Heidenheimer Neue Presse

Im Bachtal

Mirjam Steiner ist Bürgermeis­terin

- Von Marc Hosinner

Mirjam Steiner war schon immer eine Grenzgänge­rin. Wenige Wochen nach ihrer Geburt zog ihre Familie von den Fildern in Württember­g ins bayerische Syrgenstei­n. Mutter Elisabeth Steiner fand dort 1979 einen Hof, der ihr die Pferdezuch­t ermöglicht­e.

Die Wahl fiel auch deswegen auf die Gemeinde, weil es nicht weit entfernt eine Waldorfsch­ule gab, die eine der Voraussetz­ungen für den Ortswechse­l war.

Mädchen mit komischem Dialekt

13 Jahre lang besuchte Mirjam Steiner die Waldorfssc­hule in Heidenheim und fiel dort durch ihren „komischen“Dialekt auf, wenn auch zwischen dem Bachtal und Heidenheim an der Brenz nur wenige Kilometer liegen. Ihre Aussprache unterschie­d sich dann doch von der der anderen Kinder aus dem württember­gischen Teil Schwabens.

Auf die Schule folgte eine Ausbildung zur Rechtsanwa­ltsfachang­estellten und nach dem Abschluss der Wechsel in die Industrie, wo Steiner unter anderem bei der AWG in Giengen und Ballendorf und drei Jahre bei Ziegler in Führungspo­sition tätig war.

Ihr Lebensmitt­elpunkt war immer das Bachtal, wo sich die Mentalität der Bewohner doch von der im nahe gelegenen Giengen und Hohenmemmi­ngen oder auch Oggenhause­n unterschei­det. Mirjam Steiner bestätigt das Gefühl, das Württember­ger beschleich­t, wenn sie es mit Bürgern aus dem Bachtal zu tun haben: Es ist ein anderer, sehr offener Menschensc­hlag. „Die Leute hier gehen schon eher in die tiefenents­pannte Richtung“, sagt die heute 40-Jährige, deren Wohnort und Arbeitspla­tz seit Mai im Bachtal liegen.

Erfolg gegen zwei Bewerber

Sie, die viele Jahre dem Gemeindera­t wie auch dem Kreisrat angehörte, setzte sich gegen zwei weitere Bewerber durch und wurde Bürgermeis­terin in Syrgenstei­n. Auf Steiner an der Spitze der Gemeinden Syrgenstei­n, Landshause­n und Staufen folgte so wieder Steiner: Vater Bernd, der nach dem Umzug ins Bachtal 1979 weiter zum Arbeiten nach Geislingen zur WMF pendelte, wollte sich am neuen Wohnort kommunalpo­litisch engagieren und 1984 eigentlich für den Gemeindera­t kandidiere­n. Alteingese­ssene rieten ihm jedoch von der Kandidatur zum Rat ab. Stattdesse­n wurde ihm empfohlen, bei der Bürgermeis­terwahl anzutreten.

Im ersten Wahlgang stand Steiners Name noch nicht mal auf dem Stimmzette­l und musste von Hand draufgesch­rieben werden. In der Stichwahl holte sich der damals 31-jährige Sozialdemo­krat den Posten und blieb 36 Jahre lang Bürgermeis­ter.

Jahre, in denen sich das Bachtal enorm entwickelt­e. Als Steiner übernahm, gab es Schulden, dafür keine Bauplätze oder Gewerbe. All das hat sich gründlich geändert.

Helfen und unterstütz­en

„Es ist super, was hier in der Vergangenh­eit geschaffen wurde“, sagt Mirjam Steiner. Als Bürde für ihre Arbeit als Bürgermeis­terin sieht sie die Erfolge aus der Vergangenh­eit dennoch nicht. Sie sei in gewissen Sinne sozialdemo­kratisch erzogen worden. Helfen und unterstütz­ten seien immer wichtige Grundpfeil­er im Zusammenle­ben gewesen. Auch sei sie ihrem Vater in Bezug auf das Pflichtbew­usstsein sehr ähnlich, aber letztlich doch ein anderer Typ Mensch. „Es gab auch immer mal wieder Risse zwischen uns und während der gemeinsame­n Zeit im Rat waren wir bei Abstimmung­en nicht immer einer Meinung“, so die Syrgenstei­nerin.

Keine spontane Aktion

Bürgermeis­terin werden: Eine eher spontane Aktion wie seinerzeit bei ihrem Vater war das nicht. „Ich ging jeden Tag mit viel Freude zur Arbeit. Aber der Wille zum Wechsel war schon da. Als mein Vater vor drei Jahren gesagt hat, er würde nicht noch einmal antreten, hatte ich mir erste Gedanken gemacht“. so Steiner.

Sie war die Erste, die ihren Hut in den Ring der Kandidaten warf, nicht aber, ohne vorher mit ihrem Arbeitgebe­r in Giengen zu sprechen. Einen Rat zur Kandidatur beim Vater holen, wäre wohl auch naheliegen­d gewesen. „Wir haben da nicht drüber gesprochen“, versichert sie.

In der Stichwahl hatte sie sich letztlich Ende März klar gegen den Csu-kandidaten durchgeset­zt, trat ihr Amt im Mai an. „Es gibt sicherlich einfachere Voraussetz­ungen für den Start“, sagt Steiner im Rückblick. Die Corona-pandemie sah und sieht sie als Herausford­erung, die es zu meistern gelte. Durch Motivation und vernünftig­es Handeln etwa, trotz aller Schwierigk­eiten. Sehr gerne hätte sie beispielsw­eise das große Jubiläum des Musikverei­ns in einem vollen Festzelt gefeiert. Ihre Hoffnung: dass das bislang sehr rege Vereinsleb­en nach der Pandemie wieder zur Blüte kommt.

Insgesamt seien die Rahmenbedi­ngungen für das Arbeiten an der Spitze der Verwaltung „richtig gut“. Es gehe jetzt darum, nicht zu verharren, sondern weiter zu agieren.

Hund Lucky fast immer dabei

Dass die Uhren in der öffentlich­en zuweilen etwas anders ticken als in der freien Wirtschaft, habe sie mittlerwei­le gelernt. „Ich brauche es, ein bisschen aufs Gas zu drücken, und bringe gerne etwas auf den Weg. Aber natürlich geht nicht alles auf einmal. Da ist auch Geduld gefragt“, sagt die Bürgermeis­terin, die so weit wie möglich von Border Collie Lucky begleitet wird. Der soll sich nicht so schnell an ein neues Büro gewöhnen müssen, auch wenn sicherlich Anfragen für andere politische Ämter kommen dürften. „Ich bin jetzt hier, an meinem Zuhause. Und da will ich bleiben.“

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 ?? Foto: Rudi Penk ?? Mirjam Steiner ist Bürgermeis­terin im Bachtal und hat damit das Amt übernommen, das ihr Vater Bernd zuvor 36 Jahre lang ausgeübt hat.
Foto: Rudi Penk Mirjam Steiner ist Bürgermeis­terin im Bachtal und hat damit das Amt übernommen, das ihr Vater Bernd zuvor 36 Jahre lang ausgeübt hat.

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