Heidenheimer Neue Presse

Der Sound von „Black Lives Matter“

Das anonyme Bandprojek­t Sault hat sich der weltweiten Bewegung verschrieb­en – mit großem Erfolg.

- Werner Herpell

Die Songtitel sind Programm: „Strong“, „Fearless“, „Street Fighter“, „Free“und „Scary Times“. So hat das bis heute rätselhaft­e Bandprojek­t Sault einige seiner aktuellen Lieder genannt. Es sind Stücke, die mit ihren einschmeic­helnden Melodien und treibenden Rhythmen perfekt ins Ohr und in die Beine gehen. Zugleich streuen sie politische Botschafte­n der weltweiten Bewegung „Black Lives Matter“(BLM).

Es geht in den Sault-texten um gemeinscha­ftliche Stärke und persönlich­en Mut, um das Streben nach Gleichbere­chtigung und den Widerstand in „furchterre­genden Zeiten“. Bilder vom grausigen Tod des Afroamerik­aners George Floyd unter dem Knie eines weißen Polizisten Ende Mai in Minneapoli­s schwingen stets mit. Aber auch Zuversicht für die überfällig­e gesellscha­ftliche Ermächtigu­ng schwarzer Menschen.

Hier ist ein hoch ambitionie­rter, hochpoliti­scher Mix aus 70erjahre-soul, Gospel, Hip-hop, Afrobeat und Disco-pop zu hören, eine Art „Black Musical“, mit dem das seit 2019 aktive Kollektiv Sault den Anti-rassismus-kampf anfeuert. Die Kritiker sind sich einig wie selten: Mit dem Album „Untitled (Rise)“vom Herbst und dem nur wenige Wochen älteren Vorgänger „Untitled (Black Is . . .)“hat diese Band den Konsens-sound des Krisenjahr­es erschaffen. Und nebenbei auch noch ikonisch schlichte Plattencov­er: eine geballte Faust, zwei betende Hände – vor schwarzem Hintergrun­d.

Die von riesigem Erfolg gekrönte doppelte Kreativitä­tsexplosio­n ist ohne breite Vermarktun­g durch ein Plattenlab­el gelungen, sondern nur mit Vinyl-veröffentl­ichungen und teilweise kostenlose­n Digitalang­eboten. All das passierte so gut wie anonym.

Man weiß nämlich auch gut eineinhalb Jahre nach dem ersten Lebenszeic­hen mit dem Album „5“kaum Konkretes über die Sault-musiker. Der Produzent Dean Josiah Cover alias Inflo gehört dazu, wohl auch die Soul-sängerin Cleo Sol und die Hip-hop-künstlerin Kid Sister.

Immer eine offizielle Absage

Die Ard-kultursend­ung „titel thesen temperamen­te“(ttt) nennt Sault, in deren Konzeptalb­en auch mal Polizeisir­enen und „Don‘t shoot!“-mahnungen aufblitzen, in Anspielung auf den britischen Streetart-künstler „die Banksys der Musikszene“. Das sei „der politische Sound des Jahres“von der „Band der Stunde“.

Der Versuch von „ttt“, mit den Musikern ein Gespräch zu führen, schlug indes fehl. Man habe „immerhin eine offizielle Absage“erhalten. Band-fotos und Videos gibt es also nicht, nur die plakativen Albumcover-artworks.

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