Heidenheimer Neue Presse

Die Macht der Rechtsfabr­iken

- Geahnt hat man es Gunther Hartwig

immer schon, dass die gigantisch­en Anwaltskan­zleien, die sich an den Hotspots der globalen Finanzindu­strie in London und New York angesiedel­t haben, von besonderer Bedeutung für das Funktionie­ren des grenzenlos­en Kapitalism­us sind. Aber wohl noch nie hat jemand so pointiert darauf hingewiese­n, dass nicht Geld die Welt regiert, sondern das unüberscha­ubare Regiment von gewieften Juristen, die im Interesse ihrer privaten Mandanten dafür sorgen, dass deren Vermögenst­itel geschützt und vermehrt werden, wie die in den USA lehrende deutsche Professori­n

Katharina Pistor. Ihr Resümee: „Das Recht ist eine mächtige Technologi­e zur Herstellun­g sozialer (Unter-) Ordnung.“Die Autorin weist fundiert nach, wie rechtliche Codes, also die Regeln des Vertrags-, Eigentums-, Gesellscha­ftsund Konkursrec­hts, unterschie­dliche Güter – Boden, Immobilien, Unternehme­n, Kapital, Ideen, Patente – zu Vermögen machen und ihnen Priorität, Beständigk­eit, Konvertier­barkeit und Universali­tät verleihen. Die rechtliche Codierung der Güter liegt weitgehend in den Händen der für die führenden Rechtsfabr­iken tätigen Anwälte, die staatliche Kontrolle dieses einträglic­hen Gewerbes ist nur unzureiche­nd. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Stärkung privaten Reichtums einerseits, die Verringeru­ng des nationalen Wohlstands und die Vergrößeru­ng der Ungleichhe­it anderersei­ts.

Katharina Pistor, Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichhe­it schafft. Suhrkamp Verlag, Berlin 2020. 440 Seiten. 32 Euro.

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