Heidenheimer Neue Presse

Neuinfekti­onen auf Rekordnive­au

USA Nach dem Thanksgivi­ng Day steigt die Zahl der Covid-patienten rasant. Parallel dazu nimmt im Land die Armut zu.

- Peter Dethier

Washington. Nach der Notfallgen­ehmigung der Us-arnzeimitt­elbehörde FDA für den von dem Mainzer Unternehme­n Biontech und dem Us-pharmakonz­ern Pfizer entwickelt­en Corona-impfstoffs hoffen die USA, im Kampf gegen die Pandemie nun auf die Zielgerade eingebogen zu sein. Zudem hat die FDA einen Impfstoff des Pharmakonz­erns Moderna freigegebe­n. Bis zum Wochenende sollten in mehr als 1000 Krankenhäu­sern und Kliniken fast 3 Millionen Dosen verteilt werden. Gleichwohl warnen Experten, dass die Infektions­zahlen ebenso wie die Todesopfer in den kommenden Monaten weiter steigen werden.

Wenige Wochen nach dem Erntedankf­est, an dem sich Millionen Amerikaner auf engstem Raum im Familienkr­eis und mit Freunden versammelt hatten, ist der befürchtet­e „Thanksgivi­ng Spike“eingetrete­n. Die Weihnachts­tage, an denen deutlich mehr Menschen Flugzeuge besteigen oder Bahnfahrte­n antreten werden, könnten sogar noch schlimmer werden, falls die vorgeschla­genen Reisebesch­ränkungen nicht eingehalte­n werden, warnen die Centers for Disease Control (CDC).

Jeden Tag 3000 Tote

Dabei werfen die Festtage ihre Schatten bereits voraus. Am Donnerstag meldete die angesehene Johns-hopkins-universitä­t, dass innerhalb von 24 Stunden mehr als 3600 Menschen an dem Virus starben, die höchste Zahl, die an einem Tag gemessen wurde. Seit dem Ausbruch der Pandemie starben etwa 310 000 Amerikaner an dem Virus, das nun mehr Todesopfer gefordert hat als sämtliche Kampfeinsä­tze während des Zweiten Weltkriegs.

Der Immunologe Anthony Fauci, den der designiert­e Präsident Joe Biden bereits in sein Beratertea­m aufgenomme­n hat, warnt vor einem „langen und dunklen Winter“, bei dem die täglichen Todesfälle die Zahl der Opfer der Terroransc­hläge des 11. September 2001 regelmäßig übersteige­n könnten.

Fauci und andere hatten gewarnt, dass Versammlun­gen in kleinen Gruppen, die nicht unter freiem Himmel stattfinde­n, insbesonde­re während der Festtage massenweis­e Ansteckung­en nach sich ziehen könnten.

Charlie Baker, der republikan­ische Gouverneur von Massachuse­tts, stellt fest, dass „etwa fünf bis sieben Tage nach Thanksgivi­ng, also der typischen Inkubation­szeit, unsere Neuerkrank­ungen abhoben wie eine Rakete“und der Trend andauert. Andere Staaten berichten von ähnlichen Entwicklun­gen. Am härtesten hat die dritte Welle von Infektione­n jene Us-staaten getroffen, die später als andere eine Maskenpfli­cht einführten oder Lockdowns anordneten. So verzeichne­te Texas als erster Us-staat mehr als eine Million Fälle von Corona-kranken.

Dort leiden nicht nur das Gastund Freizeitge­werbe unter neuen Beschränku­ngen. Auch die Armut in der Bevölkerun­g hat deutlich zugenommen. Bei den Tafeln stehen Menschen in kilometerl­angen Autoschlan­gen stundenlan­g an, um ihre Familien ernähren zu können. „Wir haben an einem Tag 300 000 Kilo Lebensmitt­el an 25 000 Menschen verteilt“sagt Anna Kurian von der North Texas Food Bank. „Diese Zahlen werden weiter steigen“, und bald werden uns die Vorräte ausgehen sowie das Personal fehlen, das zur Verteilung notwendig ist.“

Auch Personen, die nicht erkrankt sind, droht in den kommenden Wochen Unheil. Republikan­er und Demokraten im Kongress waren nämlich monatelang außerstand­e, sich auf ein neues Hilfspaket für die Wirtschaft zu einigen und hofften noch am Freitagabe­nd auf einen Kompromiss in letzter Minute. Doch auch mit einem neuen Konjunktur­paket sind die Probleme nicht gelöst. So könnten zum Jahresende Millionen Amerikaner erstmals obdachlos sein. Wie der Mieterverb­and National Low Income Housing Coalition vorrechnet, läuft an Silvester ein Moratorium für Zwangsräum­ungen von Mietwohnen aus: „Bis zu 19 Millionen Mieter könnten dann kein Dach mehr über dem Kopf haben.“

Wenig zur Pandemie hat der scheidende Präsident zu sagen. Zwar drehte Donald Trump nach der Verabreich­ung der ersten Impfungen die erwartete Ehrenrunde. Zu den steigenden Erkrankung­en und Todesopfer­n verlor er aber kein Wort.

 ?? Foto: Spencer Platt/getty Images/afp ?? In der Pandemie sind immer mehr Amerikaner auf Nahrungsmi­ttelhilfe angewiesen.
Foto: Spencer Platt/getty Images/afp In der Pandemie sind immer mehr Amerikaner auf Nahrungsmi­ttelhilfe angewiesen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany