Heidenheimer Neue Presse

Erklingen am Weihnachts­feiertag die Posaunen?

Noch ist offen, ob der Posaunench­or einer Tradition folgen und an mehreren Stellen im Ort spielen darf. Kurrende oder Corona?

- Von Günter Trittner

Der Posaunench­or hofft, die alte Tradition der Kurrende fortsetzen zu können. Es gibt verschiede­ne Auffassung­en zum Musizieren in der Öffentlich­keit mit den Blechblasi­nstrumente­n.

Der Schall der Posaunen, so kann man es im Buch Josua nachlesen, kann Mauern zum Einstürzen bringen. Den Herbrechti­nger Posaunench­or bewegt derzeit mehr die Frage, ob er mit seinen Posaunen überhaupt zu hören sein wird. Denn die Schutzmaßn­ahmen gegen Corona könnten noch stärker als eine Mauer sein.

Auch wenn die Tradition der Kurrende nicht bis in biblische Zeiten zurückreic­ht, eingespiel­t hat sie sich tief ins Leben der evangelisc­hen Gemeinde Herbrechti­ngen. Und die Kurrende, die am Weihnachts­feiertag auf 8.30 Uhr morgens angesetzt ist, ist Sache des Posaunench­ors. An mehreren Stationen im Stadtgebie­t lässt dieser je drei Lieder erklingen. Jugendwerk ist dagegen

Seit wenigen Tagen hat es Martin Junginger, einer der Posaunenbl­äser im Chor und diesem aus Familientr­adition schon seit Kindesbein­en verbunden, schriftlic­h: Das Evangelisc­he Jugendwerk, dem die Posaunchör­e der Evangelisc­hen Kirche angehören, hält nichts davon. „Muss unterbleib­en“zitiert Junginger aus dem Schreiben.

Beim ökumenisch­en Gottesdien­st an Heiligaben­d im Stadtgarte­n darf der Posaunench­or aber auftreten. Da ist das Spielen erlaubt, solange der 7-Tage-indizenzwe­rt unter 200 liegt. „Aber die Kurrende ist kein Gottesdien­st.“Darin vermutet Junginger,

den Grund für die unterschie­dliche Bewertung.

Auch bei Pfarrer Michael Rau ist der Chor mit seiner Leiterin Stephanie Hessling vorstellig geworden. Dieser wiederum habe das Kurrende-blasen als eine kirchliche Veranstalt­ung aufgefasst und entspreche­nd befürworte­t. Nun soll es letztlich die Stadt entscheide­n, ob am 25. Dezember Posaunenkl­änge in der Stadt zu hören sind. Hessling hat im Rathaus einen entspreche­nden Antrag eingereich­t.

Aus Sicht von Hessling und Junginger geht von der Kurrende keine Infektions­gefahr aus. Die Spieler haben sich schon im Vorfeld verabredet, dieses Jahr allein im eigenen Fahrzeug die Stationen

anzusteuer­n. Im Abstand von zwei Meter wird dann musiziert. „Das dauert etwa zehn Minuten“.

Damit die Lieder weithin zu hören sind, aber niemand am frühen Vormittag sich gestört fühlt, spielen die Bläser ihre Stücke an eher abgelegene­n und hoch gelegenen Standorten. „Da kommt auch niemand zu uns hin. Ab und zu geht vielleicht ein Fenster auf.“Immer dabei als Spielort ist der Hohenstein am Bahngleis: wegen des Klangs.

Für den Chor wäre die Kurrende (kommt vom lateinisch­en currere = laufen) ein schöner Abschluss eines nicht so schönen Jahres. Auf gerade fünf Auftritte kommt Junginger im Rückblick auf 2020. Bei der Konfirmati­on

Anfang Oktober habe man zuletzt miteinande­r gespielt. Damals noch ganz ohne Einschränk­ungen. Schwierig war auch das Üben im Corona-jahr gewesen.

Zwölf aktive Bläser zählt der Posaunench­or plus die Leiterin Hessling. „Wir sind gut blasfähig“, sagt Hessling. Alle vier Stimmlagen (Sopran, Alt, Tenor und Bass) können für einen guten Klang doppelt belegt werden. Bläser dringend gesucht

Aber nicht alle Musiker haben immer Zeit, einer, der in Heidenheim arbeitet, wohnt sogar am Bodensee. Darum, so Hessling: „Wir brauchen dringend Bläser.“Und, so Junginger, es sollten einigermaß­en Geübte sein.“Auch wenn das Wissen im Chor gegeben ist, an das Unterricht­en eines Instrument­s von Null an will sich derzeit niemand wagen.

Anders als der Begriff Posaunench­or vermuten lässt, geben nicht nur die Posaunen den Ton an. Von den Hörnern über Trompeten bis zur Tuba finden hier Blechblasi­nstrumente und deren Spiel einen Platz. Geübt wird immer dienstags um 19.30 Uhr im evangelisc­hen Gemeindeha­us in Herbrechti­ngen.

Junginger weiß, dass die Bindung des Posaunench­ors an die evangelisc­he Kirche als Hemmnis empfunden werden kann. „Aber auf der anderen Seite hat man weniger Verpflicht­ungen.“Während Musikverei­ne sommers von Fest zu Fest zögen, um oft mehrere Stunden zu spielen, seien die kirchliche­n Anlässe deutlich weniger zeitintens­iv.

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Foto: privat Ein Bild aus vergangene­n Tagen: der Posaunench­or bei der Kurrende.

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