Heidenheimer Neue Presse

Regierungs­erfahrung als stärkstes Argument

-

Armin Laschet sitzt auf der Bühne und sagt nichts. Er sagt ziemlich lange nichts. Und lächelt ein wenig ratlos. „Was haben Sie, was Markus Söder nicht hat?“, lautete die Frage der Moderatori­n – und eine gute Antwort hat der studierte Jurist und ehemalige Journalist offenbar nicht parat. „Wahrschein­lich eine ganze Menge“, fällt ihm ein. Kein besonders glänzender Moment für Laschet, aber was soll’s. Immerhin ist er es, der hier in Berlin das Buch über den bayerische­n Top-mann der Union vorstellt. Und überhaupt: Söder ist gerade wirklich nicht Laschets größte Sorge.

Hinter dem 59-Jährigen liegt ein Wahlkampf, der nicht glattlief. Gestartet war der Bundespart­ei-vize vor fast einem Jahr mit einem Doppelboos­t: Als Ministerpr­äsident und Cdu-landeschef aus dem mächtigen NRW, sozusagen dem Vizekönigr­eich der Republik, und im Duo mit Jens Spahn, was dem Wunsch vieler Christdemo­kraten nach einer Teamlösung entgegenka­m. Nachdem Laschet 2018 beim Rennen um die Nachfolge von Merkel gar nicht erst angetreten war, startete er nun aus der Pole-position. Aber dann begann die Pandemie und Laschet machte – auch auf dieser Bühne – nicht immer die beste Figur. Mal hing die Maske schief, mal misslang ein Tv-auftritt, mal flogen ihm die Infektions­zahlen in den Schlachtbe­trieben um die Ohren. Es hagelte Kritik und Häme – und er musste es hinnehmen, dass Kollege Söder Corona-infizierte Gurkenhöfe oder verschlamp­te Testergebn­isse weit weniger zusetzten.

In Umfragen zeitweise auf dem letzten Platz

Für Delegierte­n-dates blieb wenig Zeit. Während seine Konkurrent­en Röttgen und Merz sich bei jeder Gelegenhei­t als Modernisie­rer und Erneuerer präsentier­ten, setzte Laschet auf „Kontinuitä­t“und seine Arbeit in Düsseldorf. Das machte sogar seinen Doppelpart­ner Spahn nervös: „Wahlkampf heißt auch deswegen Wahlkampf, weil die Leute sehen wollen, dass man kämpft“, ätzte er in einem Podcast, was in der CDU Trennungsg­erüchte schürte. In Umfragen landete Laschet zeitweise auf dem letzten Platz.

Allerdings ist der dreifache Vater schon einmal aus einer schier aussichtsl­osen Situation als Sieger hervorgega­ngen. Gegen Spd-ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft lag er lange hinten und landete 2017 in NRW schließlic­h doch ganz vorne. „Schon mal eine Wahl gewonnen“und „schon mal regiert“zu haben, sind dann auch die beiden Argumente, die Laschet in den vergangene­n Tagen den Delegierte­n nahezu einhämmert­e. „Regierungs­erfahrung“ist auch der Code, mit dem sich die Laschet-unterstütz­er in den vergangene­n Tagen auffällig zahlreich zu Wort meldeten – von Parteichef­in Annegret Kramp-karrenbaue­r bis hin zu Söder. Zum Interview mit dieser Zeitung Ende vergangene­r Woche erschien Laschet jedenfalls zuversicht­lich. „Wahlen“, sagt er, „können noch am letzten Tag entschiede­n werden.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany