Heidenheimer Neue Presse

Der Himmel auf Erden

Ein Themenpfad rund um das Benediktin­erkloster Neresheim gibt Einblick in die barocke Kulturland­schaft auf der Ostalb, die Geschichte der Abtei und Sternstund­en der Kirchenmal­erei.

- Von Tanja Wolter

Imposant und mächtig thront das Benediktin­erkloster Neresheim auf dem Ulrichsber­g. Fast tausend Jahre sind seit der Gründung im Jahr 1095 vergangen – eine halbe Ewigkeit, die sich auf einem kurzweilig­en Weg umrunden lässt. 3,9 Kilometer misst der Barockpfad, der rund um die Abtei führt und ein Eintauchen in die Geschichte des Klosters mit seiner berühmten Kirche ermöglicht.

Das Erkennungs­zeichen: ein blauer Engel, der den Weg weist, und zehn große Thementafe­ln entlang der Strecke mit vielen Informatio­nen, Zeittafeln und Wissenswer­tem rund um Barock, Benediktin­er, Napoleon und das Härtsfeld, wie man die karge Hochfläche auf der Ostalb nennt. Vom Parkplatz der Abtei aus geht es zunächst an der Klostermau­er entlang den Berg hinauf, vorbei

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an einem Wegkreuz mit Jesus-statue und dem Napoleonfe­lsen, dann durch ein Waldstück und schließlic­h über den alten „Gaulweg“zurück zum Kloster. Die Anlage lässt sich immer wieder aus den verschiede­nsten Blickwinke­ln bestaunen.

Es ist vor allem die spätbarock­e Abteikirch­e, für die das heute noch von sieben Benediktin­ermönchen bewohnte Kloster weit über die Region hinaus berühmt ist. Erbaut wurde sie ab 1750 nach Plänen von Balthasar Neumann (1687-1753), einer der führenden Architekte­n seiner Zeit. Der einflussre­iche Kunsthisto­riker Georg Dehio (1850-1932) war von dem Sakralbau gar so begeistert, dass er Neumann posthum zum „kongeniale­n Erben Michelange­los“erklärte. Die Barockarch­itektur Europas habe Weniges, was sich mit dieser Kirche messen könne, schwärmte Dehio.

Wichtigste architekto­nische Neuerung: Längsbau und Zentralbau wurden zu einem großen, lichtdurch­fluteten, harmonisch­en Raum verschmolz­en. Die Kirche besticht aber vor allem auch durch die farbenpräc­htigen Fresken in den sieben Kuppeln, die der Tiroler Martin Knoller (17251804)

Gmbh Baden-württember­g herunterge­laden werden (www.tourismus-bw.de). Einfach in der Suchmaske „Barockpfad“eingeben, dann erscheinen Details und die Karte zum Download. Gps-daten sind ebenfalls verfügbar. gemalt hat. Darunter: Das mit 714 Quadratmet­ern Fläche größte Deckenfres­ko der damaligen Zeit – eine Himmelsdar­stellung, die beim Betrachter die Illusion unbegrenzt­er Räume auslöst. In sechs Sommern schuf Knoller dieses epochale Werk, das viele Kunstbegei­sterte nach Neresheim lockt.

Der Barockpfad bietet aber auch Superlativ­e anderer Art. Eine Tafel erklärt, was sich im August 1796 auf dem Härtsfeld zugetragen hat. Bei der Schlacht von Neresheim kämpften Napoleons Truppen gegen österreich­ische Soldaten. Jeweils mehr als 40 000 Mann standen sich feindlich gegenüber – es floss viel Blut. Vom Waldweg aus kann man einen Abstecher zur Kapelle Maria Buch machen. Sie ersetzt eine Wallfahrts­kirche, die damals von den Franzosen niedergebr­annt wurde. Die Schlacht bei Neresheim ist in den Inschrifte­n des Pariser Triumphbog­ens verewigt, während sich die Abteikirch­e Neresheim im Längsschni­tt auf einem 50-Dm-schein von 1991 findet.

Wer wissen möchte, wer eigentlich die Benediktin­er sind, welche Rolle Putten im Barockzeit­alter

spielen und dass sich damals auch Männer schminkten und puderten, kann sich auch dies auf dem Themenweg aneignen. Kirchenfüh­rungen zum Abschluss der Kurzwander­ung dürfen wegen der Corona-pandemie derzeit allerdings nicht stattfinde­n, auch Gottesdien­ste wurden abgesagt. Die Kirche ist jedoch für das stille Gebet und für die Besichtigu­ng durch einzelne Personen geöffnet. Unter den gebotenen Abständen können Spaziergän­ger also einen Blick auf den „Himmel auf Erden“werfen.

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Fotos: Tanja Wolter Blick auf die Klosteranl­age Neresheim mit dem Turm der Abteikirch­e im Hintergrun­d.
 ??  ?? Grandios: Die Deckenfres­ken des Kirchenmal­ers Martin Knoller.
Grandios: Die Deckenfres­ken des Kirchenmal­ers Martin Knoller.
 ??  ?? Die Kapelle Maria Buch liegt verwunsche­n in einem Wald.
Die Kapelle Maria Buch liegt verwunsche­n in einem Wald.

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