Karl Geiger und sein Wettlauf gegen die Zeit
Der Start des Skiflug-weltmeisters in Oberstdorf ist ungewiss: Die Corona-quarantäne könnte sich mit der Qualifikation für den Auftakt überschneiden.
Das bisschen Quarantäne kann doch beste Skisprung-kumpels nicht entzweien: Während sich Karl Geiger daheim in Oberstdorf durch Tag sechs der Corona-isolation quälte, feilte Markus Eisenbichler ein paar hundert Meter entfernt an der Schattenbergschanze an seiner Form für die Vierschanzentournee. In Gedanken war der „Eisei“bei seinem langjährigen Zimmerkollegen, mit dem er ab kommendem Montag auf die Jagd nach der Goldadler-trophäe gehen will.
„Ich glaube, dass der Karle das locker wegsteckt. Er sieht das ziemlich entspannt und lässt sich nicht verrückt machen“, sagte Eisenbichler und ist eine Woche vor dem Start des „Klassikers zwischen den Jahren“überzeugt: Spezi Geiger wird im Kampf um den ersten deutschen Tournee-sieg seit 2001/2002 „ein Wörtchen mitreden“.
Doch so ganz „locker“und „entspannt“ist die Lage um den bayrischen Patienten Geiger derzeit nicht: Der Weg zum Tourneestart am kommenden Montag vor seiner Oberstdorfer Haustür wird für den frischgebackenen Vater und Skiflug-weltmeister ein Wettlauf gegen die Zeit. „Mir geht es weiterhin gut, ich bin beschwerdefrei und habe in der Quarantäne mit leichtem Krafttraining angefangen“, teilte Geiger per Videobotschaft am Montag mit: „Ich hoffe, dass es so weitergeht, ich bald aus der Quarantäne darf und vielleicht sogar schon zum Auftaktspringen in Oberstdorf wieder zum Team stoßen kann das würde mich extrem freuen.“
Hoffen auf die Freigabe
Dieser Zeitplan ist ambitioniert – nicht nur, weil Geiger dann zwei Wochen lang keinen einzigen Sprung absolviert haben wird: Nach dem positiven Test war Geiger am vergangenen Mittwochabend in die Isolation gegangen, die Qualifikation in Oberstdorf findet am 28. Dezember – also an Tag 13 nach der
Diagnose – statt. „Wir müssen schauen, wie es weitergeht. Die Freigabe kommt vom Amt, da laufen die Diskussionen“, sagt Bundestrainer Stefan Horngacher, der nicht ausschließt, dass Geiger womöglich erst in Innsbruck am 2. Januar einsteigt.
In einem deutschen Team, das zuletzt hinter den beiden Topleuten
allenfalls Überraschungsmann Pius Paschke in der (erweiterten) Weltspitze zu bieten hatte, wäre im Worst Case Eisenbichler der Tournee-alleinunterhalter. Eine Rolle, die der Großschanzen-weltmeister nach der glänzenden Generalprobe in Engelberg (Platz zwei und vier) aber mit viel Selbstbewusstsein ausfüllen könnte.
Die Freigabe kommt vom Amt, da laufen die Diskussionen. Stefan Horngacher
Skisprung-bundestrainer
Eisenbichler selbstbewusst
„Ich mag die vier Schanzen alle sehr. Wenn ich weiter so springe und vielleicht das Niveau noch ein wenig hebe, dann kann ich da vorne mitstreiten“, sagt der Tournee-zweite von 2018/19. Der zweimalige Saisonsieger gibt sich vom Wahnsinnslauf des Norwegers Halvor Egner Granerud, der damit der Vierschanzen-topfavorit ist, unbeeindruckt: „Ich lasse mich nicht verrückt machen, nur weil der jetzt fünfmal in Folge gewonnen hat. Ich schaue nur auf mich, alles andere bringt nichts.“
Bis Dienstag probt Eisenbichler auf der Tourneeschanze in Oberstdorf noch den Ernstfall, dann schickt Horngacher seine Adler bis zum 27. Dezember in die familiäre Weihnachts-ruhe. Und nach dem Warten auf das Christkind beginnt dann das Warten auf Geiger.