Im Kreis keine Radonvorsorgegebiete
Umweltminister Franz Untersteller erklärt, warum er das Risiko in der Region nicht so hoch einschätzt, aber die Belastung dennoch gemessen werden sollte.
2021 wird Baden-württemberg Radon-vorsorgegebiete ausweisen. Laut Landesumweltminister Franz Untersteller spielt der Kreis Heidenheim dabei keine Rolle.
In den vergangenen zwei Jahren war das krebserregende Edelgas Radon immer wieder Thema im Kreis. Für Aufsehen hatten hohe Messwerte in einige Schulen in Heidenheim gesorgt. Die Stadtverwaltung hatte darauf unter anderem mit der Nachrüstung von Lüftungsanlagen reagiert. Mit großem Interesse blickten deshalb viele auf die geplante Ausweisung von Radon-vorsorgegebieten durch das Land zum Jahresende. Denn in solchen Arealen sind beispielsweise Arbeitgeber verpflichtet, Messungen an Arbeitsplätzen vorzunehmen und dann Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hat gerade einen entsprechenden Kabinettsbericht erarbeitet. Im Hz-interview erläutert er die Radon-strategie des Landes:
Was sieht denn Ihr Kabinettsbericht für den Kreis Heidenheim vor? Untersteller:
Zunächst einmal, Radon kommt überall in Badenwürttemberg vor. Es ist ein Zerfallsprodukt von Uran. Allerdings unterscheidet sich die Konzentration in den verschiedenen Regionen. Das hängt mit den jeweiligen geologischen Verhältnissen zusammen. Deshalb haben die Fachleute bei uns im Ministerium und den Regierungspräsidien in den vergangenen Monaten sehr intensiv an diesem Thema gearbeitet. Als Ergebnis habe ich dem Kabinett einen Bericht vorgelegt, nach dem 29 Gemeinden in Badenwürttemberg als Radon-vorsorgegebiet ausgewiesen werden. Alle Orte liegen im mittleren und südlichen Schwarzwald.
Wie kam es zu der Entscheidung für die Vorsorgegebiete?
Wir haben die Daten herangezogen, die uns das Bundesamt für Strahlenschutz aus seinen Messungen zur Verfügung gestellt hat und diese mit der Urankarte von Baden-württemberg abgeglichen. Mich persönlich hat es aufgrund der geologischen Verhältnisse im Schwarzwald auch überhaupt nicht gewundert, dass hier höhere Radon-werte festgestellt wurden als in anderen Regionen im Land.
Also Entwarnung für den Kreis Heidenheim?
In diesem Gebiet wurde zumindest keine Gemeinde als Vorsorgegebiet ausgewiesen. Das heißt aber nicht, dass es im Kreis kein Radon gibt. In der Vergangenheit gab es hier ja immer wieder Messungen, die beispielsweise zu Maßnahmen in einzelnen Schulen geführt haben. Dass Kommunen, wie Heidenheim, von sich aus aktiv werden, finde ich sehr positiv. Das ist nicht überall im Land so.
Wie sind Sie denn zu Ihrer Entscheidung für den Kreis gekommen?
Wir konnten auf Messungen im Kreis Heidenheim zurückgreifen, die uns vom Bundesamt für Strahlenschutz zur Verfügung gestellt wurden. Die haben nicht wir vorgenommen. Eigentlich war geplant, dass wir in diesem Jahr einige eigene Messungen durchführen. Dieses Vorhaben ist dann aber der Pandemie zum Opfer gefallen.
Wenn Sie keine Messergebnisse haben, wie können Sie denn dann ausschließen, dass im Kreis kein Handlungsbedarf besteht?
Es ist nicht so, dass aufgrund der vorhandenen Datenlage Unsicherheiten bezüglich der Ausweisung als Vorsorgegebiet bestehen. Das kann man daraus nicht ableiten. Uns liegt eine solide Datenbasis vor, die diese Entscheidung unterstützt. Zum einen die Prognose des Bundesamtes für Strahlenschutz. Voraussetzung dabei ist, dass auf mindestens 75 Prozent der Fläche einer Gemeinde eine Belastung oberhalb des Referenzwertes von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft ausgewiesen werden muss. Dazu die Urankarte, auf der bei einer Kommune erkennbar sein muss, dass auf drei
Viertel ihrer Fläche eine hohe Urandichte im Oberflächengestein zu finden ist. Auf dieser Basis dieser beiden Informationsquellen kann ich sagen, dass in Baden-württemberg über die 29 bekannten Gemeinden hinaus keine weitere Ausweisung eines Vorsorgegebietes notwendig ist.
Werden Sie die Messungen im Kreis nachholen?
Wir werden immer wieder im Land nachmessen und ich möchte nicht ausschließen, dass wir dann an der einen oder anderen Stelle nachsteuern, aber zum jetzigen Zeitpunkt konzentrieren wir uns auf die bereits erwähnten 29 Gemeinden.
Es bleibt aber eine Tatsache, dass in einigen Schulen in Heidenheim bereits erhöhte Werte nachgewiesen worden sind. Was empfehlen Sie als Umweltminister der Kommune, sollte regelmäßig nachgemessen werden?
Das hängt vom Gebäudetyp ab. Nicht in allen Schulen in Heidenheim gibt es die gleichen Werte. Das fängt schon bei den Bodenplatten an. Vor 50 Jahren wurde ganz anders gebaut als heute. Einen Automatismus gibt es also nicht.
Für die Gemeinden in den Vorsorgegebieten bedeutet diese Einordnung erhebliche Einschnitte. Wie wollen Sie das den Bürgern vermitteln?
Wir geben den Menschen vor Ort in den nächsten Wochen noch einmal die Möglichkeit, sich in diesen Prozess mit einzubringen und sich zu äußern. Erst im neuen Jahr, vermutlich im Februar, werden wir die Radon-vorsorgegebiete verbindlich festlegen. Ob es dann bei den 29 bleibt, müssen wir noch abwarten.
Was kann man tun, um die Radonbelastung im Haus oder der Wohnung zu reduzieren?
Interessanterweise gibt es dafür ähnliche Tipps wie bei Corona. Da sich Radon in der Raumluft konzentriert, sind sie mit regelmäßigem Lüften einen Großteil ihres Problems los. Bei Neubauten lässt sich mit speziellen Bodenplatten das Eindringen des Gases deutlich reduzieren.
Wie sinnvoll ist es denn, privat die Radon-belastung zu messen?
Das hat durchaus seine Berechtigung. Wir haben dafür eine Beratungsstelle bei der Landesanstalt für Umwelt eingerichtet. Dort bekommen Ratsuchende Unterstützung, indem sie eine Mail schreiben an radon@lubw.bwl.de oder unter der 0721.56002357 anrufen.
Die Mitarbeiter dort können dann Bürger zu Messergebnissen und Ähnlichem beraten.
Werden Bürger oder Unternehmen bei Sanierungen wegen einer zu hohen Radonbelastung gefördert?
Nein, Baden-württemberg und der Bund sehen keine Notwendigkeit für eine Förderung. Der Staat kann doch nicht die Vollkaskostelle für alle Unwägbarkeiten des Lebens sein. Radon gibt es hier schon so lange wie der liebe Gott Baden-württemberg geschaffen hat.
Der Staat kann doch nicht die Vollkasko-stelle für alle Unwägbarkeiten des Lebens sein.
Franz Untersteller,
Landesumweltminister