Mit Schutzmaske im Kreißsaal
Chefärztin Dr. Carina Paschold setzt am Klinikum Heidenheim alles daran, dass Gebärende auch in Corona-zeiten von den Vätern begleitet werden können.
Im Klinikum dürfen die Väter bei der Geburt eines Kindes unter bestimmten Voraussetzungen auch weiterhin dabei sein.
Im vorigen Jahr wurden in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Heidenheimer Klinikum 950 Kinder geboren, der Großteil davon in der Corona-zeit, die bei Geburten andere Regeln verlangt. Doch eine Regel will Dr. Carina Paschold, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, beibehalten: „Väter dürfen bei der Geburt im Kreißsaal dabei sein.“Vorausgesetzt ein Schnelltest gleich nach dem Empfang im Kreißsaal fällt negativ aus und die Väter tragen eine zertifizierte Ffp2-schutzmaske. Die Schwangeren tragen diese ebenso, „allerdings nur so lange, wie sie die Maske bei der Geburt tolerieren können“.
Dass es vielen Paaren wichtig ist, die Geburt gemeinsam zu erleben, vor allem beim ersten Kind, hat die Chefärztin Anfang Dezember deutlich bemerkt. Damals veröffentlichte die Klinik auf der Homepage, dass ab sofort ein Besuchsverbot gelte. Dass diese Vorgabe für Väter im Falle von Geburten nicht bestehe, stand erst viel weiter unten im Text.
Missverständnis und die Folgen
Bis dahin jedoch schienen viele der Schwangeren nicht gelesen zu haben. Die Folge: Es meldeten sich merkbar weniger Frauen für eine Entbindung an und auch die Nachfrage nach Information zum Beispiel bei der telefonischen Hebammen-sprechstunde sank deutlich. Paschold wunderte sich zwar, bemerkte aber erst zwei Wochen später den Grund. Als dann der Text geändert wurde, stieg die Anzahl der Anfragen wieder deutlich an. Das zeige, so Paschold, wie wichtig es den Paaren ist, die Geburt gemeinsam zu erleben.
Von der Expertin und ihrem Team haben die Eltern dabei aus fachlicher Sicht volle Unterstützung. „Wenn man weiß, dass eine Geburt das Verhältnis vom Kind zur Mutter zehn Jahre lang prägt, dann weiß man, wie wichtig das Ereignis und die begleitenden Umstände sind“, sagt Paschold.
Deshalb gibt es für Frauen alle geburtsbegleitenden Angebote wie vor der Corona-zeit, was Hilfe und medizinische Unterstützung angeht. Das gilt nicht nur für den Kreißsaal, sondern auch für die Zeit danach. „Ich befürworte es sehr, dass Väter die ersten 24 Stunden dabei sein können, weil das eine besondere Zeit ist“, sagt Paschold. Deshalb kann das Paar ein Familienzimmer buchen. Die Nachfrage sei in der Corona-zeit gestiegen.
Eine Stunde Besuchszeit
Zwei Stunden lang sei das Paar in der Regel nach der Geburt gemeinsam mit dem Neugeborenen im Kreissaal, beim Wechsel auf die Wöchnerinnenstation braucht auch der Vater den PCR-TEST. Die Mutter hat diesen schon bei der
Aufnahme in den Kreißsaal erhalten. Sollten die Väter die Klinik verlassen, erlischt das Dauer-bleiberecht und es gilt wie bei den anderen: Väter dürfen pro Tag eine Stunde lang Mutter und Kind besuchen.
„Unser Team schützt sich durch Masken und Schutzkleidung“, sagt Paschold. Zweimal wöchentlich würden die Mitarbeiterinnen getestet. Im Hinblick auf die besondere Stellung und Gefährdung der Hebammen bringt Paschold hierbei Kritik an der Impfstrategie des Bundes an. „Die Hebammen befinden sich während der Geburt genau dort, wo sie der Atem der Schwangeren und damit auch die Aerosole erreichen.“Ihrer Meinung nach müssten Hebammen ebenso in der Gruppe sein, die zuerst geimpft werden.
Keine Voranmeldung nötig
Natürlich können Schwangere auch weiterhin ohne Voranmeldung zur Geburt ans Klinikum kommen. Rund die Hälfte der Frauen hatte laut Paschold jedoch schon vorher telefonischen Kontakt mit den Hebammen und den Geburtshelfern, um den Ablauf, die medizinischen Fragen oder auch Vorlieben zu besprechen. „Also wenn sie jetzt bei ACDCSONGS oder im Stehen gebären wollen, können sie das dort besprechen.“
Dass der Aufwand für den Infektionsschutz notwendig ist, leitet Paschold aus den Erkenntnissen ab, die man bislang über Schwangere in Zusammenhang mit Corona weiß. In Hotspot-regionen
seien sieben bis 15 Prozent der Schwangeren coronapositiv, 89 Prozent davon hätten allerdings keine Symptome.
In den Niedrigrisikogebieten, wozu auch Heidenheim zählt, sind knapp drei Prozent der Schwangeren infiziert und davon rund 70 Prozent asymptomatisch. „Die gute Nachricht ist, das nur 0,6 Prozent der Schwangeren im Schnitt infiziert sind.“Ebenso erfreulich sei, dass die weiblichen Hormone einen schützenden Effekt hätten, sodass der Verlauf einer Sars-cov-2-infektion weniger schlimm ist.
19 infizierte Schwangere
Im Klinikum Heidenheim haben laut Paschold im vorigen Jahr 19 infizierte Schwangere entbunden. Paschold betont jedoch, dass auch Infizierte spontan entbinden könnten. Sie erhalten zusätzlich Sauerstoff und werden besonders überwacht. Dass die Hälfte der Infizierten dabei ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht hätten, habe nicht allein an der Infektion gelegen, sondern habe auch andere medizinische Ursachen gehabt.
„Die Plazenta wirkt wie ein Filter“, so Paschold. Selten werde das Virus auf das Baby übertragen. Laut der sogenannten Cronos-studie, an der auch das Heidenheimer Klinikum teilnimmt und Daten übermittelt, seien die Babys in weniger als in drei Prozent der Fälle infiziert. Nach der Geburt dürfe die Mutter das Kind zu sich nehmen, müsse aber eine Ffp-maske tragen. Auch Stillen sei unproblematisch. „Das höchste Risiko ist auch bei Neugeborenen die Tröpfcheninfektion, also die Mutter darf das Kind in den Arm nehmen, streicheln, aber nicht küssen.“
Virus während Schwangerschaft
Ab der 26. Woche, so empfiehlt Paschold, sollte die infizierte Schwangere sich regelmäßig untersuchen lassen, da die Gefahr bestehe, dass das Wachstum des Babys verzögert werde. Im Blick habe man dabei auch ein erhöhtes Thrombose-risiko, das bei Schwangeren grundsätzlich höher sei und durch die Infektion zusätzlich verstärkt werde. Je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten sei, desto höher sei das Risiko einer Frühgeburt.
Laut Cronos-register mussten 13,8 Prozent der infizierten Schwangeren stationär aufgenommen werden, davon benötigte ein Viertel Atemunterstützung, 5,7 Prozent eine Intensivbetreuung. Grundsätzlich gefährdeter seien Frauen über 35 Jahren, mit Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck.