„Der Name steht für Charme, Drama, Action und Spaß“
Omar Sy, bekannt aus „Ziemlich beste Freunde“, spricht über seine Rolle als moderner Meisterdieb in der Netflix-serie „Lupin“und Rassismus.
Zehn Jahre ist es her, dass Omar Sy mit der Komödie „Ziemlich beste Freunde“sein schauspielerischer Durchbruch gelang. Heute lebt der in einem Banlieue von Paris geborene Sy mit Ehefrau Hélène und den fünf Kindern in Los Angeles. Für seine neueste Serienrolle kehrte er wieder in seine Heimat zurück: Seit dem 8. Januar ist er als Meisterdieb Assane Diop in der Netflix-serie „Lupin“zu sehen. Die Gaunerkomödie holt den französischen Klassiker von Maurice Leblanc um den Gentleman-verbrecher Arsène Lupin in die Gegenwart. Omar Sy spricht im Interview über die Serie, Rassismus und sein Leben in den USA.
Monsieur Sy, Arsène Lupin, ein Meisterdieb aus der Feder des Schriftstellers Maurice Leblanc, ist nicht nur in Frankreich legendär. Hatten Sie schon vor der Serie „Lupin“einen Bezug zu der Figur?
Omar Sy:
In erster Linie hatte ich vor allem – wie wohl alle Franzosen – ein ganz allgemeines Verständnis von ihm. Wenn man den Namen Lupin hört, hat man sofort ein Bild vor Augen und weiß, wozu dieser Gentleman-verbrecher fähig ist. Selbst wenn man, wie ich, vielleicht nur mal einen der vielen Romane gelesen hat oder eine der zahlreichen Verfilmungen kennt. Ich war wirklich nicht allzu vertraut mit den Details. Trotzdem war meine Antwort, als mich die Produzenten der Serie nach meiner Traumrolle fragten: Arsène Lupin. Denn der Name steht für Charme, Drama, Action und Spaß. So fing die Entwicklung dieses Projekts überhaupt erst an.
Das Stichwort Gentleman fällt in der Serie tatsächlich mehrmals. Würden Sie sich selbst so beschreiben?
Ach, ich weiß nicht. Wobei ich mal eine Definition des Begriffs gehört habe, die mir gut gefiel: ein Gentleman ist jemand, der zwar Dudelsack spielen kann, es aber bleiben lässt!
Letztlich spielen Sie gar nicht Lupin, sondern eine Art modernen Wiedergänger von ihm. Und verantwortlich für „Lupin“zeichnet kein Franzose, sondern der Brite George Kay. Ganz schön viele Updates für einen solchen französischen Klassiker!
Ohne ein paar Veränderungen lässt sich eine solche Vorlage einfach nicht ins Jahr 2021 übertragen. Und so wichtig es uns war, eine sehr französische Geschichte zu erzählen, so wichtig war es uns auch, dass sie auf der ganzen Welt funktioniert. Deswegen kam jemand wie George, der obendrein als Autor unglaublich viel Rhythmus und Tempo hat, gerade recht.
Zum modernen Bild von Frankreich, das in der Serie gezeigt wird, gehören auch allerlei Verweise auf allgegenwärtigen Alltagsrassismus . . .
Das war etwas, worüber George und ich früh gesprochen haben. Ich fand es wichtig, dass wir ein stimmiges Bild des heutigen Frankreich zeigen, in dem man natürlich als Schwarzer in vielen Fällen anders behandelt wird als ein Weißer. Gleichzeitig gefiel es mir, dass das Thema trotzdem mit einem gewissen Augenzwinkern zur Sprache kommt. Und der von mir gespielte Assane Diop sich diese Ungleichbehandlung in seinen Plänen auch auf clevere Weise zunutze macht. Dass in vielen
Bereichen des Alltags People of Color oft gar nicht beachtet werden und wir für Weiße deswegen mitunter vermeintlich alle gleich aussehen, verwandelt er sehr raffiniert in einen Vorteil.
Erleben Sie Rassismus in den USA anders als in Frankreich?
Puh, das ist eine komplexe Frage und nicht ohne weiteres zu beantworten. Der Rassismus, der mir als Sohn westafrikanischer Einwanderer in Frankreich begegnet ist, ist auf jeden Fall nicht der gleiche, den schwarze Us-amerikaner erleben und der geprägt ist von der Geschichte der Sklaverei. Aber mich darüber zu äußern, steht mir nicht zu.
Dass die Black-lives-matter-bewegung im vergangenen Sommer auch in Europa aufgegriffen wurde, hatte doch aber berechtigte Gründe, oder?
Selbstverständlich, und ich finde es sehr wichtig und gut, dass die Bewegung inzwischen eine globale ist. Trotzdem muss man sehen, dass sie in den USA andere Wurzeln hat und sich zum Beispiel in Frankreich oder Deutschland sehr viel allgemeiner gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit richtet. Was genauso wichtig ist, denn auch darunter haben wir überall viel zu lange gelitten.
Was gefällt Ihnen eigentlich am Leben in Los Angeles?
Eine naheliegende Antwort ist natürlich das Wetter. Das dortige Sonnenlicht fehlt mir inzwischen schon, wenn ich nur mal für ein paar Wochen zurück in Paris bin. Außerdem empfinde ich in Los Angeles ein Gefühl von Freiheit und Weite, auch im übertragenen Sinn, das ich als sehr beflügelnd empfinde. Und da ich gerne Auto fahre, stören mich auch der Verkehr und die weiten Entfernungen nicht. Wer seinen Führerschein in Paris gemacht hat, dem kommt das Fahren in L.A. wie Urlaub vor. Von Freunden und Familie abgesehen, fehlt mir dort also eigentlich wirklich kaum etwas.
Eine letzte Frage noch zu „Ziemlich beste Freunde“. Würden Sie sagen, dass der Film damals Ihr Leben verändert hat?
Zu 100 Prozent würde ich das unterschreiben. Das war im Grunde der Beginn meiner eigentlichen Schauspielkarriere, stellte aber auch sonst mein Leben auf den Kopf. Plötzlich war ich berühmt, es öffneten sich Türen, die ich nie für möglich gehalten hatte. Mir wurde ziemlich schnell klar, dass ich diesen Film nie loswerden würde – und das auch gar nicht wollen würde. „Ziemlich beste Freunde“ist der Fixstern am Firmament meines Berufsleben und das Licht, das mir stets den Weg leuchtet. Ich werde für immer dankbar sein, dass ich diese Rolle damals bekommen habe.