Und weiter geht’s in der 2. Liga
Warum Maximilian Rau von den Steinheimer Handballern trotz doppeltem Rückschlag optimistisch auf das neue Jahr blickt.
Der 1. FC Heidenheim empfängt am Samstag den 1. FC Nürnberg um den Ex-fchler Nikola Dovedan.
Maximilian „Max“Rau ist ein Kämpfer, auf dem Spielfeld wird der Steinheimer Handballer nicht zuletzt wegen seiner Emotionalität geschätzt. Der Kapitän ist einer, der sein Team mitreißen kann, der auch mal laut wird, wenn es nicht so läuft und einer, der in engen Situationen Verantwortung übernimmt. 2020 war aber auch für ihn eine richtig harte Nummer – sogar in doppelter Hinsicht. Und dennoch begrüßt der 26-Jährige das neue Jahr unbeeindruckt: „Da muss schon was anderes kommen als Corona, damit ich mit dem Handballspielen aufhöre.“
Die Misere begann eigentlich schon zu Beginn der vorletzten Handballsaison, im September 2019. Die Steinheimer waren gerade mit einem guten Team und dem klaren Ziel, in die neue Verbandsliga aufzusteigen, in die Runde gestartet. Auch Rau, von Kindesbeinen an beim TVS am Ball, war hochmotiviert. Doch schon am zweiten Spieltag passierte es. Beim 35:24-Heimsieg über Feldkirch verletzte er sich schwer am linken Knie.
Das vordere Kreuzband war gerissen, der Außenmeniskus beschädigt, das Innenband angerissen und ein Stück vom Knorpel abgebrochen. „Für mich war das ein Schock. Ich bin einer, der Spaß hat, immer voller Begeisterung beim Handball dabei ist“, berichtet der plötzlich seiner Leidenschaft beraubte Sportler, der bald darauf operiert wurde. Gedanken ans Aufhören? Die hatte Rau für einen kurzen Moment. „Es war ja nicht nur das Kreuzband. Aber als ich wieder Spiele gesehen habe, dachte ich: Du weißt schon, warum du Handball spielst.“
Drei Wochen nach der Verletzung saß er – als Offizieller – bereits wieder beim TV auf der Bank. Wenn auch mit gemischten Gefühlen. „Es war extrem hart, nicht eingreifen zu können, das war für mich fast schlimmer.“Also hieß es: auf die Zähne beißen und kämpfen – nicht nur, was Handball betrifft. Denn Rau absolvierte in dieser Zeit die Technikerschule (Fachrichtung Maschinenbau) in Ulm und versäumte natürlich einiges an Unterricht. Doch mittlerweile hat er seinen Abschluss in der Tasche. Es ging wieder aufwärts, und nicht zuletzt half der Umstand, dass seine Teamkollegen die Mission Aufstieg erfüllten, auf der psychischen Seite der Rekonvaleszenz.
Physisch war der Kampf ums Comeback ebenso eine große Herausforderung. „Mit Spaso Ugrcic haben wir einen meiner Meinung nach optimalen Physiotherapeuten. Er hat sich gleich der Sache angenommen und ich hab viel Zeit bei ihm in der Praxis verbracht“, berichtet Rau, der trotz der Schwere der Verletzung schnell Fortschritte machte. „Ich habe auch extrem viel dafür getan. Mit Spaso und seinem Team, auch mit meiner Schwester Elena, die Sportwissenschaften studiert hat.“
Irgendwann ging es wieder in die Halle, allerdings war das Mannschaftstraining noch tabu. „Ich hab halt nebendran meine Übungen gemacht. Mir war auch wichtig, mit den Jungs zusammenzusein“, erklärt Rau. Und dann kam Corona, der erste Lockdown, die Halle gesperrt. „Das war gar nicht lustig. Den Körperkontakt durfte ich zwar eh noch nicht haben, aber ich habe mir gewünscht, mal wieder aufs Tor zu werfen.“
Es war eine Zeit, in der sich Rau viele Gedanken machte, und irgendwann stellte er fest: Es gibt auch noch andere Sachen. „Ich habe zum Beispiel mit einigen Handballkollegen Tennis angefangen. Das macht unfassbar viel Laune. Genauso Mountainbiken, das mache ich zusammen mit Klaus Nissle“, erzählt Rau.
Aber ein Leben ohne Handball? Natürlich nicht. Schließlich war es so weit, der Kapitän wieder beim Team. Die neue Saison begann, Aufsteiger Steinheim gewann die ersten beiden Spiele. „Ich hab’ ziemlich viel gespielt, das hab’ ich nicht gedacht“, freut sich Rau – und sieht doch eine Veränderung: „Es war immer noch so ein bisschen im Hinterkopf: Max, du musst vorsichtig sein. Ich bin eigentlich schon einer, der in die Lücken reingeht, da, wo es ein bisschen mehr weh tut. Das war zunächst nicht mehr so. Aber im zweiten Spiel ging es schon leichter, da habe ich es am Ende gar nicht mehr wahrgenommen.“
Und dann der erneute Lockdown. Wieder konnte Rau seinem Hobby nicht nachgehen. „Das war schon ein richtiger Schlag ins Gesicht. Mein Plan war, es mir auch selbst zu beweisen: Okay, so ein Kreuzbandriss wirft dich nicht zurück, du gehst sogar noch gestärkt hervor“, sagt der Tv-kapitän, der sich ganz besonders aufs erste Heimspiel vor 400, 500 Zuschauern gefreut hatte. Dass es dann nur 130 waren, konnte Rau verkraften, aber wiederum nicht spielen zu dürfen, das war die Höchststrafe.
Aber es hilft ja nichts, Rau absolviert den Trainingsplan, den alle Tvler bekommen haben, geht vier, fünf Mal die Woche laufen, quält sich zu Hause auf dem Rudergerät. Er fühlt sich fit, kommt auch ohne Schmerzmittel aus.
Anfang Februar soll die, dann verkürzte, Saison fortgesetzt werden. Rau kann sich das im Moment nicht vorstellen. Aber irgendwann, da ist er ziemlich sicher, wird es weitergehen. Dann will er mit den Steinheimer Handballern wieder angreifen, seinen Teil zum Klassenerhalt beitragen.
„So gut, wie wir gestartet sind, wird es vielleicht sogar mehr“, schmunzelt Rau, denkt aber vor allem an den Fortbestand des TVS. Ist dem Verein doch ein Großteil der Einnahmen weggebrochen. „Ich hoffe, dass wir das alles überwinden. Das wünsche ich mir für uns und die anderen Vereine“, sagt Rau.
Vielleicht war es ja gerade der doppelte Rückschlag, der ihn stark und optimistisch macht. Und so ist heute, wenn er in „ganz kleiner Runde“, also nur mit seinem besten Kumpel, Silvester feiert, kein Platz für trübe Gedanken. „Ich sage dann einfach: Schnitt – 2020 ist vorbei, 2021 wird besser.“