Moodle schwänzt die erste Stunde
Zum Start nach den Winterferien hat an rund 200 Schulen ausgerechnet die Lernplattform schlappgemacht, die den Fernunterricht ermöglichen soll. Dafür hagelte es Kritik.
Für Schüler in Baden-württemberg begann am Montag wieder offiziell der Unterricht – zumindest war das ursprünglich der Plan. Denn die Klassen sind derzeit noch an den Fernunterricht gebunden. Der wiederum soll an vielen Schulen, immerhin an etwa jeder zweiten Schule im Land, über die Lernplattform Moodle stattfinden. Der landesweite Andrang auf deren Server war am Montagmorgen aber so groß, dass sich viele Schüler und Lehrer nicht einmal einloggen konnten. Die Diagnose: Überlastung.
Das Kultusministerium sprach noch am Vormittag von 200 Schulen, die von den Störungen betroffen waren. Bei der „überwiegenden Mehrheit“soll es aber keine Probleme gegeben haben. Laut Kultusministerium hat sich das Land zusammen mit dem MoodleBetreiber Belwü schon im Voraus auf ein solches Szenario vorbereitet. Das erlaubte den Technikern, sogenannte Pufferserver zu aktivieren und die Datenmengen zu verlagern. Schlussendlich traten die betroffenen Schüler und Lehrer nach einer etwas längeren großen Pause in ihre digitalen Klassenzimmer ein.
„Ministerium denkt nicht mit“
Trotzdem war der Aufschrei groß: Auf Twitter hagelte es einiges an Spott und Kritik. Eine Nutzerin etwa schrieb: „Frau Eisenmann ahnte wohl, dass Moodle heute in die Knie geht, darum hat sie so für Präsenzunterricht geworben.“Eine Lehrerin twitterte, ihre Schüler flehten sie an, man möge doch die Videoplattform Zoom nutzen, das funktioniere wenigstens. Und mehr als tausend Likes sammelte ein Nutzer mit den folgenden Worten: „Wer hätte auch ahnen können, dass die Server nicht halten, wenn man vorgibt, dass alle zur selben Zeit Videokonferenzen zu machen haben, anstatt ein vernünftiges Konzept aufzuziehen? Wer hätte das ahnen können? Also mit Ausnahme von, sagen wir, allen!“
Michael Mittelstaedt ist Vorsitzender des Landeselternbeirats in Baden-württemberg. Natürlich, sagt er, habe er auch von den Moodlestörungen erfahren. „Allerdings, ich habe dann mal auf Bundesebene nachgefragt, es sah auch in anderen Systemen nicht unbedingt besser aus. Witzigerweise hatte das nichts mit Stadt oder Land zu tun“, sagt Mittelstaedt. Er nennt die Lage an Baden-württembergs Schulen ein „Aussitzen seit Mitte des vergangenen Jahres“. Denn schon länger bemüht sich der Landeselternbeirat um einen Runden Tisch mit den Entscheidungsträgern zum Thema Unterricht – bislang aber erfolglos.
Matthias Schneider, Geschäftsführer der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-württemberg, ist das Problem mit überlasteten Servern von Lernplattformen nicht fremd. Das kenne man schon aus den Anfängen der Pandemie, als die Schulen auch dichtmachen mussten. Dass es jetzt wieder dazu gekommen ist, sei ein Zeichen dafür, dass das Kultusministerium seit vergangenem Sommer nicht mitdenke. „Schulen werden dadurch zur Improvisation gezwungen“, konstatiert Schneider. Seine Gewerkschaft fordere schon länger einen sogenannten Wechselunterricht ab einer Inzidenz von 50 für die Schulen. Dabei werden Klassen in zwei Gruppen aufgeteilt, die dann in regelmäßigem Turnus zum Präsenzunterricht in die Schule kommen.
Bereits Anfang Dezember monierte die GEW, dass es keine einheitlichen Regeln für die Schulen gebe und Schulleitungen zunehmend den Eindruck hätten, dass heikle Entscheidungen an ihnen hängenblieben. Michael Mittelstaedt resümiert das Thema schließlich wie folgt: „Man muss halt auf einen gemeinsamen Nenner kommen und das dann gemeinschaftlich tragen. Sonst zerfleischen wir uns alle noch mehr und es endet in Wahlkampf – das nützt keinem der Leidtragenden.“