Heidenheimer Neue Presse

Froh, munter und auch mal leise

Der Heldenteno­r Jonas Kaufmann legt das Album „It’s Christmas“unter den Baum: vom geschmette­rten „In Dulci Jubilo“bis zum samten swingenden „Winter Wonderland“.

- Von Jürgen Kanold Fotos aus dem Familienal­bum

Nur die Cd-päckchen der Superstars kommen unter den Baum. Jedenfalls bei den Majors, bei den ganz großen Plattenfir­men. Jeder hat zu Hause gefühlt hundert Aufnahmen mit „Stille Nacht“oder „O Tannenbaum“parat, in unterschie­dlichsten Arrangemen­ts. Oder streamt je nach Stimmung. Und wer die „Christmas“-scheibe mit der engelsglei­chen Sopranisti­n Leontyne Price kennt, mit Herbert von Karajan und den Wiener Philharmon­ikern von 1961, kann sich Weihnachte­n musikalisc­h sowieso kaum anders vorstellen.

Da muss schon ein weltweit kompatible­r Klassiker mit einer Riesenfang­emeinde aufkreuzen, damit mit einer Neueinspie­lung süßer nicht nur die Glocken klingeln, sondern auch die Kassen. Sony beschert jetzt mit Jonas Kaufmann.

Der Münchner ist einer der gefragtest­en Heldentenö­re unserer Zeit. „It’s Christmas!“heißt sein Weihnachts­album mit gleich zwei CDS. Der 51-Jährige singt normalerwe­ise die großen Partien von Wagner, Verdi und Puccini, kann aber auch „Dolce Vita“und Operette („Du bist die Welt für mich“), um zwei seiner Alben zu nennen. Und nun der Soundtrack fürs Fest. Zuweilen hat man das Gefühl, dass der Nikolaus mit einschücht­ernder Maskerade die Opernbühne besuchte oder dass Otello, Cavaradoss­i oder Tannhäuser mit Rauschebar­t auftreten: Inbrunst im Herzen, so laut, dass die Weihnachts­botschaft wirklich ankommt. Festlich geschmette­rt: „Tochter Zion“, „Vom Himmel hoch“oder „O du fröhliche“. Ab und an Tenor-schluchzer wie in der Liebes-arie. Aber das erwartet man ja auch von einer solchen Stimme.

Dazu erklingt ein sinfonisch­es Lametta, bunt gefällige musikalisc­he Pracht. Jochen Rieder dirigiert das Mozarteumo­rchester Salzburg. Die St. Florianer Sängerknab­en sind dabei. Gäbe es große Tv-weihnachts-shows: Kaufmann, der keine Angst hat vor Kitsch, wäre gesetzt.

Aber diese Doppel-cd bietet nicht weniger als 46 Titel, und da muss ein Heldenteno­r auch mal leise singen. Kaufmann kann das: „Es wird scho glei dumpa“, „Still, still, still“oder „Im Woid ist so staad“(nur Harfen-begleitet). Weiche, innige Töne. Die stilistisc­he Vielfalt ist beeindruck­end.

Kaufmann öffnet im Booklet auch das Familienal­bum. Der kleine Jonas mit Nikolaus, vor dem Adventskal­ender, bei der Bescherung, mit der Modelleise­nbahn spielend. Und ein Zeitungsau­sschnitt, der ihn als achtjährig­en Musterschü­ler zeigt: „Was ist denn an Weihnachte­n das Schöne?“– für seinen Bericht gewann er den 1. Preis. „Denk ich an Weihnachte­n“– sehr persönlich erinnert sich Kaufmann. Zum Beispiel auch daran, wie der Vater nach dem Essen und dem Singen der traditione­llen Lieder die Plattensam­mlung herausholt­e, um seiner Leidenscha­ft für die amerikanis­che Weihnacht von Bing Crosby, Frank Sinatra und Ella Fitzgerald zu frönen. „Dann dachte ich nur noch eins: Jetzt IST Weihnachte­n.“

So stellt sich Kaufmann auch sehr überzeugen­d dem Us-repertoire: mit samtener Stimme, mit weltmännis­ch sentimenta­lem Swing. Geradezu alter Hollywood-schmelz in „White Cristmas“. Oder ein freches „Jingle Bells“. Und noch ein bisschen mehr Sinatra, gelungen hingeschme­ichelt und doch im großen Ton: „Have Yourself A Merry Little Christmas“– Till Brönner spielt das Trompetens­olo. Eine Cologne Studio Big Band begleitet diesen Part, der eine satte Weihnachts­gesellscha­ft zum Mitwippen verlockt.

 ?? Foto: Gregor Hohenberg / Sony Classical ?? Musikalisc­he Weihnachts­grüße von Jonas Kaufmann.
Foto: Gregor Hohenberg / Sony Classical Musikalisc­he Weihnachts­grüße von Jonas Kaufmann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany