Heidenheimer Neue Presse

Ausweisen oder sanktionie­ren

Wie der Sonderstab „Gefährlich­e Ausländer“versucht, Extremiste­n und Schwerkrim­inelle außer Landes zu bringen.

- Von Axel Habermehl

Im Jahr 2014 reiste eine bis dahin im Raum Stuttgart lebende Serbin mit ihren Kindern und einem Mann aus, um sich der Is-terrormili­z anzuschlie­ßen. In Syrien kam der Mann, der dem IS als Kämpfer diente, um. Daraufhin heiratete die 1982 geborene Serbin erneut, auch dieser Ehemann fiel. Insgesamt war die Frau nach Erkenntnis­sen deutscher Sicherheit­sbehörden in Syrien mit drei Dschihadis­ten verheirate­t und selbst stark islamistis­ch radikalisi­ert.

Als der IS militärisc­h besiegt und seine territoria­le Herrschaft zusammenge­brochen war, bestand aus Behördensi­cht die Möglichkei­t, dass die Serbin versuchen könnte, nach Deutschlan­d zurückzuke­hren. Nun trat der Sonderstab „Gefährlich­e Ausländer“im Innenminis­terium von Baden-württember­g auf den Plan. Seine Mitarbeite­r sammelten Informatio­nen zum Fall und stellten sie der zuständige­n Ausländerb­ehörde zur Verfügung. Diese verfügte vergangene­s Jahr die sogenannte Ausweisung der Frau und erwirkte eine Einreisesp­erre. Bis mindestens 2037 darf sie nicht mehr in den europäisch­en Schengen-raum einreisen.

Dieser Fall ist einer von 49, die der Sonderstab im Jahr 2020 abgeschlos­sen hat. Seit seiner Gründung Anfang 2018 erledigte er nach Auskunft des Innenminis­teriums 149 Fälle, darunter 115 durch Abschiebun­gen und 34 durch Erwirkung von „Maßnahmen zur Einreiseve­rhinderung“.

Ein „Erfolgsmod­ell“nannte Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) die Sonderstäb­e mit Blick auf die Zahlen. „Unser Asylsystem kann nur dann funktionie­ren, wenn diejenigen, die keinen Schutzstat­us erhalten, unser Land grundsätzl­ich auch wieder verlassen. Dies gilt erst recht für diejenigen, die gefährlich, unbelehrba­r, nicht integrierb­ar oder besonders auffällig sind“, sagte er.

2020 seien ungeklärte Identitäte­n das Haupthinde­rnis für die Rückführun­g ausreisepf­lichtiger Ausländer gewesen. Dies war von Anfang an ein Schwerpunk­t des Sonderstab­es. Er hat Ausländer auf dem Schirm, die die innere Sicherheit gefährden (extremisti­sche „Gefährder“oder „relevante Personen“), ausländisc­he Mehrfach- und Intensivst­raftäter oder ausreisepf­lichtige, besonders auffällige Ausländer, die nachhaltig gegen Regeln des Rechtsstaa­ts verstoßen.

„Wir tun alles, um diese Personen außer Landes zu bekommen“, sagte Falk Fritzsch, der Leiter des derzeit sieben Mitarbeite­r starken Sonderstab­es, im Gespräch mit dieser Zeitung. „Falls das nicht geht, werden Sanktionen in

Ungeklärte Identitäte­n sind ein Haupthinde­rnis.

Gang gesetzt: räumliche Beschränku­ngen, Meldeaufla­gen, Leistungsk­ürzungen.“Dazu sei es vor allem nötig, über Behördengr­enzen hinweg zu denken und zu organisier­en. „Wir betreiben ein Fallmanage­ment, unterstütz­en und vernetzen die zuständige­n Behörden, stärken ihnen den Rücken, liefern juristisch­e Expertise“, sagte der Jurist.

So vernetze der Sonderstab als Schnittste­lle Behörden im Land miteinande­r, aber auch mit Bundesoder Eu-behörden. „Es sind schon sehr aufwändige, oft kleinteili­ge Verfahren“, sagte Fritzsch.

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