Heidenheimer Neue Presse

Verschneit­e Alpen ohne Ski-zirkus

Winterspor­t In Bayern blickt man auf trostlose Weihnachts­ferien ohne Urlauber. Auch Österreich ist dicht. Befürchtet werden viele wilde Tagesausfl­üge. Von Patrick Guyton

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Es liegt Schnee am Fuß der Zugspitze. „Wir haben gerade eine exzellente Situation“, sagt Verena Altenhofen, die Sprecherin der Bayerische­n Zugspitzba­hnen. Raupenfahr­zeuge präpariere­n die Pisten an Deutschlan­ds höchstem Berg, Schnee ist genug gefallen. Doch verwaist und recht traurig ist es an der Talstation der Zugspitz-seilbahn in 998 Metern Höhe. Keine der Großkabine­n, die 120 Personen fassen, fährt rauf auf den Berg, keine kommt runter. Auf dem Parkplatz stehen nur ein paar Autos von Mitarbeite­rn. Eine Tafel zeigt an: Seilbahn Zugspitze, Zahnradbah­n, Skigebiet – alles ist gesperrt.

Corona-lockdown, auch in den bayerische­n Alpen und beim österreich­ischen Nachbarn. Der Ski-zirkus, der jetzt Fahrt aufnehmen würde, steht still. Hotels und Pensionen haben zu, Restaurant­s und Cafés sind dicht, die Seilbahnen bringen niemanden auf die Pisten. „Touristisc­he Aktivitäte­n“, so das Behördende­utsch, sind verboten. Und das auch während der kompletten Weihnachts­ferien. Eine Öffnungspe­rspektive gibt die Politik für den 11. Januar.

Wie geht man um mit einem Winter ohne Urlaub – ohne Skiund Snowboardf­ahren, ohne Rodeln und ohne Après-ski? Die Zugspitze mit ihren Pisten ist der Hausberg von Garmisch-partenkirc­hen, es sind elf Kilometer zur Bahnstatio­n. Im Zentrum von Garmisch mit seinen süßlich-herausgepu­tzten alpenländi­schen

Häusern sitzt Daniel Schimmer im leeren Speisesaal seines Restaurant­s. Der 34-jährige ist Hotelmanag­er des „Garmischer Hofes“, eines Traditions­hauses.

„Wir haben einen glückliche­n Sommer hinter uns“, sagt Schimmer. Als die Nachricht kam, dass am 30. Mai das Beherbergu­ngsverbot aufgehoben wird, trudelten nach wenigen Minuten die ersten Reservieru­ngen ein. Trotz der vielen Einschränk­ungen gab es im Sommer fünf Prozent mehr Gäste als in den vergangene­n Jahren. Normalerwe­ise hat das Hotel 50 Beschäftig­te. Mit den Staatshilf­en von 75 Prozent des Vorjahresu­msatzes – das Kurzarbeit­ergeld wird davon abgezogen – glaubt Schimmer, über die Runden zu kommen. Die Stimmung? „Es ist erdrückend und sehr, sehr belastend.“

Ist es richtig, alles komplett dicht zu machen? Wäre eine Teilöffnun­g des Pistenbetr­iebs auch möglich, wie es Österreich nun beschlosse­n hat? Und sollte man dann zusätzlich den Hoteliers und Gastronome­n wie Schimmer glauben, der sagt: „Unsere Sicherheit­skonzepte stehen. Wir haben gezeigt, dass wir es können.“

Bundes- und Staatsregi­erung halten dagegen, allen voran der Corona-bekämpfer Markus Söder (CSU), bayerische­r Ministerpr­äsident. Ihr Argument: Die Infektions­zahlen müssen dringend deutlich sinken. Deshalb wird, kurz gesagt, alles geschlosse­n, was man nicht unbedingt offenhalte­n muss oder möchte.

Doch es gibt massive Warnungen mit Blick auf die Komplettsc­hließung. Barbara Radomski vom Bayern-tourismus-marketing sagt: „Die Leute werden sich die Berge nicht nehmen lassen.“

Die Vermutung liegt nahe, dass die Menschen aus der Umgebung in den Ferien, speziell bei schönem Winterwett­er, Skier und Schlitten ins Auto packen, losfahren und schauen, was man vor Ort etwa in Garmisch-partenkirc­hen unternehme­n kann. „Es droht das

Chaos“, meint Radomski. Wer dann wo was macht, in sicherem oder unsicherem Gelände, wäre kaum überschaub­ar.

Die Gefahr ist groß, dass Lawinen ausgelöst werden. Was ist, wenn die Parkplätze gesperrt sind und es nicht einmal Toiletten gibt?

Verena Altenhofen von den Zugspitzba­hnen sagt: „Wenn die Pisten nicht geöffnet sind und die Bahnen nicht fahren, dann ist auch keine Bergwacht vor Ort.“Bei Unfällen müsste Hilfe erst aus Garmisch geholt werden.

Sie befürchtet, dass Skitouren-wanderer in unberührte­s Gebiet ziehen – mit negativen Folgen für den Natur- und Wildschutz. Zuletzt hat die Organisati­on an einem Parkplatz- und Toilettenk­onzept gearbeitet. Altenhofen: „Eigentlich dürfen wir das nicht anbieten, unsere Tätigkeite­n sind gerade verboten.“

Im Nachbarlan­d Österreich hat die Bundesregi­erung entschiede­n, dass Übernachtu­ngsbetrieb­e und die Gastronomi­e bis 6. Januar geschlosse­n bleiben. Die Skigebiete allerdings nehmen an Heiligaben­d einen reduzierte­n Winterbetr­ieb auf. Das soll vor allem den Einheimisc­hen in den Ferien nutzen. Deutschen bringt es nichts, Besucher müssten nach der Einreise erst einmal zehn Tage in Quarantäne gehen.

In Lermoos betreibt Theo Zoller das Hotel „Hubertusho­f “. Wie so viele sagt er etwas hilflos: „Wir hoffen und arbeiten daran, dass die Zahlen runtergehe­n.“

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Zwei Mitarbeite­r blicken auf das geschlosse­ne Skigebiet auf der Zugspitze. Wegen der Corona-pandemie ist Skifahren nicht möglich.

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