Heidenheimer Neue Presse

Itzelberg und Königsbron­n feiern „Goldene Hochzeit“

Vor 50 Jahren war Itzelberg die erste Gemeinde im Land, die nach entspreche­ndem Wahlvotum der Bürger unter das Dach des größeren Königsbron­n schlüpfte. Lob äußerte damals Innenminis­ter Walter Krause.

- Von Klaus-dieter Kirschner

Mit großer Mehrheit stimmten die Itzelberge­r vor 50 Jahren für eine Eingemeind­ung. Seitdem hat sich einiges verändert.

Kinder, wie die Zeit vergeht: Jetzt ist es exakt 50 Jahre her, dass nach einem Votum Königsbron­n und Itzelberg „heirateten“und damit zugleich eine Vorreiterr­olle in Baden-württember­g eingenomme­n haben. Der „Innenarchi­tekt“des heutigen Baden-württember­gs, der damalige Innenminis­ter Walter Krause (SPD), freute sich. Die von ihm angestoßen­e Kreis- und Gemeindere­form hatte mit der „Hochzeit“von Itzelberg mit Königsbron­n Signalwirk­ung. Am Ende dieser Prozesse bleiben von 3379 eigenständ­igen Kommunen 1111 übrig.

Wie in jeder Ehe, so hatte es natürlich auch in der Königsbron­ner-itzelberge­r Liaison durchaus auch gekracht. Man prozessier­te sich sogar bis vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of in Mannheim und begrub schließlic­h das Kriegsbeil. Die Richter hatten nämlich den Itzelberge­rn klar gemacht, dass sie nicht in der Sache entscheide­n würden weil die Klagenden gar nicht klageberec­htigt waren.

Buch über den Ort ist in Arbeit

Hartmut Pflanz, Josef Seibold und der frühere Gemeindera­t Rudolf Eberl haben in den Archiven gesucht, diese fünf Jahrzehnte aufgearbei­tet und darin bei Hauptamtsl­eiter Joachim Ziller große Unterstütz­ung erfahren. In Arbeit ist ein Büchlein, das interessan­te Details und auch ortsgeschi­chtliche Momente in Erinnerung ruft. So richtig gefeiert aber werden kann im Moment nicht wegen des Lockdowns und anderer Einschränk­ungen als Folge der Corona-pandemie.

1970 regierte Bürgermeis­ter Erwin Richardon den 369 Einwohner großen Ort, dessen See einst durch Mönche angelegt worden war. Im Gemeindera­t saßen damals Raimund Vollmer, Hans Klein, Franz Kupka, Rudolf Eberl, Friedrich Härlin, Wilhelm Aigle, Roland Räpple und Hans Wilhelm Jooß.

Erklärtes Ziel der Landespoli­tik bei der Gemeindere­form: Am Ende soll es bloß noch Kommunen geben, die mindestens 8000 Einwohner haben. Nur die könnten die Ansprüche der Bürger auf entspreche­nde Bildungsei­nrichtunge­n, Altenheime sowie Sportund Schwimmstä­tten erfüllen sowie Aktivitäte­n im Bereich von Kultur und Sozialeinr­ichtungen bieten. Die Einsicht war da, dass es nicht ohne Preisgabe der Selbständi­gkeit geht. Am 8. November 1970 stimmten die Itzelberge­r mit 85,9 Prozent für die Eingemeind­ung nach Königsbron­n. Am 17. November bestätigte der Gemeindera­t einmütig den Bürgerwill­en. Zur Eingemeind­ungsfeier kam auch Innenminis­ter Krause, der zusammen mit dem Königsbron­ner Bürgermeis­ter Karl Burr das bisherige Itzelberge­r Oberhaupt Erwin Richardon nach 25 Dienstjahr­en in den Ruhestand verabschie­dete.

Weil die Turnhalle nur 120 Plätze bot, wurden die Itzelberge­r quasi mit einem Gutschein im Wert von fünf Mark dafür entschädig­t, dass sie nicht bei der Hochzeit dabei sein konnten und so sollten sie sich für den Gutschein in einem der örtlichen Wirtshäuse­r niederlass­en und auf das Wohl der beiden Gemeinden anstoßen.

Eines hatten ja beide Orte schon gemeinsam: den Friedhof oberhalb vom Itzelberge­r See. Der Neubau einer Aussegnung­shalle

war eine von mehreren Zusagen im Eingemeind­ungsvertra­g. 400 000 Mark kostete die von Architekt Heinz Bosch konstruier­te Halle , die 2019 erweitert worden war.

1972 wurde außerdem ein Holzsteg verwirklic­ht und damit die Möglichkei­t, einmal um den See herum laufen zu können. Später baute ein Meisterkur­s der Waldarbeit­sschule den markanten überdachte­n Holzsteg.

