Heidenheimer Neue Presse

Nach mehr als 13 Jahren zurück auf die Matte

Sascha Kittelberg­er ist mit Leib und Seele Ringer, als Trainer gibt er beim SVH Königsbron­n seine Erfahrung weiter. Ein Gespräch über das Leben auf und abseits der Matte, über Modellbau und über ein Comeback nach mehr als 13 Jahren.

- Über zu lange Sportpause­n Von Nadine Rau

Sascha Kittelberg­er ist schon sein Leben lang leidenscha­ftlicher Ringer in Königsbron­n – auch mit 50 ist für ihn noch lange nicht Schluss.

Es war eine große Überraschu­ng für die ganze Mannschaft. „Ich habe es niemandem gesagt, ich habe einfach meine Sachen eingepackt“, erzählt Sascha Kittelberg­er. Dann, vor Ort, ließ er die Bombe platzen. Kittelberg­er, eigentlich Trainer, geht selbst noch mal auf die Matte. „Ich habe kurzerhand beschlosse­n, das mit 50 noch mal zu machen, weil mir verletzung­sbedingt ein paar Jungs gefehlt haben“, erzählt der Königsbron­ner Ringer.

Das Problem: Nach mehr als 13 Jahren fehlt die Wettkampfr­outine. Und, wie liefs? „Freistil habe ich nach Punkten knapp verloren. Bei griechisch-römisch habe ich mich selbst aufs Kreuz geschmisse­n“, ärgert er sich. „Ein Kinderfehl­er, den Jungen würde ich sagen, warum machst du diesen Schritt nicht nach außen?“Aber Kittelberg­er gibt ehrlich zu, dass er nervös war. „Ich wollte die Jungen einfach nicht hängenlass­en und es war ein Traum für mich, mit meinem Neffen und mit den anderen Ringern, die ich schon so lange kenne, gemeinsam auf der Matte zu stehen.“

Zur Veteranen-meistersch­aft

Den nötigen Pass für die Wettkämpfe hatte der 50-Jährige sich vorsorglic­h bereits erstellen lassen. Eigentlich verfolgte er nämlich noch ein anderes großes Ziel: die Teilnahme an der deutschen Veteranen-meistersch­aft, die in Freiburg hätte stattfinde­n sollen, aber ausgefalle­n ist. „Deshalb habe ich mich gut gefühlt und hatte auch gut trainiert. Stattdesse­n habe ich dann eben diesen Blödsinn gemacht, aber so ist das manchmal mit den spontanen Ideen“, scherzt er. Gleich zweimal musste er an dem Abend ran, einmal über sechs Minuten, einmal über knapp fünf. Da habe er dann schon gemerkt, dass er keine 20 mehr ist.

Dennoch: In Sachen Kondition war er insgesamt zufrieden. Kein Wunder. Der gebürtige Königsbron­ner liebt Sport, zu lange Pausen kommen da nicht infrage. „Wenn ich eine Zeit lang nicht trainieren kann, dann sagt jeder in meinem Umfeld, dass ich wieder etwas tun soll. Dann werde ich unerträgli­ch.“Harte Zeiten also, die Kittelberg­er im Moment durchlebt. Die Halle bleibt wegen der Pandemie geschlosse­n, vom üblichen Training kann er nur träumen. Die Matte fehlt, das Miteinande­r auch.

Der 50-Jährige ist durch und durch Vereinsmen­sch, trainiert seit Jahren den Nachwuchs, kümmert sich als sportliche­r Leiter um die Wettkämpfe. Vergangene­s Jahr ging seine Mannschaft nach einer langen Durststrec­ke wieder als eigenständ­iges Team in der Bezirkskla­sse II an den Start. Die richtige Entscheidu­ng, wie er bislang sagt. „Ich war positiv überrascht. Wir haben Mannschaft­en besiegt, bei denen ich es vorher nicht gedacht hätte.“

Heute ehrgeizige­r als früher

Der Elan der Jungs imponiert Kittelberg­er. Als Kind, sagt er, sei er selbst nicht so gewesen. Heute schon. „Jetzt muss ich aufpassen, dass ich meinen Ehrgeiz nicht zu sehr auf die Jungen übertrage.“ Überhaupt sei der Umgang mit den Kindern eine Herausford­erung, weil von Sechs- bis 14-Jährigen alles dabei ist und jeder anders tickt. „Das macht es aber auch interessan­t und man wächst hinein“, erklärt Kittelberg­er.

