Heidenheimer Neue Presse

„Darf ich ihn weiter ausmalen?“

Degenfecht­erin Anja Schünke vom HSB über die Verbindung zu einem feurigen Phönix.

- Ed

Sie ist zurück. Zumindest hat Anja Schünke 2020 wieder trainiert. Auch ihr Sohn Hendrik (10) hat angefangen. Und Töchterche­n Kim (4) möchte auch. Gebürtig stammt Anja Schünke aus Nürnberg, doch mit 14 Jahren kam die Degenfecht­erin ins Fechtinter­nat nach Heidenheim. Es war die Zeit von Ralf Bißdorf und Imke Duplitzer.

Schünke selbst gewann 2003 den Gesamt-weltcup bei den Junioren, bei der Weltmeiste­rschaft wurde sie Fünfte. Nach der Geburt ihres Sohnes feierte sie 2011 ihr erstes sportliche­s Comeback. Und ließ sich ihr erstes Tattoo stechen. Eine Blume auf dem oberen Rücken, als eine Art Zeichen für blühendes Leben, wie sie erklärt. Es war auch eine Zeit, in der sie sich die Frage stellte, ob sie zurück in den Leistungsb­ereich möchte. Schließlic­h hatte sie nicht nur ein kleines Kind, sondern auch ihren Job.

2013 bekam sie allerdings einen Platz in der Sportförde­rgruppe der Bundeswehr und nahm in diesem Jahr an der Weltmeiste­rschaft in Budapest und an der Europameis­terschaft in Zagreb teil. „Ich bin wieder hier“, beschreibt Schünke das damalige Gefühl. „Das war ein persönlich­es Highlight für mich. Schließlic­h habe ich ganz normal gearbeitet.“

Der Druck sei ungemein gewachsen. Schließlic­h stellte sich Schünke selbst Fragen wie „Soll ich den Sport in Vollzeit betreiben?“oder „Bin ich dafür bereit?“. Sie entschied sich bewusst für eine Ausbildung zur chemischte­chnischen Assistenti­n. Heute arbeitet die 35-Jährige bei der Novoplan Gmbh in Aalen, die sich auf Oberfläche­nveredlung spezialisi­ert hat.

Ihr zweites Tattoo aus dem Jahr 2015 stammt aus dieser Phase ihres Lebens: ein Phönix in Flammen, der sich vom rechten Schulterbl­att bis hinunter zum Steißbein zieht. „Tattoos machen schon süchtig. Und ich hatte das Gefühl, dass ich noch nicht fertig bin“, sagt Schünke. Zum einen findet sie den Phönix als Motiv sehr schön. Zum anderen symbolisie­rt dieser auf eine gewisse Weise diese herausford­ernde Zeit. „Wie sagt man doch: Der Phönix steigt aus seiner Asche empor. Also fängt etwas Neues an, wenn etwas vorbei ist“, so Schünke.

An den ersten Termin erinnert sie sich genau: Es lief Rammstein, die Musik der Band hört Schünke auch privat gerne. Nach knapp zehn Stunden in insgesamt vier Sitzungen war der Phönix fertig. „Oben an der Wirbelsäul­e war es nicht so schlimm. Aber am Schulterbl­att und am Steißbein war es schon unangenehm“, sagt die Fechterin. „Aber wenn man das Tattoo möchte, muss man den Schmerz eben auch annehmen.“Für einen Festpreis von 700 Euro wurde der Phönix, dessen rotgelbe Federn das Feuer symbolisie­ren, gestochen.

Zudem soll der Phönix auch eine Art Schutz für die erblühende Blume sein, mit der Schünke zugegebene­rmaßen nicht so zufrieden ist. „Ich bereue das Tattoo nicht. Aber die Blume ist recht unsauber und dunkel geworden.“Sie soll noch etwas verändert werden, dazu sollen weitere, kleinere Blümchen, dazukommen: ein Phönix in einer Blumenland­schaft. So soll aus zwei Tattoos eins werden. Schmunzeln muss Anja Schünke dabei über ihre Tochter Kim, die im Hinblick auf den Phönix fragt: „Darf ich ihn weiter ausmalen?“

Längere Zeit lebte Anja Schünke in Ellwangen, bevor sie nach Aalen zog. Nach der Geburt ihrer Tochter 2016 möchte die 35-Jährige nun ihr zweites sportliche­s Comeback feiern. Natürlich stellt sie sich die Frage: „Willst du dir das wirklich antun?“Allerdings sagt die Degenfecht­erin auch: „Ich habe Lust, an die Grenzen zu kommen.“Somit hat sie ein Ziel vor Augen: Sich für die deutsche Meistersch­aft zu qualifizie­ren.

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Fotos: rp Auch in Farbe: Der Phönix auf dem Rücken von Anja Schünke wurde in knapp zehn Stunden (und vier Sitzungen) gestochen.
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Steht inzwischen, wenn es die Auflagen erlauben, häufiger in der Fechthalle: Anja Schünke.

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