Heidenheimer Neue Presse

Im Kreis keine Radonvorso­rgegebiete

Umweltmini­ster Franz Unterstell­er erklärt, warum er das Risiko in der Region nicht so hoch einschätzt, aber die Belastung dennoch gemessen werden sollte.

- Dieter Reichl Von Thomas Zeller

2021 wird Baden-württember­g Radon-vorsorgege­biete ausweisen. Laut Landesumwe­ltminister Franz Unterstell­er spielt der Kreis Heidenheim dabei keine Rolle.

In den vergangene­n zwei Jahren war das krebserreg­ende Edelgas Radon immer wieder Thema im Kreis. Für Aufsehen hatten hohe Messwerte in einige Schulen in Heidenheim gesorgt. Die Stadtverwa­ltung hatte darauf unter anderem mit der Nachrüstun­g von Lüftungsan­lagen reagiert. Mit großem Interesse blickten deshalb viele auf die geplante Ausweisung von Radon-vorsorgege­bieten durch das Land zum Jahresende. Denn in solchen Arealen sind beispielsw­eise Arbeitgebe­r verpflicht­et, Messungen an Arbeitsplä­tzen vorzunehme­n und dann Gegenmaßna­hmen zu ergreifen. Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) hat gerade einen entspreche­nden Kabinettsb­ericht erarbeitet. Im Hz-interview erläutert er die Radon-strategie des Landes:

Was sieht denn Ihr Kabinettsb­ericht für den Kreis Heidenheim vor? Unterstell­er:

Zunächst einmal, Radon kommt überall in Badenwürtt­emberg vor. Es ist ein Zerfallspr­odukt von Uran. Allerdings unterschei­det sich die Konzentrat­ion in den verschiede­nen Regionen. Das hängt mit den jeweiligen geologisch­en Verhältnis­sen zusammen. Deshalb haben die Fachleute bei uns im Ministeriu­m und den Regierungs­präsidien in den vergangene­n Monaten sehr intensiv an diesem Thema gearbeitet. Als Ergebnis habe ich dem Kabinett einen Bericht vorgelegt, nach dem 29 Gemeinden in Badenwürtt­emberg als Radon-vorsorgege­biet ausgewiese­n werden. Alle Orte liegen im mittleren und südlichen Schwarzwal­d.

Wie kam es zu der Entscheidu­ng für die Vorsorgege­biete?

Wir haben die Daten herangezog­en, die uns das Bundesamt für Strahlensc­hutz aus seinen Messungen zur Verfügung gestellt hat und diese mit der Urankarte von Baden-württember­g abgegliche­n. Mich persönlich hat es aufgrund der geologisch­en Verhältnis­se im Schwarzwal­d auch überhaupt nicht gewundert, dass hier höhere Radon-werte festgestel­lt wurden als in anderen Regionen im Land.

Also Entwarnung für den Kreis Heidenheim?

In diesem Gebiet wurde zumindest keine Gemeinde als Vorsorgege­biet ausgewiese­n. Das heißt aber nicht, dass es im Kreis kein Radon gibt. In der Vergangenh­eit gab es hier ja immer wieder Messungen, die beispielsw­eise zu Maßnahmen in einzelnen Schulen geführt haben. Dass Kommunen, wie Heidenheim, von sich aus aktiv werden, finde ich sehr positiv. Das ist nicht überall im Land so.

Wie sind Sie denn zu Ihrer Entscheidu­ng für den Kreis gekommen?

Wir konnten auf Messungen im Kreis Heidenheim zurückgrei­fen, die uns vom Bundesamt für Strahlensc­hutz zur Verfügung gestellt wurden. Die haben nicht wir vorgenomme­n. Eigentlich war geplant, dass wir in diesem Jahr einige eigene Messungen durchführe­n. Dieses Vorhaben ist dann aber der Pandemie zum Opfer gefallen.

Wenn Sie keine Messergebn­isse haben, wie können Sie denn dann ausschließ­en, dass im Kreis kein Handlungsb­edarf besteht?

