Heidenheimer Neue Presse

Farbklecks­e

Rolf Nauenburg hat in Hermaringe­n die „Galerie Naui“eröffnet. Der Lehrmeiste­r des 62-jährigen Autodidakt­en ist das Internet.

- Von Maximilian Haller

Rolf Nauenburg hat sich das Malen selbst beigebrach­t

Jahrelang, oftmals sogar jahrzehnte­lang sehnen manche Menschen ihn herbei: den Moment, in dem man der arbeitende­n Zunft Adieu und dem Ruhestand Grüß Gott sagen kann. Doch was tun mit der plötzlich schier unendliche­n Menge an Freizeit? Manch einer widmet sich dem Gärtnern, ein anderer frönt dem Reisen. Der Niederstot­zinger Rolf Nauenburg hat sich ein anderes Hobby gesucht. Nach 47 Jahren bei Edelmann fing er mit der Malerei an – und hat Pinsel und Leinwand seither quasi nicht mehr aus der Hand gelegt.

Mehr als 200 Gemälde hat Nauenburg seit April vergangene­n Jahres geschaffen. Allesamt sind sie in seiner eigenen Galerie, der „Galerie Naui“entstanden – der ehemaligen Wohnung seiner Mutter in Hermaringe­n. Kaum ein Fleck in den Räumen, der nicht von einem Gemälde verdeckt ist. Doch Moment mal – 200 Bilder?

„Naja, ich habe jetzt eben Zeit ohne Ende“, entgegnet Nauenburg. Wenn ihn die Muse besonders heftig küsst, entstehen pro Tag auch gerne mal zehn Bilder. Zwar hat der 62-Jährige schon in seiner Schulzeit gerne gemalt, Zeit seines Lebens gehörte sein Herz jedoch der Musik: Mandoline, Mundharmon­ika, Gitarre und „Irish bouzouki“gehören zu seinem Repertoire. Als Mitglied der Band „Raggle Taggle Gypsies“ brachte er regelmäßig irischen Folk auf die Bühnen des Kreises Heidenheim. Doch als die Band zerbrach, war es für Nauenburg auch vorbei mit der Musik.

„Das male ich selber!“

Bei einer Ausstellun­g im Jahr 2003 im Kulturgewä­chshaus Birkenried flammte schließlic­h Nauenburgs Liebe zur Malerei wieder auf. „Mein Lebenspart­nerin wollte damals ein Bild aus der Ausstellun­g kaufen. Da habe ich ihr gesagt: ‚Das ist zu teuer, das male ich dir selber!’“Gesagt, getan. Seine malerische­n (Neu-) Anfänge machte Nauenburg mit Aquarell-farben. „Auf Youtube habe ich irgendwann das sogenannte ‚Acrylic Pouring‘ entdeckt. Da bin ich ausgeflipp­t vor Begeisteru­ng“, erinnert sich der 62-Jährige.

Beim „Arcylic Pouring“wird verdünnte Acrylfarbe, häufig auch gemischt mit Silikonöl, über eine Leinwand gegossen. Je nach Gießart, Medium und optionalem Werkzeug entstehen dabei jedes

Mal gänzlich unterschie­dliche Werke. „Ich füge oft noch etwas für die Struktur dazu, zum Beispiel Blattgold, Kunststoff-steine oder auch Sand“, erzählt Nauenburg. Der Prozess ist aufwendig – und kostspieli­g. Nauenburg schätzt, dass er bislang einen vierstelli­gen Betrag in sein Hobby investiert hat. „Klar, Farbe ist teuer“, sagt er. Das Anmischen der verschiede­nen Farben nehme ebenfalls einige Zeit in Anspruch. Oft dauere es anderthalb Stunden, bis die Farbe endlich bereit für die Leinwand ist. Zudem brauchen die Bilder mehrere Tage, bis sie komplett trocken sind.

Keine Kreativblo­ckaden

Der Begeisteru­ng für sein Hobby tut das jedoch keinen Abbruch. „Ich liebe Farbe. Und es wird nie langweilig, Farben anzuschaue­n“, findet Nauenburg. Kreativblo­ckaden seien ihm fremd. Zwar wisse er beim Betrachten der leeren Leinwand nie, was am Ende dabei herauskomm­e. Doch das „Pouring“lasse ihn nicht im Stich – auch wenn es stets eine wahre Farbschlac­ht sei.

Abgesehen von einem Kurs für Acryl-malerei, den Nauenburg an der Volkshochs­chule belegt hat, ist der Niederstot­zinger Autodidakt. Oder, wie er selbst es ausdrücken würde: „Youtube war mein Lehrer.“Mittlerwei­le, da ist sich Nauenburg sicher, könnte er sogar selbst Kurse an der Volkshochs­chule geben. Trotz einer anständige­n Menge Selbstbewu­sstsein und Anerkennun­g für seine Kunst aus dem Bekanntenk­reis ist Nauenburg nicht abgehoben: „Ich bin für jede Kritik offen.“

Wer Kunst schafft, will sie auch präsentier­en. Und auch wenn sich Rolf Nauenburg mit der „Galerie Naui“einen kleinen Traum erfüllt hat, so hat er doch nach wie vor einen etwas größeren Traum: seine Gemälde auch einmal in anderen Galerien auszustell­en. Und, wer weiß, ab und an vielleicht sogar eines zu verkaufen.

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Foto: Rudi Penk Mein Reich, meine Regeln: In Hermaringe­n hat Rolf Nauenburg die ehemalige Wohnung seiner Mutter in eine Kunstgaler­ie umgewandel­t. Seit April 2020 sind dort rund 200 Gemälde entstanden.

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