Stark steigende Schulden
Haushalt Im Jahr 2024 wird die Kommune mit 25 Millionen in der Kreide stehen – auch ohne Schulsanierung. Wie der Kämmerer und die Stadträte die Situation bewerten. Von Günter Trittner
In vier Jahren könnte jeder Herbrechtinger mit 2000 Euro bei der Stadt verschuldet sein. Im Gemeinderat wurde nach den Gründen gesucht.
Schulden ist im Gemeinderat ein oft gehörtes Wort. Meist verbunden mit einer deutlichen Geste der Abwehr. Schulden war auch bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats ein oft gehörtes Wort. Dass die Stadt im Jahr 2024 mit 25 Millionen Euro in der Kreide stehen wird, hatte aufmerken lassen.
„Wie kann das sein?“, hakte Stadtrat Hermann Mader (Freie Wähler) ein. Zwischen 2004 und 2014 habe der Schuldenstand stabil bei vier und fünf Millionen Euro gelegen. „Das sind nun 600 Prozent mehr.“Sensibilität, so Mader, sei im Umgang mit dem Geld gefordert, zumal die Stadt vor der Kulisse stark steigender Verschuldung im kommenden Jahr dank zusätzlicher Ausgleichszahlungen des Bundes eine Rekordeinnahme an Gewerbesteuern in Höhe von neun Millionen Euro erwarte.
Rasches Anwachsen
Die von Kämmerer und Beigeordnetem Thomas Diem vorgestellte Grafik zum Schuldenstand zeigte aber nicht nur die Niedrigphase im vergangenen Jahrzehnt, sondern auch das rasche Anwachsen des Kreditbedarfs seit 2017. Bis 2021 bildete sich ein stabiles Plateau auf der Höhe von 16 Millionen Euro.
„Zwölf Millionen Schulden gehen allein auf das Konto der neuen Bibrishalle“, erläuterte Diem diesen Anstieg. Aber auch zu den für 2023 und 2024 erwarteten Sprüngen des Schuldenstands auf 21,5 und 25,6 Millionen Euro wusste Diem Auskunft zu geben. Die zentrale Aussage lautet: „Die Stadt bleibt bei ihrem jährlichen Investitionsvolumen von 8,5 Millionen
Euro.“So werden drei Millionen Euro in den Grunderwerb fließen. Noch teurer wird die Instandsetzung der Tiefgarage und zudem stehen Sanierungen nicht nur bei Kindergärten an. Zwischen sechs und 9,2 Millionen Euro wird die Stadt 2021 und 2024 für Baumaßnahmen aufwenden.
Aus den laufenden Einnahmen wird das nicht zu bezahlen sein und auch nicht aus der Rücklage. Denn zum Jahresende 2021 wird die Stadt nur noch einen Finanzmittelbestand von 2,6 Millionen Euro haben. Ab 2025, so Diem, werde der Schuldenstand aber wieder sinken.
Noch nicht auf der Rechnung hat die Stadt die Sanierung der Schulen im Bibris. Derzeit ist in der Haushaltsplanung nur eine Million Euro pro Jahr veranschlagt. Die letzte, öffentlich gemachte Kostenschätzung für zwei neu gebaute Gebäude und ein kernsaniertes Buigen-gymnasium zeigte indes einen Geldbedarf von über 60 Millionen Euro.
Mehr Klarheit über die Art der Sanierung und den finanziellen Aufwand soll die coronabedingt auf das Frühjahr 2021 verlegte Klausurtagung des Gemeinderats bringen. Da, so Diem, müsse bei den Schulen geklärt werden, „was sinnvoll ist und was nicht“.
Stadtrat Matthias Sturm (Freie Wähler) zeigte sich bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats als Mutmacher. Man solle sich nicht von den Schulden den Blick aufs
Ganze nehmen lassen. Kleinreden helfe niemandem. „Wir stehen in Herbrechtingen gut da. Wir sind in einer oberen Liga.“
Bürger mehr einbeziehen
Auch Mader hatte noch einen anderen Fokus als die Schuldenhöhe. Er riet dazu, grundsätzlich bei der Stadteinwicklung die Bürgerschaft mehr einzubeziehen. „Wir müssen in der Konkurrenz der Kommunen weiter vorn bleiben“. Eine Bürgerbeteiligung wie derzeit in Steinheim sei auch für Herbrechtingen ein guter Ansatz.
Auch Thilo Eckermann, Stadtrat der SPD, stärkte der Verwaltung den Rücken und riet, dem Kurs des Investierens weiter zu folgen. „Wir schaffen damit auch
Werte.“Eckermann sagte weiter: „Es gibt auch Kosten, die aus dem Nichthandeln kommen.“
Anders Andreas Hof. Dem Stadtrat der Freien Wähler machen die Schulden „etwas Bauchweh“. Die Schulsanierung, so wie sie jetzt vorgesehen sei, sei von einer Stadt wie Herbrechtingen nicht finanzierbar. „Wir sind da allein als Kommune überfordert.“Nicht anders Dieter Mathes (CDU): So gehe es nicht mit der Schuldenmacherei. „Ich sehe keine Millionen für die Schulen.“
Mit welchen Zahlen wirklich in den nächsten Jahren gerechnet werden kann, hängt freilich in hohem Maß vom Verlauf der Corona-pandemie ab, von deren Auswirkung auf die Wirtschaft und speziell auf die Unternehmen am Ort sowie von eventuellen Hilfspaketen von Bund und Land. Kämmerer Diem nannte in finanzieller Hinsicht die Zukunft eine „große Unbekannte“. Am kommenden Donnerstag, 17. Dezember, steht im Gemeinderat die Verabschiedung des Haushalts 2021 an.