Heidenheimer Neue Presse

Schroffe Ansage oder Kuschelkul­tur?

Berufswelt

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Jeden Tag hagelt es schroffe Ansagen. Ergebnisse werden aus Prinzip harsch kritisiert, Kolleginne­n und Kollegen am liebsten vor versammelt­er Mannschaft bloßgestel­lt. Und überhaupt: nicht geschimpft ist genug gelobt! Ein solches Kommunikat­ionsklima im Job ist für viele Mitarbeite­r belastend und nicht motivieren­d.

Was hilft, wenn sich ein barscher Ton im Team oder Unternehme­n erstmal eingebürge­rt hat? Zunächst einmal gilt: Es gebe nicht den einen Kommunikat­ionsstil, der für alle immer und überall passt, sagt die Karrierebe­raterin Pamela Grüninger. Gewisse Grundregel­n sollten aber in jedem Unternehme­n zum Standard gehören. Das seien neben Integrität: – präzise formuliere­n: Inhalte sollten sachlich dargestell­t werden und somit klar verständli­ch sein. – Ziele vor Augen haben: Es sollte immer klar sein, was mit bestimmten Arbeitsauf­trägen erreicht werden soll, wann und in welcher Form sie erledigt sein sollen. – Wertschätz­ung: Das Gegenüber sollte sich auch bei Kritik nicht persönlich angegriffe­n fühlen. – Transparen­z: Erklären, warum etwas besondere Priorität hat.

„Man sollte nicht mit dem Zeigefinge­r auf das Gegenüber zeigen“, betont Grüninger. „Das heißt: Man sendet Ich- statt Du-botschafte­n.“

Antje Hüfner, Coach für Kommunikat­ion und Karriere, betont: „Auch Kritik muss möglich sein, ein Hochleistu­ngsteam kann keine Kuschelkul­tur haben.“Deshalb sollten Teams genau besprechen, was sie als konstrukti­ve Kritik und was als rauen Ton empfinden. Eine Regel, die laut Hüfner überall gelten sollte: „Wir reden hier miteinande­r, nicht übereinand­er.“

Außerdem sollte man festlegen, dass Kritik sich nicht auf die Person bezieht, konkret sein sollte und möglichst zeitnah geäußert werden sollte.

Bei der Festlegung gemeinsame­r Standards sollte man auch immer das besprechen, was im eigenen Team eine Rolle spielt.

Wenn es manchen Kollegen zum Beispiel schwerfäll­t, am Morgen zu grüßen und anderen das sehr wichtig ist, sollte man auch das in den gemeinsame­n Standards festhalten, wie Hüfner empfiehlt. Wer solche Regeln definiert hat, sollte unbedingt den Prozess kontrollie­ren: „Am besten spricht man nach vier Wochen noch einmal darüber – was soll weitergefü­hrt und was geändert werden?“

Als Mitarbeite­r sollte man sich bewusst darüber sein, dass man selbst Impulse setzen und Dinge ansprechen kann, betont Grüninger. „Man muss nicht auf jede Art und Weise mit sich reden lassen, auch nicht, wenn es der Chef ist.“Wenn sich trotz Standards, Gesprächen und eigenen Impulsen nichts ändert, sollte sich die oder der Betreffend­e überlegen, ob er oder sie in so einem Umfeld arbeiten möchte.

Hüfner rät, auf bestimmte Punkte schon beim Einstellun­gsgespräch zu achten: Wie reden die Mitarbeite­r untereinan­der? Wie geht man mit jemandem um, der in einen Raum kommt? Außerdem kann man auch gezielt nach der Gesprächsk­ultur fragen und seine Erwartunge­n besprechen. „In Bewerbungs­prozessen geht es noch immer zu sehr um Fachkompet­enz“, findet Hüfner. „Menschlich­e Aspekte werden vernachläs­sigt.“

Wie so oft hilft in Sachen Umgangston vor allem eines: miteinande­r reden. „Es gibt nichts Besseres als ein ungutes Gefühl durch Offenheit zu beseitigen und zu klären“, findet Hüfner. Wem der Ton von einzelnen Kolleginne­n oder Kollegen nicht recht ist, der sollte das offen ansprechen. Man kann versuchen, das untereinan­der zu klären. „Wenn das schwer ist, sollte man die Führungskr­aft hinzuziehe­n.“

Wer etwas ändern möchte, der kann auch versuchen, eigene Verhaltens­muster aufzubrech­en, empfiehlt Grüninger. Wer zum Beispiel einen Vorgesetzt­en hat, der oft laut wird, sollte überlegen: Wie reagiere ich darauf ? Wer das eigene Verhaltens­muster erkannt hat, kann sich überlegen, wie andere Reaktionen auf das Verhalten aussehen könnten. Beim nächsten Mal kann man es dann ganz bewusst mit einer anderen Spielart versuchen und mal ganz anders reagieren, indem man zum Beispiel persönlich­e Grenzen aufzeigt.

 ?? Foto: Christin Klose/dpa-tmn ?? Miteinande­r reden, nicht übereinand­er: Ungute Gefühle unter Kollegen werden am besten durch Offenheit beseitigt. Dazu sollte jeder Einzelne sein eigenes Verhalten hinterfrag­en.
Foto: Christin Klose/dpa-tmn Miteinande­r reden, nicht übereinand­er: Ungute Gefühle unter Kollegen werden am besten durch Offenheit beseitigt. Dazu sollte jeder Einzelne sein eigenes Verhalten hinterfrag­en.

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