Heidenheimer Neue Presse

RKI-CHEF Wieler warnt vor einer dritten Corona-welle

Mutationen breiten sich auch in Deutschlan­d aus. Auf den flächendec­kenden Einsatz der Arztpraxen beim Impfen muss man aber weiter warten – die Mediziner sind entsetzt.

- Hajo Zenker

Berlin. Mitten hinein in die von Bund und Ländern verabredet­en Öffnungssc­hritte legen die Corona-neuinfekti­onen wieder zu. Laut Robert-koch-institut (RKI) gab es in 24 Stunden 14 356 Ansteckung­en – über 2400 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-tages-inzidenz, die Zahl der Neuansteck­ungen je 100 000 Einwohner, legte von 65,4 auf 69,1 zu – höher als vor einem Monat.

Dass das Virus sich wieder besser verbreiten kann, dürfte an der englischen Variante B.1.1.7 liegen. Laut RKI beträgt der Anteil dieser Mutante an den Neuinfekti­onen schon 55 Prozent. B.1.1.7 ist ansteckend­er, laut RKI mindestens um 35 Prozent. Zudem ist zu befürchten, dass B.1.1.7 gefährlich­er ist. Einer Studie der Uni Exeter ist sie 64 Prozent tödlicher.

Auch eine weitere Mutante hat es zu uns geschafft: Am Berliner Flughafen BER wurde B.1.525 nachgewies­en, eine Art Kombinatio­n aus B.1.1.7 und der südafrikan­ischen Mutation B.1.351. Die Variante B.1.525 soll noch einmal ansteckend­er sein und das menschlich­e Immunsyste­m besser austrickse­n können.

Rki-präsident Lothar Wieler zeigt sich daher „sehr besorgt“und sieht in Deutschlan­d bereits die dritte Welle. Es gebe jetzt einen Wettlauf zwischen Impfkampag­ne und mutierende­m Virus, sagte er. Die Bundesländ­er verschoben jedoch die flächendec­kende Einbeziehu­ng der Arztpraxen, die für Millionen zusätzlich­e Impfungen sorgen soll, auf frühestens 19. April. Der genaue Termin steht noch nicht fest.

Die Mediziner zeigten sich entsetzt. Die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung forderte, „jetzt und sofort“müsse in Praxen geimpft werden. „Wenn wir eines nicht haben, dann ist es Zeit“, warnte Vorstandsc­hef Andreas Gassen. Dabei ist die gerade erfolgte Zulassung des Vakzins von Johnson & Johnson eigentlich passend für breite Impfungen in Arztpraxen. Es benötigt nur eine Dosis und kann im Kühlschran­k gelagert werden. Ganz wie bei Grippeimpf­stoffen, perfekt geeignet für Praxen.

April-menge noch unklar

Aber auch hier könnte es zunächst Lieferengp­ässe geben. „Mit den Dosen, die wir geordert haben, können wir bis zu 200 Millionen Menschen in der EU impfen“, schrieb Eu-kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen auf Twitter. Davon würde Deutschlan­d 36,7 Millionen erhalten. Die ersten Impfdosen sollen im April kommen – wieviel genau, ist jedoch offen.

Unterdesse­n sorgt Astrazenec­a erneut für negative Schlagzeil­en: Dänemark und Norwegen setzten die Impfungen aus. Laut Behörden lägen Berichte über schwere Fälle von Blutgerinn­selbildung bei Geimpften, darunter ein Todesfall, vor. Ob es einen Zusammenha­ng mit dem Vakzin gibt, solle geklärt werden. Karl Lauterbach hält Astrazenec­a weiter für sicher. Aber er räumt auch ein: Der Verlust „an Vertrauen ist immens“.

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Foto: Tobias Schwarz/ afp/pool/dpa Ist „sehr besorgt“: Lothar Wieler, der Präsident des Robert-koch-instituts.

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