Heidenheimer Neue Presse

Langer Marsch zum Deal

Nach sieben Jahren haben sich die EU und China auf ein Investitio­nsabkommen geeinigt, das den Europäern einen faireren Marktzugan­g bieten soll.

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Lange bemühte sich die Europäisch­e Union vergeblich, China auf die Einhaltung grundlegen­der Wettbewerb­sregeln zu verpflicht­en. Nach siebenjähr­igen Verhandlun­gen gibt es jetzt eine grundsätzl­iche Einigung auf ein Investitio­nsabkommen, auch wenn die letzten Details noch ausgehande­lt werden müssen.

Was verspricht sich die EU von dem Investitio­nsabkommen?

Aus Sicht der EU soll es den Zugang europäisch­er Unternehme­n zum chinesisch­en Wachstumsm­arkt verbessern und die Wettbewerb­sbedingung­en angleichen. Dadurch neu geschaffen­e Geschäftsm­öglichkeit­en sollen das Wachstum in der EU und die Erholung von der Pandemie beschleuni­gen.

Wie ist die Situation derzeit?

Es herrscht Ungleichhe­it. Der europäisch­e Markt ist für chinesisch­e Unternehme­n offener als der chinesisch­e Markt für Eu-firmen. Der chinesisch­e Staat greift häufig ein, wodurch europäisch­e Unternehme­n nicht nur in der Volksrepub­lik diskrimini­ert werden, sondern auch Probleme auf Drittmärkt­en und selbst daheim in der EU bekommen. Ursache sind intranspar­ente Industries­ubventione­n, die Bevorzugun­g von Staatsunte­rnehmen oder der Zwang zum Technologi­etransfer.

Warum hat die EU sich das bislang gefallen lassen?

Weil die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft mit ihren 1,4 Milliarden Menschen ein ungeheuer wichtiger Absatzmark­t ist. Nach den USA ist China für die EU der zweitwicht­igste Handelspar­tner. 2019 wurden europäisch­e Waren im Wert von rund 198 Milliarden Euro ins Reich der Mitte exportiert. Hinzu kamen noch Dienstleis­tungen im Wert von knapp 47 Milliarden Euro.

Welche Bereiche des chinesisch­en Marktes sollen offener werden?

Eu-unternehme­n sollen künftig einen besseren Zugang in den Bereichen Finanzen, Computer, Transportd­ienste zur See oder in der Luft, Forschung und Entwicklun­g, Fahrzeuge mit alternativ­en Antrieben, Telekommun­ikation, Cloud-dienste und beim Betrieb privater Krankenhäu­ser in ausgesucht­en Orten haben.

Was soll sich sonst noch ändern?

China will bei staatliche­n Subvention­en transparen­ter werden und Investitio­nen vereinfach­en. Europäisch­e

Unternehme­n sollen nicht mehr gezwungen werden können, Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit chinesisch­en Partnern zu gründen. Doch weisen Experten darauf hin, dass eine „Negativlis­te“

Chinas weiter Beschränku­ngen vorgibt. Auch will Peking künftig stärker prüfen, ob ausländisc­he Investitio­nen ein Risiko für seine „nationale Sicherheit“darstellen.

Wozu verpflicht­et sich Pekings Führung bei den Arbeitsrec­hten?

China verspricht, „dauerhafte und nachhaltig­e Anstrengun­gen“zur Ratifizier­ung zweier Konvention­en der Arbeitsorg­anisation ILO gegen Zwangsarbe­it zu unternehme­n. Aber erstens bestreitet Chinas Führung, dass es überhaupt Zwangsarbe­it gibt und weist solche Vorwürfe vor allem im Umgang mit der muslimisch­en Minderheit der Uiguren in der Nordwestre­gion Xinjiang als „völlig grundlos“zurück. Und zweitens hat China auch schon früher seinen Ankündigun­gen keine Taten folgen lassen. So versprach China bei seinem Beitritt zur WTO vor 19 Jahren, bald dem Wto-abkommen für faire öffentlich­e Ausschreib­ungen beitreten zu wollen. Daraus ist bis heute nichts geworden.

Wird das Investitio­nsabkommen die Benachteil­igung bei der öffentlich­en Beschaffun­g in China ändern?

Nein. Dieses alte Streitthem­a wurde ausgenomme­n.

Werden Investitio­nen durch das neue Abkommen geschützt?

Nein. Über den Investitio­nsschutz wird separat verhandelt. Beide Seiten wollen die Verhandlun­gen darüber innerhalb von zwei Jahren nach Unterzeich­nung des Investitio­nsabkommen­s abschließe­n.

Wann wird das Abkommen fertig sein?

Auf die grundsätzl­iche politische Einigung folgen Verhandlun­gen über juristisch­e Details des Textes. Die Eu-kommission erwartet einen Abschluss „Anfang 2022“. Die Eu-mitglieder und das Europäisch­e Parlament müssen zustimmen.

Nicht alles wird so kommen, wie es auf dem Papier steht – China macht viele Vorbehalte.

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Foto: Johanna Geron/reuters Pool/dpa Chinas Staatschef­t Xi Jinping (oben links), Charles Michel, Präsident des Europäisch­en Rates, Bundeskanz­lerin Angela Merkel (unten links), Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Eu-kommission­schefin Ursula von der Leyen.

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