Der Streit um das Schloss
Heute hätte man keine Chance mehr, so etwas wie ein Schloss nochmal zu bauen.“Das sagt der Hörfunkautor Lorenz Rollhäuser, der sich auch mit dem Berliner Schloss auseinandergesetzt hat. Er meint, die Gesellschaft wäre heute weiter und würde sich etwas anderes wünschen als den Barock-komplex mitten in Berlin. Tatsächlich aber war die Wiedererrichtung, beziehungsweise der Nachbau des Gebäudes von Anfang an umstritten.
1993 stellt der Förderverein „Berliner Schloss“eine riesige Attrappe auf. Im Oktober 1997 beginnt die jahrelange Asbestbeseitigung beim Palast der Republik, und am 20. Dezember 2001 schlägt eine Expertenkommission den Nachbau des Stadtschlosses mit barocken Fassaden vor. Der Palast soll abgerissen werden und im Schloss das „Humboldt-forum“entstehen. Mit Museum und Veranstaltungsräumen. Viel mehr ist nicht klar. In den Jahren 2006 bis 2008 erfolgt trotz jahrelanger Proteste der Abbruch des Palastes. Dessen ausgehöltes Skelett war vorher zum Ort für Kunst und Theater geworden. Legendär wird die Installation an der Fassade, die aus einem einzigen Wort bestand. „Zweifel.“Die haben viele auch angesichts der schmucklosen, modernen Ostfassade des Schlosses. Die Bundesregierung verschiebt am 7. Juni 2010 den Baubeginn von 2011 auf 2014. Es geht aber doch schon 2013 los.
Und die Frage wird diskutiert: Was soll das Humboldt Forum beherbergen? Ein Berlin-museum kommt ins Schloss, die Humboldt-uni darf sich präsentieren, eine „Geschichte des Ortes“wird es geben – aber vor allem kommen die außereuropäischen Sammlungen aus Dahlem in den Betonbau mit der spendenfinanzierten Barockfassade.
Als von Frankreich ausgehend auch in Deutschland eine Debatte über geraubte oder erschlichene Kulturgüter aus den Kolonien tobt, werden große Südseeboote in den Rohbau gehoben – und regelrecht einbetoniert. Sie herauszuholen, würde schwierig werden. Und der Protest ebbt nicht ab. So fragt die Kampagne „No Humboldt 21!“, welche Symbolik erzeugt werde, „wenn diese Sammlungen, die zu einem nicht unwesentlichen Teil während der (deutschen) Kolonialzeit geraubt wurden, hinter einer preußischen Fassade gezeigt werden“.
Diskutiert wird auch das Freiheitsund Einheitsdenkmal – die Wippe – vor dem Schloss. Es wird nach 22 Jahren Planung tatsächlich gebaut. Das Schloss wiederum trägt jetzt ein Goldkreuz sowie eine Inschrift mit der Aufforderung, davor niederzuknien. Sie stammt von Wilhelm IV. aus dem Jahr 1849.
Der Protest gegen geraubte Kunst aus der Kolonialzeit ebbt nicht ab.