Das Karotten-prinzip
Für die einen ist es das Paradoxon der Strebsamen, für die anderen die beste Möglichkeit, Motivation zu erzeugen: das Karotten-prinzip. Man hält dem Pferd vom Kutscherbock aus eine Möhre vor die Nase, damit es schneller läuft.
Die Möhre der EU hat statt 40 jetzt 55 Prozent. Um ganze 15 Prozentpunkte verschärft die EU also ihr Klimaziel: die Senkung des Kohlendioxid-ausstoßes bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990. Grundlage ist die Erkenntnis, dass die Mitgliedstaaten das ursprünglich vereinbarte Ziel locker übertreffen werden. Dieses ist aber nach Meinung aus Brüssel nicht genug, um die internationalen Klimaziele zu erreichen. Um beim Sinnbild zu bleiben: Man hat gemerkt, dass das Pferd von allein läuft, aber nicht schnell genug. Zeit für die Karotte.
Und hier kommt Ursula von der Leyen ins Spiel. Die Eu-kommissionspräsidentin
hatte bei ihrem Amtsantritt vollmundige Klimaziele vorgegeben, einen „European Green Deal“versprochen, also massive Investitionen in klimafreundliche Technologien. Durch die unverhofften milliardenschweren Corona-ausgaben drohte dieses Anliegen zumindest teilweise unter die Räder zu geraten.
Dabei ist es gerade jetzt sinnvoll, dieses Geld gezielt in Zukunftstechnologien zu stecken. Damit hilft die EU nicht nur dem Klima, sondern auch der europäischen Wirtschaft, die in diesen Technologien von Anbietern wie China abgehängt zu werden droht. Die Einigung der Mitgliedstaaten reicht den Umweltverbänden zwar nicht. Aber wenn sie dabei hilft, aus der Krise zukunftsfähiger herauszukommen als man hineingegangen ist, dann ist die Karotte gerechtfertigt. Auch wenn man sie möglicherweise nie ganz erreicht.