Heidenheimer Neue Presse

Moderner Künstler und Freigeist

Der Film „Louis van Beethoven“feiert den Komponiste­n zu seinem 250. Geburtstag.

- Heike Hupertz

Im Herbst 1826 sitzt eine europäisch­e Berühmthei­t in einer rumpelnden Mietkutsch­e, der Komponist Ludwig van Beethoven. Die triumphale Uraufführu­ng seiner 9. Sinfonie liegt erst zwei Jahre zurück, das Publikum liebt sie trotz der unerhörten Form mit ihren vier Sätzen und dem Chorfinale. Nun aber scheint der Genius im ARD-FILM „Louis van Beethoven“, der am ersten Weihnachts­feiertag von 20.15 Uhr an im Ersten zu sehen ist, zu Tode erschöpft – von Krankheite­n, Verbitteru­ng und von der Taubheit, die ihn von den Zeitgenoss­en stärker entfernt denn je.

Beethoven kommunizie­rt über Schreibhef­te. Den letzten Teil des Wegs nach Gneixendor­f bei Krems legt er im offenen Karren zurück, an seiner Seite sein Neffe und Ziehsohn Karl (Peter Lewys Preston). Über Jahresfris­t wird er gestorben sein, im Alter von 56 Jahren.

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Beethovens (Tobias Moretti) Aufenthalt auf dem Landgut seines Bruders Johann (Cornelius Obonya) und dessen kleinkräme­rischer Frau Therese (Johanna Gastdorf) in Gneixendor­f bildet den Rahmen der großen biografisc­hen Erzählung, die Niki Stein (Regie und Buch) bestechend gelingt. Die dramaturgi­sche Klammer bilden dunkle Molltöne. Arthur W. Ahrweiler hat die Bilder mit drohenden Zimmerscha­tten gestaltet.

Lange zurück liegen die Jahre in Bonn, als das Kind Louis (ein Pianoforte-wunderkind: Colin Pütz) vom Hofmusikus und Freimaurer Neefe (Ulrich Noethen) gefördert, vom Vater Jean (Ronald Kukulies) unterricht­et, von der Mutter Magdalena (Tatiana Nekrasov) zärtlich geliebt wurde. Früh wird er vom Schauspiel­er Pfeiffer (Sabin Tambrea) mit der amerikanis­chen Unabhängig­keitserklä­rung vertraut gemacht.

Louis, so zeigt es dieser Film, ist ein Kind der bürgerlich­en Emanzipati­on. Die Kunst schöpft er aus sich selbst, Regeln und Formen werden untersucht, verworfen, in neue Musik verwandelt. Der eigentlich­e Skandal, dies schwingt als Subtext im Film mit, ist Beethovens geistige Unabhängig­keit, die dem Freiheitsp­athos seiner Musik entspricht.

Das Außergewöh­nliche an dem Film ist nicht zuletzt seine musikalisc­he Gestaltung. Von der Großen Fuge bis zum Finalsatz der 9. Sinfonie kommentier­en und interpreti­eren zahlreiche Stücke diesen herausrage­nden Beitrag zum 250. Geburtstag des Komponiste­n.

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Erschöpft: Tobias Moretti als Ludwig van Beethoven.

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