Literaturarchiv erwirbt Bestände des Reclam-verlags
Dokumente von den Anfängen in den 1820er Jahren bis zu den 2000er Jahren liegen jetzt in Marbach.
Ein Coup in Gelb für Marbach: Das Deutsche Literaturarchiv (DLA) hat die Verlagsarchive von Philipp Reclam jun. aus den Standorten Leipzig und Ditzingen erworben. Reclams Universal-bibliothek habe früh einen entscheidenden Beitrag zur „Demokratisierung“von Weltliteratur geleistet und sei aus keiner Büchersammlung wegzudenken, sagte Dla-direktorin Sandra Richter am Freitag in Marbach.
Den Kauf des Archivs des wohl bekanntesten deutschen Verlags mit den günstigen gelben Klassikern wurde von der Stiftung Kulturgut Baden-württemberg, der Kulturstiftung der Länder und aus dem Etat der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Monika Grütters (CDU), unterstützt. Insgesamt umfasst der Erwerb – neben Briefen
des Verlagsgründers Anton Philipp Reclam und Dokumenten aus den Anfängen des Verlages in den 1820er Jahren bis hin zu Dokumenten aus den 2000er Jahren – auch Verträge sowie Korrespondenzen
mit Autoren. Dieses Material von Literaten wie Ilse Aichinger, Bertolt Brecht, Otto Dix, Lion Feuchtwanger, Hermann Hesse, Gerhart Hauptmann, Ernst Jandl, Thomas Mann, Anna Seghers, Christa Wolf und Stefan Zweig sowie Politikern wie Otto von Bismarck und Erich Honecker bildet den Schwerpunkt. Erste Nummer: Goethes Faust
Darüber hinaus wurden laut DLA Widmungsexemplare, Original-zeichnungen, das Bildarchiv und die gesamte Produktion von Reclams Universal-bibliothek aus den Jahren 1867 bis 1963 mit einem Bestand von etwa 55000 Bänden übernommen.
Besonders wertvoll seien ein Stammbuch der Sopranistin Marie Reclam mit Einträgen von Komponisten wie Robert Schumann
und Felix Mendelssohn Bartholdy, und ein Exemplar der ersten Nummer von Reclams Universal-bibliothek, Goethes Faust I (1867).
Das DLA wurde 1955 in der Geburtsstadt Friedrich Schillers gegründet und sammelt Manu- und Typoskripte, persönliche Gegenstände und Digitalliteratur von deutschsprachigen Autoren. Zu der weltweit einzigartigen Einrichtung gehören das Archiv mit Beständen von 1750 bis zur Gegenwart, das Schiller-nationalmuseum, das Literaturmuseum der Moderne (Limo) sowie das Collegienhaus. Träger ist die Deutsche Schillergesellschaft. 2009 hatte das DLA das Siegfried Unseld Archiv (SUA) erworben, das unter anderem die Archive der Verlage Suhrkamp und Insel umfasst.