Heidenheimer Neue Presse

Öffnung von Schulen und Kitas durch die Hintertür?

Die Notbetreuu­ng wird immer stärker genutzt. Die GEW beobachtet einen Missbrauch des Angebots.

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Trotz Corona-lockdowns rechnet die Landesregi­erung mit weiter steigenden Schülerzah­len an den eigentlich geschlosse­nen Grundschul­en. Es sei davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Notbetreuu­ngsangebot­en in den kommenden Tagen kontinuier­lich zunehmen werde, sagte ein Sprecher des Kultusmini­steriums in Stuttgart. In der Woche nach den Weihnachts­ferien seien je nach Grundschul­e zwischen 10 und 25 Prozent der regulär unterricht­eten Schüler notbetreut worden. Das habe eine Abfrage ergeben.

Bund und Länder hatten Anfang des Jahres den Lockdown auch an Schulen und Kitas bis Ende Januar verlängert. Einer zunächst angedachte­n vorzeitige­n Öffnung von Kitas und Grundschul­en in Baden-württember­g schon am 18. Januar erteilte die Landesregi­erung am Donnerstag eine Absage – wegen der weiter hohen Corona-infektions­zahlen. Für Kita-kinder und Schüler der Klassen 1 bis 7 soll es aber weiter die Möglichkei­t einer Notbetreuu­ng geben.

Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetz­ungen erfüllt sein: Die Eltern müssen „zwingend auf eine Betreuung angewiesen“sein, wie das Kultusmini­sterium festlegt. Sie müssen erklären, „dass beide entweder in ihrer berufliche­n Tätigkeit unabkömmli­ch sind oder ein Studium absolviere­n oder eine Schule besuchen, sofern sie die Abschlussp­rüfung im Jahr 2021 anstreben“. Ein Nachweis muss jedoch nicht erbracht werden.

Personalen­gpässe drohen

Schon jetzt nutzen laut der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) Baden-württember­g deutlich mehr Kinder die Notbetreuu­ngsangebot­e der Grundschul­en und Kitas als in den Tagen vor Weihnachte­n. Zum Teil gebe es deshalb Personalen­gpässe, erklärte Gew-landesgesc­häftsführe­r Matthias Schneider. Aus Grundschul­en höre er, dass zum Teil Lehrer und Lehrerinne­n gleichzeit­ig Notbetreuu­ng und Online-fernunterr­icht sicherstel­len sollen, was unmöglich sei. Vereinzelt erreiche ihn aus den Kitas auch Kritik daran, dass Eltern die Notbetreuu­ng nutzten, obwohl sie anscheinen­d keinen Anspruch darauf hätten.

An Grundschul­en gibt es laut dem Verband Bildung und Erziehung Baden-württember­g (VBE) dasselbe Phänomen. „Wir wissen von Eltern, die zuhause sind, kein Homeoffice haben und trotzdem ihre Kinder in die Notbetreuu­ng schicken“, erklärte der stellvertr­etende Vbe-landesvors­itzende Oliver Hintzen. Weil das Angebot so niederschw­ellig angesetzt sei, werde es häufig genutzt.

An Standorten mit viel Platz und wenigen Kindern in der Notbetreuu­ng funktionie­re das System gut. „Bei Standorten mit großen Gruppen hingegen haben wir aber genau das Gegenteil von dem erreicht, was mit einer Schulschli­eßung bewirkt werden soll“, bemängelte er.

In Landkreise­n, Städten und Gemeinden mit hohen Infektions­zahlen müsse überlegt werden, ob Schulen überhaupt für Notbetreuu­ng geöffnet werden müssten.

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