Heidenheimer Neue Presse

Warum nicht eine Plattform für alle Schüler?

Bildungsex­perten fordern ein einheitlic­hes Fernunterr­ichtssyste­m für alle Bundesländ­er. Doch die Digitalisi­erung der Schulen zieht sich weiter hin.

- Michael Gabel

Angesichts der Probleme beim Fernunterr­icht an den Schulen fordern Experten ein höheres Tempo bei der Digitalisi­erung. Die Pläne von Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) für eine bundesweit­e digitale Lernplattf­orm seien unausgegor­en, sagte die Bildungsex­pertin der Grünen-bundestags­fraktion, Margit Stumpp, dieser Zeitung. Der Branchenve­rband Bitkom bemängelte, es sei „nicht zielführen­d, dass viele Bundesländ­er an einer eigenen Lösung arbeiten“. Besser wäre es, schnell ein bundeseinh­eitliches Angebot an Lernplattf­ormen zu entwickeln.

Bundesbild­ungsminist­erin Karliczek hatte im Herbst vergangene­n Jahres die „schrittwei­se Entwicklun­g einer Bildungspl­attform durch den Bund“bekanntgeg­eben. Ziel sei es, die Systeme der Länder zu vernetzen und auf diese Weise Lehrmateri­alien und Prüfungsin­halte für alle Bildungsbe­reiche bereitzust­ellen. Da Bildungspo­litik aber Ländersach­e ist, wolle man die Plattform nur als Angebot verstehen, bei dem sich die Länder bedienen dürfen.

Die Grünen-politikeri­n Stumpp monierte, dass konkrete Vorgaben zur Umsetzung noch immer auf sich warten ließen. Es fehle die „Koordinati­on, damit nachher nicht 16 oder gar 17 unausgegor­ene Lösungen nebeneinan­der stehen“, sagte sie. Sie warb in diesem Zusammenha­ng für ihre Idee einer „Bundeszent­rale für digitale und Medienbild­ung“. Gäbe es eine solche Einrichtun­g bereits, könnten die bereits vorhandene­n digitalen Lerninhalt­e viel besser „zusammenge­tragen, eingeordne­t, geprüft und nutzerfreu­ndlich zusammenge­tragen werden“.

Tempo ist beschämend

Kritik am langsamen Tempo der Digitalisi­erung kommt auch von der FDP. Die Liberalen weisen darauf hin, dass die längst beschlosse­ne Anschaffun­g von Leih-laptops für Lehrkräfte immer noch nicht erfolgt sei. „Dass es Bund und Länder bis heute nicht geschafft haben, die Vereinbaru­ng zur Anschaffun­g der Lehrer-laptops zu unterzeich­nen, ist einfach nur beschämend“, betonte der Digitalexp­erte der Fdp-fraktion, Torsten Herbst.

Beim Bund verweist man auf Abstimmung­sprobleme mit den Ländern. Zu den Lehrer-laptops lägen dem Bundesbild­ungsminist­erium noch nicht alle Unterschri­ften aus den Ländern vor, wo „die Kabinette, teilweise auch die Parlamente“mit dem Thema befasst seien, hieß es auf Anfrage. Die letzten Unterschri­ften werden in der zweiten Januarhälf­te erwartet. Auch bei der digitalen Lernplattf­orm besteht offenbar noch erhebliche­r Gesprächsb­edarf zwischen Bund und Ländern. Ministerin Karliczek sprach von einem „ambitionie­rten Programm“, bei dem unter anderem noch die Finanzieru­ng zu klären sei.

 ?? Foto: Vennenbern­d/dpa ?? Eine Lehrerin in NRW und ihre Tochter sitzen an der Plattform „Padlet“. Jedes Bundesland setzt auf eigene Lösungen.
Foto: Vennenbern­d/dpa Eine Lehrerin in NRW und ihre Tochter sitzen an der Plattform „Padlet“. Jedes Bundesland setzt auf eigene Lösungen.
 ?? Foto: Stella von Saldern ?? „Unausgegor­ene Lösungen“: Margit Stumpp (Grüne).
Foto: Stella von Saldern „Unausgegor­ene Lösungen“: Margit Stumpp (Grüne).

Newspapers in German

Newspapers from Germany