Heidenheimer Neue Presse

Zweifel an Schutzmask­en

Vom Land an Lehrer verteilte Ausrüstung verunsiche­rt Pädagogen. Ministerin Eisenmann fordert Aufklärung, der Philologen­verband verlangt Tests.

- Von Axel Habermehl

Von der Landesregi­erung an die baden-württember­gischen Schulen ausgeliefe­rte Schutzmask­en haben unter Lehrern Verunsiche­rung und Kritik ausgelöst. Beim Kultusmini­sterium sowie bei Gewerkscha­ften und Verbänden sind etliche entspreche­nde Beschwerde­n eingegange­n. Lehrer beklagen, dass Masken der Qualitätsk­lasse FFP2 angekündig­t waren, jedoch solche der Klasse KN95 geliefert wurden. Zudem zweifeln sie die Qualität an.

Auf den Masken sei kein Ce-siegel aufgedruck­t, sie röchen unangenehm nach Chemie. Eine Lehrerin berichtet in einem Schreiben an den Philologen­verband, sie habe eine Maske „kurze Zeit getragen und sofort an den Auflagerän­dern im Gesicht einen (allergisch­en) roten Hautaussch­lag bekommen, der erst nach einiger Zeit wieder verschwund­en ist“. Ein Schulleite­r sagt: „Das Misstrauen im Kollegium gegen diese Masken ist sehr groß. Nur die wenigsten tragen sie. Wer Wert darauf legt, eine Ffp-2-maske zu tragen, beschafft sich selbst welche.“Ralf Scholl, Landesvors­itzender des Philologen­verbands, fordert Nachtestun­gen der

Masken. Sonst müssten sie aus dem Verkehr gezogen werden.

Die Masken, um die es geht, stammen aus chinesisch­er Produktion der Firmen Ryzur und Freshing. Beschafft hat sie das Landes-gesundheit­sministeri­um, nach eigener Aussage im Frühjahr und „in Zusammenar­beit mit der Marktüberw­achungsbeh­örde“. Vermittelt habe beim Kauf die Firma Porsche. Auf Beipackzet­teln, die dieser Zeitung vorliegen, sind Herstellun­gsdaten aus dem Mai vermerkt.

Das Ministeriu­m betont, der Hersteller habe 14 Tage nach Zuschlag ein Zertifikat der Prüfgesell­schaft Dekra vorgelegt. Zudem seien die Masken geprüft worden. Jedoch bestätigt die Dekra einen „Spiegel“-bericht, wonach sie diese Masken nicht geprüft habe. Das entspreche­nde Logo sei eine Fälschung, man prüfe rechtliche Schritte.

Laut Ministeriu­m wurde eine „zweistufig­e Qualitätsp­rüfung“vorgenomme­n. Die Kn95-masken seien am Flughafen Shanghai durch Tüv-mitarbeite­r anhand einer Checkliste geprüft worden. In Deutschlan­d hätten dann hinsichtli­ch Filterleis­tung und Atemwiders­tand stichprobe­nartig Laborunter­suchungen stattgefun­den. Die Masken wurden vor allem an Schulen, aber auch andere Einrichtun­gen geliefert. Auch Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und Gesundheit­sminister Manfred Lucha (beide Grüne) tragen sie im Dienst.

Masken waren zu Beginn der Pandemie ein knappes Gut, das vor allem in China beschafft wurde. Weil der Bedarf so groß war, wurden befristet Standards gesenkt. Deutschlan­d erkannte zwischen März und Oktober auch Material als verkehrsfä­hig an, das zwar grundsätzl­ich dem Eu-standard entspricht, nicht jedoch den formalen Vorgaben. „Diese Ausnahme galt ausdrückli­ch auch für den chinesisch­en Standard KN95“, erklärt das Gesundheit­sministeri­um. Seit Oktober ist eine Ce-kennzeichn­ung auf Ffp-masken wieder verpflicht­end – jedoch nur für Masken, die neu in Verkehr gebracht werden, nicht für bereits im Handel befindlich­e oder vorher beschaffte.

Vorwürfe zügig und fundiert entkräften.

Die Verteilung der vom Land als „Ffp2-masken“bezeichnet­en Ware übernahm das Kultusmini­sterium. 8,4 Millionen Stück lieferte es allen weiterführ­enden Schulen und kündigte weitere 24 Millionen an. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) sagt nun, sie habe Verständni­s für die Sorgen der Lehrer im Hinblick auf die Qualität der Masken. Sie sei „natürlich davon ausgegange­n, dass es sich um einwandfre­ie und zertifizie­rte Ware handelt. Ich erwarte, dass Minister Lucha die von der Dekra erhobenen Vorwürfe, wonach diese Masken nicht verkehrsfä­hig seien, zügig und fundiert entkräften kann.“

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