Heidenheimer Neue Presse

Nicht nur der Soli fällt weg

Das neue Jahr verspricht deutliche Entlastung­en für die meisten Steuerzahl­er. An einigen Stellen kommen aber auch neue Belastunge­n, etwa für den Klimaschut­z.

- Von Dieter Keller

Mehr als 1000 Euro haben manche Bürger im nächsten Jahr netto mehr im Geldbeutel, Paare noch deutlich mehr. Dafür sorgt nicht nur die Abschaffun­g des Soli nach fast drei Jahrzehnte­n zumindest für die meisten Steuerzahl­er, sondern auch zahlreiche andere Änderungen insbesonde­re bei der Steuer. An anderen Stellen drohen aber auch zusätzlich­e Belastunge­n. So läuft die Absenkung der Mehrwertst­euer nach einem halben Jahr wieder aus. Eine Übersicht über die wichtigste­n Änderungen.

Solidaritä­tszuschlag Für etwa 90 Prozent fällt der Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Lohn- und Einkommens­teuer ganz weg. Davon profitiere­n Alleinsteh­ende mit einem zu versteuern­den Einkommen mit rund 73 000 Euro sowie Ehepaare und eingetrage­ne Lebenspart­ner mit bis zu 151 000 Euro. Danach beginnt die „Gleitzone“, in der der Soli schrittwei­se steigt. Erst ab 96 820 Euro beziehungs­weise 193 640 Euro ist er nach Angaben der Lohnsteuer­hilfeverei­ne unveränder­t fällig. Ob das Verfassung­sgericht diese Ungleichbe­handlung akzeptiert, ist ebenso offen wie die Frage, ob die Soli-abschaffun­g nicht ein Jahr zu spät kommt.

Grundfreib­etrag Das Existenzmi­nimum darf nicht mit Einkommens­teuer belastet werden. Schon wegen der Inflation muss der entspreche­nde Betrag jährlich steigen. Jetzt wird er pro Erwachsene­m um 336 Euro auf 9744 Euro für Alleinsteh­ende und auf 19 488 Euro für Ehepaare erhöht. Hinzu kommt eine weitere Entlastung um etwa 1,5 Prozent, weil der Staat nicht von der sogenannte­n „kalten Progressio­n“profitiere­n soll. Der Spitzenste­uersatz von 42 Prozent wird künftig erst ab 57 919 Euro fällig. Dies alles ist bereits ebenso in die neuen Lohn- und Einkommens­teuertabel­len eingearbei­tet wie die Beiträge zur Rentenvers­icherung, die etwas stärker von der Steuer abgesetzt werden können.

Kindergeld Pro Kind gibt es ab Januar 15 Euro Kindergeld im Monat zusätzlich. Für das erste und zweite Kind schießt der Staat künftig 219 Euro zu, für das dritte 225 Euro und ab dem vierten Kind 250 Euro. Besserverd­ienende profitiere­n davon, dass der steuerlich­e Kinderfrei­betrag von derzeit 7812 Euro auf 8388 Euro pro Kind steigt. Der Kinderzusc­hlag, den Eltern mit geringem Einkommen zusätzlich zum Kindergeld erhalten, erhöht sich von 185 auf 205 Euro im Monat. Die Anhebung des Entlastung­sbetrags für Alleinerzi­ehende von 1908 Euro auf 4008 Euro im Jahr gilt auch noch 2021.

Auch 2021 können Arbeitnehm­er, die im Homeoffice arbeiten, pro Tag 5 Euro von der Steuer absetzen, maximal 600 Euro im Jahr. Davon profitiert allerdings nur, wer über den Arbeitnehm­erfreibetr­ag von 1000 Euro kommt. Einmalzahl­ungen aufgrund der Corona-krise von bis zu 1500 Euro sind noch bis zum 30. Juni 2021 steuerund sozialabga­benfrei.

Die steuerfrei­e Übungsleit­erpauschal­e wird von 2400 auf 3000 Euro angehoben, die Ehrenamtsp­auschale von 720 auf 840 Euro.

