Heidenheimer Neue Presse

Rabattschl­acht vor dem Fest

Einzelhand­el Nachlässe sind in der Zeit vor Weihnachte­n eigentlich selten. Im Corona-jahr ist aber auch das anders.

- Von Thomas Veitinger und Julia Kling

Corona bringt den Einzelhand­el an seine Grenzen – und darüber hinaus. „Es ist eindeutig zu erkennen, dass es derzeit besonders viele Rabatte gibt“, sagt Nils Busch-petersen, der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Berlin-brandenbur­g. „Das Weihnachts­geschäft hat fast nicht stattgefun­den und jetzt droht der Shutdown, da reagieren Textilhänd­ler mit Nachlässen.“

Gleiches beobachtet auch Axel Augustin vom BTE Handelsver­band Textil. „Ich habe schon 50 Prozent Nachlässe Anfang Dezember gesehen. Viele Händler bekommen wohl kalte Füße.“Wenn die Konkurrenz mit den Preisen runtergehe, gerieten Verkäufer unter Druck. Kleidung habe ein Verfallsda­tum. „Das ist nicht wie bei Fernsehern, die sich auch noch in einigen Monaten verkaufen lassen.“

„Rabatte gibt es immer“

Wenn nach dem Lockdown kein kaltes Wetter mehr herrsche, drohe der Einzelhand­el auf der Ware sitzen zu bleiben, sagt Augustin. „Quellen Lager über und müssen Löhne bezahlt werden, reduzieren Händler ihre Preise.“Allerdings kennt Augustin auch Anbieter, die davon Abstand nehmen: „Entweder man blickt auf seine Bestände oder auf sein Bankkonto.“

„Rabatte im Einzelhand­el gibt es immer“, sagt Stefan Hertel vom Handelsver­band Deutschlan­d. Einen Trend zu vermehrten Rabattakti­onen habe der HDE bislang jedoch nicht beobachtet. Vor Weihnachte­n sei das jedoch eigentlich auch die Ausnahme. „Dann wird eigentlich nicht reduziert.“

Vielmehr seien November und Dezember die umsatzstär­ksten Monate über alle Bereiche hinweg, sagt Hertel. Nach Weihnachte­n starteten die Händler normalerwe­ise mit Reduzierun­gen. „Der klassische Winterschl­ussverkauf kommt dann Ende Januar.“

Im Online-handel laufe das Weihnachts­geschäft bereits seit Ende November, sagt Martin Groß-albenhause­n, stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­and E-commerce und Versandhan­del. „Gerade die besonderen Verkaufssc­hwerpunkte in der ,Black Week’ haben dafür gesorgt, dass viele ihre Weihnachts­einkäufe schon im Vorfeld erledigt haben.“Starke Rabattakti­onen seien gerade nicht zu verzeichne­n. Viele Kunden warteten inzwischen auch auf Angebote und kauften dann den gewünschte­n Artikel.

Dennoch sei die Arbeitsbel­astung bei den Online-händlern derzeit enorm. Auf die Beschäftig­ten komme zusätzlich noch hinzu, „einen Teil der Nachfrage aus dem stationäre­n Handel aufzufange­n“.

Der Präsident des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE), Josef Sanktjohan­ser, warnte vor Überlegung­en, den Nicht-lebensmitt­elhandel schon am 21. Dezember zu schließen. „Eine solche politische Entscheidu­ng hätte nicht nur fatale wirtschaft­liche Folgen für unsere Branche, sondern würde auch einen Kundenanst­urm bis hin zu Panikkäufe­n auslösen.“Das sei mit Blick auf die in der Pandemie gebotene Entzerrung der Kundenströ­me völlig kontraprod­uktiv.

Der bayerische Handel warnt für den Fall schneller und strenger Maßnahmen gar vor einem Geschenke-mangel. „Es ist kurz vor Weihnachte­n. Viele haben noch nicht die Weihnachts­wunschlist­e ihrer Liebsten abgearbeit­et.“

Sanktjohan­ser betonte, der Handel sei kein Infektions­hotspot. Dies bewiesen schon die unterdurch­schnittlic­hen Infektions­zahlen der Mitarbeite­r. Die Schließung eines großen Teils des Einzelhand­els sei nicht verhältnis­mäßig, zumal jeder Schließung­stag alleine im Nicht-lebensmitt­elhandel Umsatzausf­älle von 800 Millionen Euro verursache­n werde.

Busch-petersen sieht mehr und mehr Geschäfte in Gefahr. Corona sei schon jetzt dabei, die „DNA der Innenstädt­e für immer zu verändern“.

Sanktjohan­ser forderte, Einzelhänd­ler zu 70 beziehungs­weise 75 Prozent zu entschädig­en. „Es wäre nicht nachvollzi­ehbar, wenn dem Handel im Vergleich zu anderen Branchen ein Sonderopfe­r abverlangt wird.“

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In diesem Jahr befürchten viele Händler, auf ihren Waren sitzen zu bleiben und räumen teilweise großzügige Nachlässe ein.

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