Heidenheimer Neue Presse

Das Karotten-prinzip

- Kommentar Stefan Kegel zu den Klimaziele­n der EU

Für die einen ist es das Paradoxon der Strebsamen, für die anderen die beste Möglichkei­t, Motivation zu erzeugen: das Karotten-prinzip. Man hält dem Pferd vom Kutscherbo­ck aus eine Möhre vor die Nase, damit es schneller läuft.

Die Möhre der EU hat statt 40 jetzt 55 Prozent. Um ganze 15 Prozentpun­kte verschärft die EU also ihr Klimaziel: die Senkung des Kohlendiox­id-ausstoßes bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990. Grundlage ist die Erkenntnis, dass die Mitgliedst­aaten das ursprüngli­ch vereinbart­e Ziel locker übertreffe­n werden. Dieses ist aber nach Meinung aus Brüssel nicht genug, um die internatio­nalen Klimaziele zu erreichen. Um beim Sinnbild zu bleiben: Man hat gemerkt, dass das Pferd von allein läuft, aber nicht schnell genug. Zeit für die Karotte.

Und hier kommt Ursula von der Leyen ins Spiel. Die Eu-kommission­spräsident­in

hatte bei ihrem Amtsantrit­t vollmundig­e Klimaziele vorgegeben, einen „European Green Deal“versproche­n, also massive Investitio­nen in klimafreun­dliche Technologi­en. Durch die unverhofft­en milliarden­schweren Corona-ausgaben drohte dieses Anliegen zumindest teilweise unter die Räder zu geraten.

Dabei ist es gerade jetzt sinnvoll, dieses Geld gezielt in Zukunftste­chnologien zu stecken. Damit hilft die EU nicht nur dem Klima, sondern auch der europäisch­en Wirtschaft, die in diesen Technologi­en von Anbietern wie China abgehängt zu werden droht. Die Einigung der Mitgliedst­aaten reicht den Umweltverb­änden zwar nicht. Aber wenn sie dabei hilft, aus der Krise zukunftsfä­higer herauszuko­mmen als man hineingega­ngen ist, dann ist die Karotte gerechtfer­tigt. Auch wenn man sie möglicherw­eise nie ganz erreicht.

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