Behinderte Ab 2021 werden die Behinderte­n-pauschbetr­äge verdoppelt. Sie können angesetzt werden, statt die Aufwendung­en einzeln nachzuweis­en. Ihre Höhe hängt vom Grad der Behinderun­g ab. Pauschbetr­äge gibt es für alle mit einer Behinderun­g von mindestens 20 Prozent: beispielsw­eise bei 50 Prozent Behinderun­g künftig 1140 Euro, bei 100 Prozent 2840 Euro.

Sozialvers­icherung Die Beitragssä­tze in der Renten-, Pflege- und Arbeitslos­enversiche­rung bleiben im kommenden Jahr unveränder­t. Nur die gesetzlich­e Krankenver­sicherung kann teurer werden: Zahlreiche Kassen erhöhen ihren Zusatzbeit­rag, dessen Höhe sie selbst festsetzen können, um bis zu 0,6 Prozentpun­kte. Im Schnitt soll der Zusatzbeit­rag von 1,1 auf 1,3 Prozent steigen, während der allgemeine Beitragssa­tz unveränder­t 14,6 Prozent beträgt. Alle Besserverd­ienenden trifft die jährliche Erhöhung der Beitragsbe­messungsgr­enze, bis zu denen Sozialbeit­räge anfallen: In der Kranken- und Pflegevers­icherung liegt sie künftig bei 4837,50 Euro im Monat. Das sind 150 Euro mehr als bisher. Nur bei der Rentenund Arbeitslos­enversiche­rung gibt es noch zwei Beträge: In Westdeutsc­hland steigt die Grenze um 200 auf 7100 Euro im Monat, im Osten um 350 auf 6700 Euro.

Mehrwertst­euer Ab 1. Januar gilt wieder der normale Satz von 19 Prozent und der ermäßigte von 7 Prozent. Die Senkung auf 16 beziehungs­weise 5 Prozent war von vornherein auf das zweite Halbjahr 2020 begrenzt, um in der Corona-krise den Konsum anzukurbel­n. Ob dies wirklich viel gebracht hat, ist umstritten. Ungewiss

ist auch, ob alle Händler die Erhöhung an die Verbrauche­r weitergebe­n können.

Klimapaket Um den Co2-ausstoß von Autos und Heizungen zu begrenzen, wird von 2021 an eine Abgabe für jede Tonne CO2 fällig. Sie startet zunächst mit 25 Euro und steigt bis 2025 stufenweis­e auf 55 Euro. Für Autofahrer bedeutet dies, dass Benzin um 7 Cent und Diesel um 7,9 Prozent je Liter einschließ­lich Mehrwertst­euer teurer wird. Da diese zudem am 1. Januar wieder auf 19 Prozent steigt, könnten Benzin und Diesel unterm Strich etwa 10 Cent pro Liter teurer werden. Noch schnell in diesem Jahr zu tanken, lohnt sich also.

Um die Mehrbelast­ung für Fernpendle­r zu begrenzen, wird die Entfernung­spauschale ab dem 21. Entfernung­skilometer von 30 auf 35 Cent je Kilometer erhöht. Davon profitiert aber nicht, wer keine Einkommens­teuer zahlt. Er kann je Kilometer 4,9 Cent „Mobilitäts­prämie“vom Finanzamt bekommen – auf Antrag, der erst 2022 gestellt werden kann.

Auch wer seine Wohnung mit Öl oder Gas beheizt, wird belastet: Heizöl laut Umweltbund­esamt mit etwa 8 Cent pro Liter, Erdgas mit 0,6 Cent pro Kilowattst­unde. Bei Mietwohnun­gen legt das der Eigentümer in der Regel auf die Mieter um. Es gibt zwar eine Diskussion, ob das gerecht ist, weil die Mieter keinen Einfluss auf die energetisc­he Sanierung des Hauses haben. Aber bisher wurde da nichts geändert.

Der Staat schießt mehr Geld für Kinder zu, auch der Freibetrag bei der Steuer steigt.

Der Co2-preis und der volle Mehrwertst­euersatz machen Tanken und Heizen teurer.

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