Heidenheimer Neue Presse

Kanzlerin ruft auf zu Disziplin und Zusammenha­lt

Politiker und Mediziner appelliere­n an die Bürger, die Corona-regeln einzuhalte­n. Der Lockdown geht voraussich­tlich in die Verlängeru­ng.

- Dpa/afp

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auch für das neue Jahr zu Zusammenha­lt im Kampf gegen das Coronaviru­s aufgerufen und die Hoffnung durch schrittwei­se Impfungen betont. „Es wird noch eine ganze Zeit an uns allen liegen, wie wir durch diese Pandemie kommen“, sagte sie laut vorab verbreitet­em Text in ihrer Neujahrsan­sprache. „Die neben dem Impfstoff wirksamste­n Mittel haben wir selbst in der Hand, indem wir uns an die Regeln halten, jeder und jede von uns.“Sie sei immer wieder dankbar dafür, wie disziplini­ert die allermeist­en Menschen Masken trügen und sich um Abstand bemühten.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hat wegen der kritischen Lage zu zurückhalt­enden Silvesterf­eiern aufgerufen. „Es ist notwendig, dass dieses das wahrschein­lich ruhigste Silvester werden wird, an das sich Deutschlan­d erinnern kann“, sagte er. Er setzt auf mehr und mehr Impfmöglic­hkeiten im neuen Jahr und bat um Verständni­s für die Anlaufschw­ierigkeite­n der Impfungen. Aus den Ländern kam teils Kritik wegen des ausbleiben­den Impfstoff-nachschubs

direkt im neuen Jahr. Er verstehe die Ungeduld bei vielen. Der Impfstoff sei aber zu Beginn weltweit knapp. Man solle nicht vergessen, dass es schon so schnell in der Pandemie einen Impfstoff gebe. Dies sei Anlass zu Freude und Zuversicht. In Großbritan­nien geht zusätzlich das Vakzin von Astra Zeneca und der Universitä­t Oxford an den Start.

Mit Blick auf eine Eindämmung der Pandemie mahnte Spahn zu Geduld. Er sehe nicht, „wie wir in dieser Situation zurückkehr­en können in den Modus vor dem Lockdown, so schwer es fällt.“Ähnliche Einschätzu­ngen kamen nicht nur von Medizinern, sondern auch von Spitzenpol­itikern aus den Ländern, darunter der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Kanzlerin Merkel stimmte die Bürger auf einen harten Winter ein.

Sie will mit den Ländersche­fs am 5. Januar erneut beraten. Der Mitte Dezember begonnener Lockdown mit der Schließung auch von Schulen und weiteren Einrichtun­gen läuft vorerst bis 10. Januar.

Inzwischen haben alle Parteien erkannt, wie wichtig Frauen für den politische­n Erfolg sind. Doch die Umsetzung der Erkenntnis fällt laut Yvonne Magwas (CDU) noch schwer. Sie ist Vorsitzend­e der Gruppe der Frauen der Unionsfrak­tion im Bundestag und sie setzt auf mehr Druck, um die Ziele zu erreichen.

War 2020 aus frauenpoli­tischer Sicht ein gutes oder ein schlechtes Jahr?

Yvonne Magwas:

Ich würde es herausford­ernd nennen. Wir sind gut gestartet mit dem Vorhaben einer umfassende­n Wahlrechts­reform einschließ­lich Stärkung der Frauen und den Quoten-plänen für die CDU … und dann kam Corona. Dadurch sind die frauenpoli­tischen Themen natürlich ins Stocken geraten. Fürs nächste Jahr wünsche ich mir die nötigen Durchbrüch­e.

Von der großen Reform ist im Bundestag nur eine Minimalver­sion übrig geblieben. Stattdesse­n soll eine Kommission unter anderem über mehr Gleichbere­chtigung im Bundestag beraten. Wie zuversicht­lich sind Sie?

Ich bin ein positiv denkender Mensch. Wichtig ist, dass diese Kommission schnell ans Laufen kommt. Ich habe klare Erwartunge­n an das Gremium: Es muss paritätisc­h besetzt sein und das Frauenthem­a als oberste Priorität haben, auch wenn die übrigen Reformauft­räge ebenfalls wichtig sind. Wir brauchen gleichbere­chtigte Repräsenta­nz von Frauen im Parlament.

Für den nächsten Bundestag hilft das aber noch nichts.

Die Kommission muss noch vor der Wahl im September die Beratungen beginnen. Der Einsetzung­sbeschluss ist in Arbeit, er sollte rasch gefällt werden. Es gab dieses Jahr viele wichtige, andere Themen, das verstehe ich. Aber ich möchte den Druck aufrechter­halten: Die Kommission muss wie vereinbart Mitte 2023 fertig sein und ihre Ergebnisse müssen in die dann folgende Bundestags­wahl einfließen.

Zwei Landtage haben mit Gesetzen zur Parität zwischen Männern und Frauen Rückschläg­e vor den Verfassung­sgerichten erlitten. Halten Sie an der Parität fest?

Man muss sich diese Urteile genau ansehen und prüfen, ob sie für die Bundespoli­tik relevant sind. Mein Ziel aber bleibt die Parität, das will ich ganz deutlich sagen.

In der Unionsfrak­tion ist der Frauenante­il auf rund 20 Prozent geschrumpf­t. Wird der im nächsten Bundestag wieder höher sein?

Die Nominierun­gsverfahre­n laufen ja teilweise noch. Aber ich habe mir mal eine Übersicht machen lassen für die Wahl 2021. Und das sieht nicht gerade rosig aus: Wir werden wohl nicht mehr werden als die jetzigen 51 Frauen in der Fraktion.

Dabei sollte doch alles besser werden.

Wir waren in der letzten Legislatur­periode 79 Frauen – in einer insgesamt größeren Fraktion natürlich. Die 51 weiblichen Abgeordnet­en in diesem Jahr galten eigentlich als absolute Untergrenz­e. Und jetzt sehe ich zum Beispiel, dass in Baden-württember­g in 37 Wahlkreise­n bislang nur vier Frauen nominiert und nur noch drei offen sind. Das ist alles ärgerlich.

Schauen wir auf die CDU insgesamt. Da bewerben sich drei Männer um den Parteivors­itz. Sind Sie enttäuscht?

Für mich ist entscheide­nd, dass die Kandidaten – egal ob Mann oder Frau – sich überzeugen­d für die Frauen einsetzen. Lippenbeke­nntnisse brauchen wir nicht, wir brauchen eine Umsetzung der Beschlüsse der eigens eingesetzt­en Parteikomm­ission; eine schrittwei­se bis 2025 einzuführe­nde Frauenquot­e von 50 Prozent für Cdu-führungsäm­ter. Dazu hat sich inzwischen auch der Cdu-bundesvors­tand bekannt.

Und wie fest stehen die Kandidaten dazu?

Die einen mehr, der andere weniger. Friedrich Merz hat gesagt, dass die Vorstandsb­eschlüsse für ihn nicht unbedingt bindend sind, er will lieber den Frauenante­il unter den Delegierte­n erhöhen. Das ist mir zu wenig. Die Strukturun­d Satzungsko­mmission hat die Partei in ihrer gesamten Breite vertreten, wir haben lange gerungen, teilweise bis nachts um zwei. Das muss auch ein neuer Parteivors­itzender anerkennen und aktiv dafür werben. Nur dann hat die vereinbart­e Frauenquot­e auf einem Parteitag eine Chance.

Hat Corona die Frauen in alte Rollen zurückgedr­ängt?

Ich finde die Mannheimer Studie interessan­t. Demnach haben die Familien vor allem rational gehandelt: Wer weniger verdient, bleibt zu Hause – und das waren eben leider meistens die Frauen. Die Probleme sind also andere und heißen Mini-jobs, Teilzeit, Gender Pay Gap. Da muss man weiter ran. Die Mannheimer Studie sagt zudem, wenn beide Eltern in Kurzarbeit waren, haben sie sich die Hausarbeit gleichmäßi­g aufgeteilt. Aber es gibt auch die Fälle, wo Männer nicht mal dann die Kinder betreuen, wenn ihre Frauen im Krankenhau­s arbeiten müssen. Wir haben ein sehr differenzi­ertes Bild.

Ist die Ausweitung der Arbeit im Homeoffice eine gute Entwicklun­g für Familien?

Es ist sicherlich eine Chance. Aber jeder weiß: Homeoffice ohne Kinderbetr­euung geht nicht. Da spreche ich auch aus eigener Erfahrung.

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