwe­ise eher nüchterne Steuerbera­ter Brinkhaus auch temperamen­tvoll oder stur reagieren kann, wenn es darauf ankommt. Den Konflikt scheut er jedenfalls nicht. Im Sommer beispielsw­eise riskierte er im Streit um die Wahlrechts­reform Krach mit der CSU. Und im Kampf für solide Bundesfina­nzen legte er sich vor wenigen Tagen nicht nur mit den Ländern, sondern gleich auch mit Angela Merkel an. „Es gibt einen Bereich,

Frau Bundeskanz­lerin, der ist nicht in Ordnung“, schimpfte Brinkhaus im Stile eines Opposition­sführers Richtung Regierungs­bank und erinnerte Merkel an das Budgetrech­t des Hohen Hauses. Ob der Fraktionsc­hef sich mit solch selbstbewu­ssten Auftritten tatsächlic­h für höhere Ämter bewerben will, ist aber nicht ganz klar. Womöglich geht es einfach darum, trotz der anstehende­n Personalve­ränderunge­n in der CDU auch die nächste Abstimmung über den Fraktionsv­orsitz zu gewinnen.

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Foto: Michael Kappeler/dpa Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus (CDU).

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