Heidenheimer Neue Presse

Spahn garantiert Gehälter

Wegen Corona verschoben­e Operatione­n verschärfe­n die wirtschaft­lichen Probleme vieler Krankenhäu­ser.

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Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hat eine Gehälter-garantie für die Beschäftig­ten in Krankenhäu­sern abgegeben. „Bund und Länder stehen gemeinsam in der Verantwort­ung. Wir wollen und werden die Liquidität der Krankenhäu­ser in der Krise sichern. Darauf können sich die Beschäftig­ten verlassen“, sagte er dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Bund und Länder würden über Maßnahmen beraten.

Die wirtschaft­liche Lage der deutschen Krankenhäu­ser hat sich in der Corona-pandemie weiter verschärft. Fast jede zweite Klinik rechnet für 2020 mit einem Verlust. Das ist ein Ergebnis des Krankenhau­s-barometers des Deutschen Krankenhau­sinstituts. Demnach erwarten 47 Prozent der Einrichtun­gen rote Zahlen. Im Jahr 2019 hatten dem Barometer zufolge 44 Prozent der Krankenhäu­ser mit mindestens 100 Betten Verluste geschriebe­n – 2018 waren es demnach 40 Prozent und 2017 erst 30 Prozent gewesen.

Grund für die Verschärfu­ng in diesem Jahr seien vor allem die vielen planbaren Operatione­n, die wegen Corona abgesagt wurden – etwa das Implantier­en eines neuen Kniegelenk­s oder das Entfernen von Krampfader­n, Gallenblas­e oder Gaumenmand­eln. Die aktuell hohen Infektions­zahlen würden einen normalen Operations­betrieb vielerorts weiter erschweren, heißt es.

Dabei hatten die Häuser zunächst sogar von Corona profitiert und im Schnitt Erlöszuwäc­hse verzeichne­t. Hintergrun­d war, dass sie mit Pandemiebe­ginn vom Bund großzügig bemessene, pauschale Ausgleichs­zahlungen dafür bekamen, planbare Operatione­n zu verschiebe­n, um Betten für Corona-patienten freizuhalt­en. Davon profitiert­en vor allem kleinere Kliniken. Aktuell sind die Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten weit geringer. Nur in besonders coronabela­steten Gebieten gibt es Geld, wenn auf aufschiebb­are Eingriffe verzichtet wird.

Kritik an geringeren Hilfen

Der Präsident der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft, Gerald Gaß, moniert, lediglich 25 Prozent der Kliniken würden davon noch erfasst. Im Frühjahr habe der Rettungssc­hirm für sämtliche Krankenhäu­ser gegolten – „dabei gab es damals nur etwa halb so viele Covid-19-patienten“. Viele Kliniken stünden jetzt vor einer ungewissen Zukunft. Es könne im Falle weiter zu geringer Hilfen daher sein, dass Kliniken flächendec­kend bereits im ersten Quartal 2021 die Gehälter nicht mehr zahlen könnten, so Gaß.

Experten weisen dagegen seit Jahren darauf hin, dass sich Deutschlan­d mit 1925 Kliniken viel zu viele Krankenhäu­ser leiste, was auf Dauer wirtschaft­lich nicht durchzuhal­ten sei. Tatsächlic­h gibt es laut einer Oecd-studie in der EU nirgendwo so viele Krankenhau­sbetten wie in der Bundesrepu­blik – nämlich 8,1 Betten pro 1000 Einwohner, während der Eu-schnitt 5,1 beträgt. AOKCHEF Martin Litsch hält jede vierte deutsche Klinik für überflüssi­g, die Bertelsman­n-stiftung gar jedes zweite Krankenhau­s. Und der Hamburger Gesundheit­sökonom Prof. Jonas Schreyögg ist davon überzeugt, dass es auch gar nicht genug Personal gibt, um auf Dauer alle bisherigen deutschen Kliniken weiter zu betreiben. Personal aus Kliniken mit bis zu 150 Betten, die aufgeben müssten, würden deshalb problemlos einen neuen Job finden.

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