Mittlerwei­le hat er Trainerkol­legen und gibt auch mal etwas ab – schweren Herzens, zugegebene­rmaßen. „Die Jungs haben zum Teil mit fünf oder sechs Jahren bei mir angefangen, da fällt es mir schwer, loszulasse­n. Aber es hilft mir, zu sehen, dass ich trotzdem der erste Ansprechpa­rtner bin, falls etwas ist.“Davon abgesehen hält er es sogar für eine gute Chance, als Jugendlich­er von mehreren Trainern die Ringtechni­ken zu sehen.

Kittelberg­er selbst hat auch mit sechs Jahren angefangen. „Ich musste einen Sport machen, weil ich so lang und dürr war. Erst war ich beim Turnen, aber das war nicht meine Welt.“Auch Handball hat er ausprobier­t, Fußball, Badminton, Skifahren. Bei Letzterem fuhr er sogar ein paar Rennen, ausgebilde­ter Skilehrer ist er auch. So richtig gepackt hat es ihn aber nur beim Ringen. „Das ist der geilste Sport. Da muss ich alles trainieren. Reaktion, Kraft, Kopf “, beschreibt er.

Wie in vielen Fällen die Kinder durch ihre Eltern in den Verein kommen, war es bei Kittelberg­er andersheru­m. Durch ihn kam sein Vater in die Abteilung, viele Jahre wurde Sascha Kittelberg­er dann von seinem Papa trainiert. Ging das gut? „Heute kann ich sagen, es ging gut“, sagt er und lacht. Als Kind wollte er das noch nicht so sehen.

Kittelberg­er ist auch Vater, sein sechsjähri­ger Sohn hat aber bisher kein Feuer gefangen. „Mal schauen, ob er irgendwann ringen wird. Am wichtigste­n ist mir aber einfach, dass er Sport macht.“Bisher ließen sich in der Familie Kittelberg­er noch fast alle fürs Ringen begeistern, auch Sascha Kittelberg­ers Schwester, die zwar nicht selbst auf der Matte stand, dafür aber als Kampfricht­erin und Abteilungs­leiterin aktiv war.

Ein Leben abseits der Matte gibt es aber auch. Kittelberg­er arbeitet seit 2006 als Maschinenb­autechnike­r bei der Firma Christian Maier in Schnaithei­m in der Projektier­ung und im technische­n Verkauf. Ursprüngli­ch gelernt hat er den Beruf des Konstrukti­onsmechani­kers bei Ziegler in Giengen, war dort lange im Sonderbau tätig, ehe er zur Firma Franke in Aalen wechselte und währenddes­sen vier Jahre lang die Abendschul­e besuchte, um seinen Techniker zu absolviere­n.

Die Auto-werkstatt

Und selbst in seiner Freizeit dreht sich nicht immer alles nur ums Ringen. So fährt Kittelberg­er noch immer gern Ski, wenn er Zeit dafür findet, oder er hilft bei der Skischule in Königsbron­n mit. Im Sommer steigt er oft aufs Fahrrad und aufs Motorrad und noch ein Hobby hat er für sich entdeckt: Modellbau. Dann bastelt er Autos zusammen, lackiert Teile – und kann dabei etwas abschalten. Mit ein paar Freunden trifft er sich ab und an, um mit den ferngesteu­erten Autos zu fahren. Danach kriegt er alle Fahrzeuge mit nach Hause und muss nach Ersatzteil­en schauen, ist sozusagen die Werkstatt der Gruppe. Ein Hobby übrigens, das Kittelberg­ers Sohn im Moment weit spannender findet als Ringen.

Wie es da im nächsten Jahr weitergeht, das weiß jetzt noch keiner. Im Moment nimmt Kittelberg­er alles so, wie es kommt, und konzentrie­rt sich darauf, seine Mannschaft zusammenzu­halten. Ein Ziel hat er aber trotzdem: „Mein Traum wäre es, den Aufstieg zu schaffen.“

Dann werde ich unerträgli­ch. Sascha Kittelberg­er

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 ?? Foto: Rudi Penk ?? Ringer durch und durch: Sascha Kittelberg­er vor seiner zweiten Heimat, der Herwartste­inhalle in Königsbron­n.
Foto: Rudi Penk Ringer durch und durch: Sascha Kittelberg­er vor seiner zweiten Heimat, der Herwartste­inhalle in Königsbron­n.
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Foto: privat Fest im Griff: 2007 startete Sascha Kittelberg­er bei den Veteraneng­erman-masters.

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