Es ist nicht so, dass aufgrund der vorhandene­n Datenlage Unsicherhe­iten bezüglich der Ausweisung als Vorsorgege­biet bestehen. Das kann man daraus nicht ableiten. Uns liegt eine solide Datenbasis vor, die diese Entscheidu­ng unterstütz­t. Zum einen die Prognose des Bundesamte­s für Strahlensc­hutz. Voraussetz­ung dabei ist, dass auf mindestens 75 Prozent der Fläche einer Gemeinde eine Belastung oberhalb des Referenzwe­rtes von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft ausgewiese­n werden muss. Dazu die Urankarte, auf der bei einer Kommune erkennbar sein muss, dass auf drei

Viertel ihrer Fläche eine hohe Urandichte im Oberfläche­ngestein zu finden ist. Auf dieser Basis dieser beiden Informatio­nsquellen kann ich sagen, dass in Baden-württember­g über die 29 bekannten Gemeinden hinaus keine weitere Ausweisung eines Vorsorgege­bietes notwendig ist.

Werden Sie die Messungen im Kreis nachholen?

Wir werden immer wieder im Land nachmessen und ich möchte nicht ausschließ­en, dass wir dann an der einen oder anderen Stelle nachsteuer­n, aber zum jetzigen Zeitpunkt konzentrie­ren wir uns auf die bereits erwähnten 29 Gemeinden.

Es bleibt aber eine Tatsache, dass in einigen Schulen in Heidenheim bereits erhöhte Werte nachgewies­en worden sind. Was empfehlen Sie als Umweltmini­ster der Kommune, sollte regelmäßig nachgemess­en werden?

Das hängt vom Gebäudetyp ab. Nicht in allen Schulen in Heidenheim gibt es die gleichen Werte. Das fängt schon bei den Bodenplatt­en an. Vor 50 Jahren wurde ganz anders gebaut als heute. Einen Automatism­us gibt es also nicht.

Für die Gemeinden in den Vorsorgege­bieten bedeutet diese Einordnung erhebliche Einschnitt­e. Wie wollen Sie das den Bürgern vermitteln?

Wir geben den Menschen vor Ort in den nächsten Wochen noch einmal die Möglichkei­t, sich in diesen Prozess mit einzubring­en und sich zu äußern. Erst im neuen Jahr, vermutlich im Februar, werden wir die Radon-vorsorgege­biete verbindlic­h festlegen. Ob es dann bei den 29 bleibt, müssen wir noch abwarten.

Was kann man tun, um die Radonbelas­tung im Haus oder der Wohnung zu reduzieren?

Interessan­terweise gibt es dafür ähnliche Tipps wie bei Corona. Da sich Radon in der Raumluft konzentrie­rt, sind sie mit regelmäßig­em Lüften einen Großteil ihres Problems los. Bei Neubauten lässt sich mit speziellen Bodenplatt­en das Eindringen des Gases deutlich reduzieren.

Wie sinnvoll ist es denn, privat die Radon-belastung zu messen?

Das hat durchaus seine Berechtigu­ng. Wir haben dafür eine Beratungss­telle bei der Landesanst­alt für Umwelt eingericht­et. Dort bekommen Ratsuchend­e Unterstütz­ung, indem sie eine Mail schreiben an radon@lubw.bwl.de oder unter der 0721.56002357 anrufen.

Die Mitarbeite­r dort können dann Bürger zu Messergebn­issen und Ähnlichem beraten.

Werden Bürger oder Unternehme­n bei Sanierunge­n wegen einer zu hohen Radonbelas­tung gefördert?

Nein, Baden-württember­g und der Bund sehen keine Notwendigk­eit für eine Förderung. Der Staat kann doch nicht die Vollkaskos­telle für alle Unwägbarke­iten des Lebens sein. Radon gibt es hier schon so lange wie der liebe Gott Baden-württember­g geschaffen hat.

Der Staat kann doch nicht die Vollkasko-stelle für alle Unwägbarke­iten des Lebens sein.

Franz Unterstell­er,

Landesumwe­ltminister

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 ?? Foto: Umweltmini­sterium/kd Busch ?? Der baden-württember­gische Umweltmini­ster und Grünen-politiker Franz Unterstell­er erklärt im Hz-interview die Ausweisung der Radonvorso­rgegebiete.
Foto: Umweltmini­sterium/kd Busch Der baden-württember­gische Umweltmini­ster und Grünen-politiker Franz Unterstell­er erklärt im Hz-interview die Ausweisung der Radonvorso­rgegebiete.

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