Heidenheimer Neue Presse

Keine Kompromiss­e?

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Während gerade eine weitere Verschärfu­ng des Shutdowns in Badenwürtt­emberg beschlosse­n wurde, haben viele Einzelhänd­ler und Gastronome­n noch immer mit den Auswirkung­en der ersten Schließung­srunde zu kämpfen. Wochenlang kamen keine Kunden, trotzdem mussten Mieten gezahlt werden. Und daran haben viele Betriebe schwer zu tragen, denn finanziell sind sie oft am Limit.

Dabei hatten die Spitzenver­bände der Immobilien­branche noch im Frühjahr Entgegenko­mmen signalisie­rt. Nach den Schließung­en sollte es für drei Monate Mietreduzi­erungen geben, so lautete zumindest eine Empfehlung des Zentralen Immobilien-ausschusse­s. Doch eine Umfrage des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE) zeigt, dass zwischen dieser Aussage und der Realität Welten liegen. Gerade einmal bei einem Drittel der Einzelhänd­ler konnte danach eine Anpassung des Mietvertra­ges erreicht werden. Bei mehr als der Hälfte der Firmen lehnten die Vermieter Verhandlun­gen ab oder ließen Gespräche ergebnislo­s verlaufen.

Wohl dem Betrieb, der eine Immobilie sein eigen nennen kann. Die Auswirkung­en des aktuell schwierige­n Verhältnis­ses zwischen Eigentümer­n und Mietern waren in Heidenheim beispielsw­eise gerade beim Ecome-hotel zu sehen. Dort hatten die Mieter mehrere Monate lang mit dem Eigentümer des Gebäudes verhandelt, um einen Nachlass zu erhalten. Der Besitzer, in dem Fall die Stadtwerke, war aber anscheinen­d nur zu einer Stundung bereit. Das heißt, die Miete wurde nicht gesenkt, sondern die Fälligkeit auf einen Termin in der Zukunft verschoben. Jeder Tag staatlich verordnete­r Betriebssc­hließung ließ dabei die Mietschuld­en weiter steigen. Bei der Höhe von Gewerbemie­ten kann man sich leicht vorstellen, wie existenzbe­drohend eine solche Entwicklun­g war und warum den Betreibern am Ende nichts übrigblieb, als das Ecome an den Vermieter zurückzuge­ben.

Dahinter verbirgt sich kein Einzelfall. Zusammen mit dem bevorstehe­nden neuen Shutdown dürfte die Situation deutlich

Thomas Zeller an Dramatik zunehmen. Und so verwundert es auch nicht, dass der HDE in den nächsten Monaten die Insolvenz von 50 000 Einzelhänd­lern in Deutschlan­d befürchtet. Die Auswirkung­en auf die Innenstädt­e wären fatal. Leere Schaufenst­er und abgeklebte Scheiben steigern nicht gerade die Attraktivi­tät eines Standorts und führen zu einer Abwärtsspi­rale.

Mittlerwei­le hat Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht angekündig­t zu prüfen, ob Mietminder­ungen auf Basis einiger Paragrafen des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es möglich sind, aber diese Bemühungen kommen viel zu spät. Dabei gibt es Ideen genug. So wurde beispielsw­eise in der Schweiz sehr intensiv darüber diskutiert, während eines Shutdowns die gewerblich­en Mieten um 60 Prozent zu senken. Gleichzeit­ig sollten aber auch Vermieter über einen Härtefallf­onds entschädig­t werden.

Natürlich wäre es besser, wenn sich Eigentümer und Mieter direkt einigen. Allerdings haben nicht erst die vergangene­n Monate gezeigt, dass so etwas leider nur selten funktionie­rt. In der Heidenheim­er Innenstadt hätte einiger Leerstand vermieden werden können, wenn sich Vermieter an der ein oder anderen Stelle kompromiss­bereiter gezeigt hätten. Deshalb muss jetzt der Gesetzgebe­r handeln. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, dass auch das Vermieten von Immobilien ein etablierte­s Geschäftsm­odell ist und daran Existenzen hängen. Der Bau eines Hauses ist mit enormen Kosten und Risiken verbunden, oft müssen bei diesen Projekten große Kredite bedient werden. Ohne staatliche Entschädig­ungen wird es deshalb nicht gehen. Wenn hier allerdings nichts passieren sollte, dann drohen mittelfris­tig verödete Innenstädt­e, und daran dürften doch eigentlich weder die Vermieter noch die Mieter ein Interesse haben.

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über Mieterlass in Corona-zeiten

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