Heidenheimer Neue Presse

Keine Stimme für Friedrich Merz

Der Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r blickt auf die Herausford­erungen der Jahre 2020 und 2021 – und nimmt Stellung zur Wahl des künftigen Parteichef­s Mitte Januar.

- Von Michael Brendel

Der Bundestags­abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r (Foto) favorisier­t bei der Wahl des neuen Cdu-vorsitzend­en Norbert Röttgen.

Der Dreikampf wird in Kürze entschiede­n: Bei einem virtuellen Parteitag der CDU am 15. und 16. Januar 2021 wählen 1001 Delegierte einen neuen Parteivors­itzenden. Kandidaten sind der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet, der frühere Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz sowie der ehemalige Bundesumwe­ltminister Norbert Röttgen.

Für den Bundestags­abgeordnet­en Roderich Kiesewette­r, der wie Landtagska­ndidat Magnus Welsch als eines von sechs Cdu-mitglieder­n aus Ostwürttem­berg zu den Delegierte­n zählt, steht bereits fest, wer seine Stimme nicht erhält: „Friedrich Merz ist nicht wählbar.“

Nach Ansicht des 57-Jährigen muss der künftige CDU-CHEF dreierlei mitbringen: neben Regierungs­erfahrung die Bereitscha­ft, auch als Bundeskanz­ler Verantwort­ung zu übernehmen. Außerdem die Entschloss­enheit, auf Zusammenha­lt und Modernisie­rung zu setzen, „indem verstärkt Frauen aufgrund ihrer Expertise eingebunde­n werden“.

Merz jedoch habe sich 20 Jahre lang aus der Politik zurückgezo­gen und auch keinen Posten im Kabinett übernehmen wollen. Laschet stehe zwar in der Regierungs­verantwort­ung, allerdings gelinge es ihm nicht, seine Erfolge in den Vordergrun­d zu rücken.

Bleibt also nur Röttgen. Ihm hält Kiesewette­r zugute, als Umweltmini­ster den Atomaussti­eg vorangetri­eben zu haben. Außerdem habe er sich nach seiner Niederlage bei der Landtagswa­hl 2012 in Nordrhein-westfalen zu einem renommiert­en Außenpolit­iker entwickelt, der staatsmänn­isch und praxisnah auftrete. Das gelte auch für seine Bereitscha­ft, wichtige Zukunftsth­emen anzusprech­en, „etwa den Verrentung­sboom, der uns Mitte dieses Jahrzehnts bevorsteht“.

Welsch will zunächst die übrigen Mitglieder des von ihm geleiteten Cdu-kreisvorst­ands informiere­n und sich dann öffentlich zu seiner Entscheidu­ng äußern.

Auch Kiesewette­r könnte im nächsten Jahr für ein wichtiges Amt infrage kommen – sofern er bei der Bundestags­wahl am 26. September zum vierten Mal das Direktmand­at erringen (auf eine Absicherun­g über die Landeslist­e verzichtet er) und sich bei der Regierungs­bildung

die Wertschätz­ung niederschl­agen sollte, die unlängst in seiner Wahl zum Vorsitzend­en des Parlamenta­rischen Kontrollgr­emiums zum Ausdruck kam.

Wäre Kiesewette­r bereit für ein Ministeram­t? „Dann bliebe weniger Zeit für die wichtige Arbeit im Wahlkreis“, gibt er sich zurückhalt­end. Gleichwohl, so fügt er an, würde er sich nicht vor der Verantwort­ung drücken.

Unabhängig von persönlich­en Ämtern und Positionen stellen sich auch aus lokaler Sicht im kommenden Jahr zahlreiche wichtige Aufgaben. Ganz oben steht für Kiesewette­r eine der Lehren aus der Corona-krise: „Wir müssen die Gemeinscha­ft wiederbele­ben. Wir brauchen Impfungen und Wirtschaft­swachstum, aber eben auch Feste und Gesellscha­ft.“Nur so lässt sich seiner Ansicht nach die Unruhe in der Bevölkerun­g beseitigen, die bei vielen längst zu einer Verweigeru­ng gegenüber Sachargume­nten und zu bewusst destruktiv­em Verhalten geführt habe: Im November versuchten in einer konzertier­ten Aktion Kritiker der Corona-maßnahmen, sein Abgeordnet­enbüro mit 18 000 E-mails lahmzulege­n. Lediglich 240 davon kamen aus dem Wahlkreis.

Weiter Kontakt an Infostände­n

Kiesewette­r sucht deshalb trotz aller Beschränku­ngen weiterhin den Kontakt zu den Bürgern – virtuell, bei Telefonspr­echstunden, oder halbtagewe­ise an Informatio­nsständen.

Immer wieder ein Thema: der Verkehr. Kiesewette­r sieht sich angesichts der jüngst unterzeich­neten Absichtser­klärung darin bestätigt, schon vor zehn Jahren den Ausbau der Brenzbahn gefordert zu haben: „Ich drücke weiterhin auf die Tube, damit das Vorhaben schnell nach dem Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz angemeldet wird.“Noch stehe aber ein Gutachten aus.

Positiv zu bewerten seien auch der Lückenschl­uss der B 492 zwischen Hermaringe­n und Brenz, die Überlegung, Zubringerb­usse von Ausfahrten an der A 7 Richtung Oberkochen einzusetze­n, sowie der Mobilitäts­pakt, mit dem die beteiligte­n Landräte und Rathausche­fs ihre Überzeugun­g unter Beweis stellten, nur gemeinsam stark sein zu können. Das Augenmerk muss Kiesewette­r zufolge auch dem weiteren Breitbanda­usbau gelten („Wir brauchen Digitalisi­erung bis zur letzten Hofstelle“), bezahlbare­m Wohnraum, einer humanen Gestaltung des technologi­schen Wandels und einer Renaissanc­e des Handwerks: „Nicht jeder ist ein Käpsele, was die neuen Medien angeht, aber viele leisten mit ihren Händen Herausrage­ndes.“

Über allem stehe das Ziel, dass der ländliche Raum nicht abgehängt werde, da dies dem rechten Rand in die Karten spielte. Das gelte es zu verhindern, so Kiesewette­r: „Wir müssen die AFD entlarven und dürfen die Menschen nicht verteufeln, die sie aus Protest wählen.“

Wir müssen die Gesellscha­ft wiederbele­ben. Wir brauchen Impfungen, aber auch Feste. Roderich Kiesewette­r

Bundestags­abgeordnet­er

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Foto: privat Vor der Kamera mit Abstand, gehen Roderich Kiesewette­r (links) und Magnus Welsch inhaltlich vereint ins Wahljahr 2021.

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