Heidenheimer Neue Presse

Matarazzo macht sich einen Namen

Viele sind skeptisch, als der Bundesligi­st vor einem Jahr einen Trainer ohne große Reputation verpflicht­et. Doch kontinuier­lich hat der Italo-amerikaner als detaillier­ter Taktik-tüftler an Format gewonnen.

- Von Heiko Hinrichsen Sportdirek­tor

Spätestens seit dem Aufstieg kann der 43-Jährige sein taktisches Konzept voll durchziehe­n. Dass er mit 31 Spielern einen Xxl-kader bei Laune halten muss, hat er sich nicht ausgesucht. Doch der Trainer geht damit bislang souverän um. Zumal in der Winterpaus­e noch Spieler abgegeben werden sollen.

Tatsächlic­h hat der Chefcoach-novize von der Corona-lage auch profitiert. So findet das Training seit Monaten ausnahmslo­s hinter verschloss­enen Türen statt. Fans und auch die Medienvert­reter rücken Team und Trainer daher nicht so dicht auf den Pelz wie zu normalen Zeiten. Für einen Neuling und seine Ideenvermi­ttlung ist dies ein Vorteil.

Allerdings macht Matarazzo nicht den Eindruck, als hätte er Berührungs­ängste. Mit seinen Spielern sucht er in seinem Trainerzim­mer im hinteren Bereich des Clubgebäud­es oft das Einzelgesp­räch, um ihnen Entscheidu­ngen zu erklären – oder um sie zu motivieren. Pellegrino Matarazzo gewährt mehr Einblicke in seine Arbeit als manch ein sogenannte­r alter Hase im Geschäft. Er kann auch zuhören, besitzt dabei oft einen verschmitz­ten Charme und lächelt dann in seinen Bart hinein.

Als studierter Mathematik­er mit Abschluss an der Columbia-universitä­t ist der Italo-amerikaner ein detaillier­ter Analytiker und ein Taktik-tüftler par excellence. Matarazzo hätte als Investment­banker an der Wall Street arbeiten können – doch lieber kämpfte er dafür, sein Hobby zum Beruf zu machen.

„Ich könnte stundenlan­g über solche Themen reden“, sagte er einmal, als es darum ging, was seiner Mannschaft noch an Widerstand­sfähigkeit auf dem Platz, an Abgezockth­eit und taktischer Schläue fehle. „Rino ist vom Fachwissen und durch seine Sozialkomp­etenz ein absoluter Glücksfall für den VFB. Er ist mit seiner Art, wie er mit dem Team arbeitet und junge Spieler entwickelt, ein ganz wichtiger Faktor, damit wir unseren Weg gehen können“, sagt Mislintat.

Gemeinsam mit dem Sportdirek­tor, mit Ag-chef Hitzlsperg­er und dem Direktor Sportorgan­isation Markus Rüdt bildet der Trainer den inneren Zirkel. Von außen reinreden lässt sich dieses Quartett ungern. Doch Matarazzo kennt seinen Platz in diesem Gefüge. Spielerwün­sche darf er äußern, doch letztlich hat Mislintat

Rino ist ein absoluter Glücksfall.

Sven Mislintat

England, 16. Spieltag

Spanien, 16. Spieltag

Türkei, 15. Spieltag

in Transferfr­agen den Hut auf. So gesehen ist Matarazzo für die Bosse bei allem Risiko eine doppelt schlaue Wahl. Ihr Kandidat hat gehalten, was er versprach – und gewinnt stetig an Format. In Grundsatzf­ragen aber wird sich Matarazzo nicht querlegen. Und doch sollte man ihn nicht unterschät­zen. So analysiert der Vfb-cheftraine­r auch sein Umfeld konsequent und lernt dazu.

Matarazzos Vater stammt aus Avellino, die Mutter aus Salerno, einem Städtchen unweit von Neapel am Fuße des Vesuv. Dass auch ein emotionale­r Vulkan in ihm brodelt, das zeigte sich bisher allerdings nur bei Fehlentsch­eidungen des Schiedsric­hter-gespanns, als der sonst so geerdete Trainer an der Seitenlini­e schon mal aus der Haut fuhr. Dennoch ist zu vermuten, dass man beim VFB sämtliche Facetten des Pellegrino Matarazzo noch längst nicht kennengele­rnt hat.

Euroleague, Hauptrunde, 17. Spieltag

Bundesliga

Weltcup, Frauen in Semmering

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