Ärger mit der Bahn

1973 bekam die Itzelberge­r Feuerwehr ein Löschfahrz­eug. Ziemlich viel Ärger hatten die Itzelberge­r und die Königsbron­ner mit der Deutschen Bundesbahn. Sie schloss nicht nur den Fahrkarten­schalter und die Gepäckanna­hme, sondern das Bahnhöfle. Später gab es Streit, weil nach Wegfall des Schrankenw­ärters automatisc­he Halbschran­ken montiert wurden. Die Gefahr für die Schulkinde­r sei riesengroß. Doch Jahrzehnte später wurde die Dorfschule wegen geringer Kinderzahl geschlosse­n. 1976 verlor Itzelberg sein Postamt. Es fanden sich täglich nur fünf Kunden ein.

Bis 1974 war die Müllabfuhr Sache des Bauhofs Königsbron­n. Danach ging die „Müllhoheit“an den Landkreis über. 1975 begannen die Bauarbeite­n für eine 1,5 Millionen Mark teure Kläranlage, an die schließlic­h Ochsenberg angeschlos­sen wurde. Einweihung war am 22. November 1976.

Königsbron­n wuchs aufgrund der Kommunalre­form: Nach der Eingemeind­ung von Ochsenberg und Zang 1978 wurde die Hauptsatzu­ng erneut in Sachen unechte Teilortswa­hl geändert: Statt vier bleiben nur noch zwei Ratssitze für Itzelberg am Königsbron­ner Ratstisch garantiert.

Gebührende Erwähnung fand in der Chronik 1981 die Erweiterun­g der heute möglicherw­eise von der Schließung bedrohten Waldarbeit­sschule, die jetzt 50 Einzel- und Doppelzimm­er für die Lehrgangst­eilnehmer umfasst. 1986 war die Dorfentwic­klung ein ebenso großes Thema wie das bis dahin nicht eingelöste Eingemeind­ungsverspr­echen Brenzbrück­e. Die bauliche Verbesseru­ng wurde beschlosse­n als eine der vielen Maßnahmen für ein schöneres „Alt-itzelberg“.

Naherholun­g mitten im Ort

Der Itzelberge­r See ist unveränder­t Naherholun­gsziel. Doch in den 80er-jahren stank der See gewaltig. Zu viel Brot, das Spaziergän­ger als Entenfutte­r hineingewo­rfen hatten. Eine umfangreic­he Entschlamm­ung wurde im Winter 1988/89 vorgenomme­n. 3000 Kubikmeter Schlamm wurden durch Moorraupen herausgesc­hoben.

1990 endete nach 38 Jahren die Ära von Bürgermeis­ter Karl Burr. Der Söhnstette­r Michael Stütz wurde gleich im ersten Wahlgang zum Nachfolger gewählt. Das Thema Abwasseren­tsorgung prägte die 1990er-jahre. Die Gesamtgeme­inde musste für 36,5 Millionen Mark unterhalb der Bundesstra­ße 19 in Sichtweite der Brenz eine Sammelklär­anlage bauen. Außerdem wurde zur Absicherun­g der Wasserfass­ungen der Härtsfeld-albuch-wasservers­orgung in Itzelberg ein Anschluss an die Fernleitun­g der Landeswass­erversorgu­ng hergestell­t.

Der wohl größte Brand in der Nachkriegs­geschichte tobte in der ersten Dezember-woche 1997 beim Hofbauer. Eine Scheune brannte ab. 750 000 Mark Schaden wurden damals geschätzt.

Feuerwehr wurde aufgelöst

Die Feuerwehre­n aus dem Landkreis rückten 1998 mit 35 Fahrzeugen und 250 Kameraden zum ersten Schausprit­zen am See an. Daraus entwickelt­e sich mit den Jahren ein attraktive­s Sommerfest, bei dem mehr als ein Dutzend Boote sowie Tausende Lichter zur Abendstund­e auf dem See schwammen. 2015 wurde dieses Spektakel letztmals veranstalt­et.

2000 wurde Wirklichke­it, was immer die Itzelberge­r Feuerwehr zu gründen beabsichti­gt hatte: Die Pfannenglo­pfer begannen ihr närrisches Treiben und gelten inzwischen als eine Zunft, die Gaudi drauf hat und Brauchtum pflegt. 2002 wurde die ersturkund­liche Erwähnung des Dorfs vor 700 Jahren gefeiert. Einen herben Einschnitt bedeutete 2012 die Auflösung der Feuerwehr und deren Einglieder­ung in die Königsbron­ner Feuerwehr-abteilung. Nur wenige der damals noch aktiven zwölf Kameraden machten den Umzug mit. Wegen der Nähe gab es auch keinen Staatszusc­huss für ein neues Feuerwehra­uto. Das alte war immerhin 38 Jahre im Dienst gewesen.

2014 kam dann schließlic­h auch für den Liederkran­z das „Aus“, da es einfach nicht mehr genug Sänger gab. Heute residiert nun die Verwaltung des Forstbezir­ks Östliche Alb in der einstigen Dorfschule .

Ein Video mit Eindrücken aus beiden Orten gibt es auf hz.de/videos

 ??  ??
 ?? Foto:archiv/markus Brandhuber ?? Vor 50 Jahren wurde Itzelberg eingemeind­et. Seitdem hat sich viel verändert.
Foto:archiv/markus Brandhuber Vor 50 Jahren wurde Itzelberg eingemeind­et. Seitdem hat sich viel verändert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany