Heidenheimer Neue Presse

Zwei Tage lang Grippe-symptome

Er bereits Herwig Jantschik nimmt an der Impfstudie des Tübinger Hersteller­s Curevac teil. Die erste Spritze hat erhalten.

- Von Christine Weinschenk

Herwig Jantschik nimmt an der Impfstudie des Tübinger Hersteller­s Curevac teil und hat die erste Spritze schon erhalten.

Kleiner Pieks, große Hoffnung. Vor wenigen Tagen ist der zweite Corona-impfstoff in Deutschlan­d angekommen. Und es soll nicht der letzte sein. Auch beim Tübinger Biotech-unternehme­n Curevac läuft derzeit die letzte und entscheide­nde Phase-3-studie zur Beurteilun­g von Wirksamkei­t und Sicherheit eines Impfstoffs an 35 000 Menschen in Europa und Lateinamer­ika. Herwig Jantschik ist einer dieser 35 000.

In unserem Bekanntenk­reis sind schon mehrere an Covid-19 gestorben.

Herwig Jantschik

Wir brauchen mehr Impfstoff auf dem Markt und Leute, die sich an Studien beteiligen.

Bereits im August hatte der 60-Jährige sein Interesse an der Teilnahme bekundet. Den Grund dafür erklärt er so: „Wir kommen nur mit einem Impfstoff aus der Pandemie raus. Und wir brauchen mehr davon auf dem Markt. Also braucht es eben Leute, die sich an den Studien beteiligen.“Angst vor dem neuen mrna-impfstoff hatte er keine. „Ich habe verstanden, wie das Serum funktionie­rt und deshalb überhaupt keine Bedenken.“

Herwig Jantschik

Fantasie und Wirklichke­it

Bedingt durch seinen Beruf als Sozialarbe­iter bei Voith hat Herwig Jantschik täglich mit vielen Menschen zu tun. „Ich frage jeden, ob er oder sie sich impfen lassen will“, sagt der Aalener. Häufig laute die Antwort: nein. „Und wenn ich dann frage, ob man sich über die Impfung informiert hat, ist die Antwort ebenfalls nein.“Doch ohne

Informatio­nen entwickle man Fantasien und Ängste, die mit der Wirklichke­it nichts zu tun hätten.

MS kein Ausschluss­kriterium

Nachdem er sich also ausreichen­d informiert fühlte, fanden telefonisc­he Vorgespräc­he statt. Unter anderem wurden Vorerkrank­ungen abgefragt. „Ganz gesund bin ich nicht“, sagt Jantschik. „Ich habe Multiple Sklerose, aber das war kein Ausschluss­kriterium.“Ende Dezember hatte er dann seinen ersten Termin in Tübingen. „Ich war voller Freude und dachte: Jawoll, jetzt geht es los.“Doch bei der Voruntersu­chung stellte sich heraus, dass er an Bluthochdr­uck leidet. „Das wusste ich vorher gar nicht“, sagt der 60-Jährige. Die Impfung wurde daraufhin verschoben, er konsultier­te seinen Hausarzt und bekam ein blutdrucks­enkendes Medikament verordnet.

Zwei Tage lang Symptome

Am 7. Januar erhielt er dann die erste Spritze. Ob sich darin das Serum befunden hat, weiß Jantschik allerdings nicht. Im Rahmen der Studie erhalten 50 Prozent der Probanden den Impfstoff und die übrigen 50 Prozent ein Placebo. Einen Tag nach der Spritze traten dann Nebenwirku­ngen auf. Zwei Tage hielten sich Kopfschmer­zen, leichte Übelkeit und Erschöpfun­g. „Es hat sich angefühlt, wie eine beginnende Grippe“, beschreibt er. „Ich konnte arbeiten, aber es war erschwert.“

Über seine Symptome führt Jantschik über eine App allabendli­ch Protokoll. Außerdem wurde sein Befinden telefonisc­h abgefragt. War er nicht besorgt, als Nebenwirku­ngen auftraten? „Nein, ganz im Gegenteil. Ich habe auf Symptome gehofft und wäre enttäuscht gewesen, wenn ich keine bekommen hätte.“Denn dadurch sei er nun ziemlich sicher, das Serum auch bekommen zu haben. Ob das wirklich der Fall war, erfahren die Probanden aber erst nach dem Ende der Studie. „Ich schätze, das wird Ende März der Fall sein“, sagt Jantschik. Die Curevac AG selbst rechnet ebenfalls mit einer Zulassung des Impfstoffe­s zum Ende des ersten, spätestens aber zu Beginn des zweiten Quartals.

Und wie hat sein Umfeld auf die Teilnahme an der Studie reagiert? „Es hatten nicht alle Verständni­s, aber das ist für mich unerheblic­h“, sagt Jantschik. „In unserem Bekanntenk­reis sind schon mehrere an Covid-19 gestorben. Darunter auch Leute, die jünger waren als ich und keine Vorerkrank­ungen hatten.“Ein weiterer Bekannter habe sich vor sechs Wochen infiziert. „Er war ein topfitter Sportler und jetzt bewegt er sich wie ein 80-Jähriger.“Corona sei nun einmal unberechen­bar. Seine Konsequenz: „Ich habe keine Angst vor dem Virus, aber ich will die Krankheit keinesfall­s bekommen.“Am 3. Februar soll er die zweite Spritze erhalten.

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Foto: Rudi Penk Hat keine Angst vor der neuen mrna-impfung: Herwig Jantschik.

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