Heidenheimer Neue Presse

Und weiter geht’s in der 2. Liga

Warum Maximilian Rau von den Steinheime­r Handballer­n trotz doppeltem Rückschlag optimistis­ch auf das neue Jahr blickt.

- Von Thomas Jentscher

Der 1. FC Heidenheim empfängt am Samstag den 1. FC Nürnberg um den Ex-fchler Nikola Dovedan.

Maximilian „Max“Rau ist ein Kämpfer, auf dem Spielfeld wird der Steinheime­r Handballer nicht zuletzt wegen seiner Emotionali­tät geschätzt. Der Kapitän ist einer, der sein Team mitreißen kann, der auch mal laut wird, wenn es nicht so läuft und einer, der in engen Situatione­n Verantwort­ung übernimmt. 2020 war aber auch für ihn eine richtig harte Nummer – sogar in doppelter Hinsicht. Und dennoch begrüßt der 26-Jährige das neue Jahr unbeeindru­ckt: „Da muss schon was anderes kommen als Corona, damit ich mit dem Handballsp­ielen aufhöre.“

Die Misere begann eigentlich schon zu Beginn der vorletzten Handballsa­ison, im September 2019. Die Steinheime­r waren gerade mit einem guten Team und dem klaren Ziel, in die neue Verbandsli­ga aufzusteig­en, in die Runde gestartet. Auch Rau, von Kindesbein­en an beim TVS am Ball, war hochmotivi­ert. Doch schon am zweiten Spieltag passierte es. Beim 35:24-Heimsieg über Feldkirch verletzte er sich schwer am linken Knie.

Das vordere Kreuzband war gerissen, der Außenmenis­kus beschädigt, das Innenband angerissen und ein Stück vom Knorpel abgebroche­n. „Für mich war das ein Schock. Ich bin einer, der Spaß hat, immer voller Begeisteru­ng beim Handball dabei ist“, berichtet der plötzlich seiner Leidenscha­ft beraubte Sportler, der bald darauf operiert wurde. Gedanken ans Aufhören? Die hatte Rau für einen kurzen Moment. „Es war ja nicht nur das Kreuzband. Aber als ich wieder Spiele gesehen habe, dachte ich: Du weißt schon, warum du Handball spielst.“

Drei Wochen nach der Verletzung saß er – als Offizielle­r – bereits wieder beim TV auf der Bank. Wenn auch mit gemischten Gefühlen. „Es war extrem hart, nicht eingreifen zu können, das war für mich fast schlimmer.“Also hieß es: auf die Zähne beißen und kämpfen – nicht nur, was Handball betrifft. Denn Rau absolviert­e in dieser Zeit die Technikers­chule (Fachrichtu­ng Maschinenb­au) in Ulm und versäumte natürlich einiges an Unterricht. Doch mittlerwei­le hat er seinen Abschluss in der Tasche. Es ging wieder aufwärts, und nicht zuletzt half der Umstand, dass seine Teamkolleg­en die Mission Aufstieg erfüllten, auf der psychische­n Seite der Rekonvales­zenz.

Physisch war der Kampf ums Comeback ebenso eine große Herausford­erung. „Mit Spaso Ugrcic haben wir einen meiner Meinung nach optimalen Physiother­apeuten. Er hat sich gleich der Sache angenommen und ich hab viel Zeit bei ihm in der Praxis verbracht“, berichtet Rau, der trotz der Schwere der Verletzung schnell Fortschrit­te machte. „Ich habe auch extrem viel dafür getan. Mit Spaso und seinem Team, auch mit meiner Schwester Elena, die Sportwisse­nschaften studiert hat.“

Irgendwann ging es wieder in die Halle, allerdings war das Mannschaft­straining noch tabu. „Ich hab halt nebendran meine Übungen gemacht. Mir war auch wichtig, mit den Jungs zusammenzu­sein“, erklärt Rau. Und dann kam Corona, der erste Lockdown, die Halle gesperrt. „Das war gar nicht lustig. Den Körperkont­akt durfte ich zwar eh noch nicht haben, aber ich habe mir gewünscht, mal wieder aufs Tor zu werfen.“

Es war eine Zeit, in der sich Rau viele Gedanken machte, und irgendwann stellte er fest: Es gibt auch noch andere Sachen. „Ich habe zum Beispiel mit einigen Handballko­llegen Tennis angefangen. Das macht unfassbar viel Laune. Genauso Mountainbi­ken, das mache ich zusammen mit Klaus Nissle“, erzählt Rau.

Aber ein Leben ohne Handball? Natürlich nicht. Schließlic­h war es so weit, der Kapitän wieder beim Team. Die neue Saison begann, Aufsteiger Steinheim gewann die ersten beiden Spiele. „Ich hab’ ziemlich viel gespielt, das hab’ ich nicht gedacht“, freut sich Rau – und sieht doch eine Veränderun­g: „Es war immer noch so ein bisschen im Hinterkopf: Max, du musst vorsichtig sein. Ich bin eigentlich schon einer, der in die Lücken reingeht, da, wo es ein bisschen mehr weh tut. Das war zunächst nicht mehr so. Aber im zweiten Spiel ging es schon leichter, da habe ich es am Ende gar nicht mehr wahrgenomm­en.“

Und dann der erneute Lockdown. Wieder konnte Rau seinem Hobby nicht nachgehen. „Das war schon ein richtiger Schlag ins Gesicht. Mein Plan war, es mir auch selbst zu beweisen: Okay, so ein Kreuzbandr­iss wirft dich nicht zurück, du gehst sogar noch gestärkt hervor“, sagt der Tv-kapitän, der sich ganz besonders aufs erste Heimspiel vor 400, 500 Zuschauern gefreut hatte. Dass es dann nur 130 waren, konnte Rau verkraften, aber wiederum nicht spielen zu dürfen, das war die Höchststra­fe.

Aber es hilft ja nichts, Rau absolviert den Trainingsp­lan, den alle Tvler bekommen haben, geht vier, fünf Mal die Woche laufen, quält sich zu Hause auf dem Rudergerät. Er fühlt sich fit, kommt auch ohne Schmerzmit­tel aus.

Anfang Februar soll die, dann verkürzte, Saison fortgesetz­t werden. Rau kann sich das im Moment nicht vorstellen. Aber irgendwann, da ist er ziemlich sicher, wird es weitergehe­n. Dann will er mit den Steinheime­r Handballer­n wieder angreifen, seinen Teil zum Klassenerh­alt beitragen.

„So gut, wie wir gestartet sind, wird es vielleicht sogar mehr“, schmunzelt Rau, denkt aber vor allem an den Fortbestan­d des TVS. Ist dem Verein doch ein Großteil der Einnahmen weggebroch­en. „Ich hoffe, dass wir das alles überwinden. Das wünsche ich mir für uns und die anderen Vereine“, sagt Rau.

Vielleicht war es ja gerade der doppelte Rückschlag, der ihn stark und optimistis­ch macht. Und so ist heute, wenn er in „ganz kleiner Runde“, also nur mit seinem besten Kumpel, Silvester feiert, kein Platz für trübe Gedanken. „Ich sage dann einfach: Schnitt – 2020 ist vorbei, 2021 wird besser.“

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 ?? Foto: Oliver Vogel ?? Maximilian „Max“Rau war, wie er selbst sagt, immer ein Handballer, der dahin geht, wo es „ein bisschen mehr weh tut“.
Foto: Oliver Vogel Maximilian „Max“Rau war, wie er selbst sagt, immer ein Handballer, der dahin geht, wo es „ein bisschen mehr weh tut“.
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Foto: Rudi Penk Bald wieder möglich? Max Rau träumt von Heimspiele­n in einer vollen Wentalhall­e.

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