Brasilien steuert in die Corona-katastrophe
Während die Pandemie außer Kontrolle gerät, bekommt Präsident Bolsonaro einen Gegenspieler.
Rio de Janeiro. Unerwartet tauchte Brasiliens Ex-präsident Lula da Silva diese Woche wieder auf der politischen Bühne auf. Das oberste Gericht hob ein umstrittenes Korruptionsurteil gegen ihn auf und ermöglichte damit seine politische Wiedergeburt.
Bei seinem ersten Auftritt verteilte er Breitseiten gegen den weit rechts stehenden Amtsinhaber Jair Bolsonaro, der die Corona-pandemie von Anfang an verharmloste: „Folgen Sie nicht den schwachsinnigen Entscheidungen des Präsidenten der Republik oder des Gesundheitsministers:
Lassen Sie sich impfen“, sagte Lula da Silva. Der Amtsinhaber hatte jüngst wegen fehlender Haftungsübernahmen der Pharmaindustrie vor Impfdosen gewarnt und Schutzmasken abgelehnt.
Das politische Kräftemessen zwischen Lula da Silva und Bolsonaro ist ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf 2022. Der Linkspolitiker gilt als einer der aussichtsreichsten Rivalen Bolsonaros, auch wenn er seine offizielle Kandidatur noch nicht verkündet hat.
Bolsonaro steckt mitten in der schlimmsten Corona-lage seit
Beginn der Pandemie, deren weiterer Verlauf am Ende über die weitere politische Karriere des Präsidenten entscheiden wird. Am Mittwoch starben 2349 Menschen in nur 24 Stunden, neuer Rekord. Weitere 80 955 Neuinfektionen in den letzten 24 Stunden werden die Lage weiter verschlechtern.
Gesundheitsminister Eduardo Pazuello, der dritte seit Ausbruch der Pandemie, versuchte am Donnerstag mit einem Video seine Landsleute zu beruhigen. Das Gesundheitssystem sei zwar stark belastet, „aber ist nicht kollabiert und es wird nicht kollabieren“, sagte Pazuello, während im Land zahlreiche Krankenhäuser bereits seit Wochen überbelegt sind.
Das große Sterben
Nicht wenige Experten sehen Brasilien in Kürze auf tägliche Todeszahlen von 3000 Fällen an nur einem Tag zusteuern. Das wirklich große Sterben hat in Brasilien erst seit ein paar Tagen begonnen.
Die Furcht ist in dem Land zudem groß, dass sich wegen der großen Zahl an Neuinfektionen bald weitere Virus-mutationen bilden könnten, deren Gefährlichkeit unberechenbar ist. Die Tageszeitung „O Estado“berichtete, dass zwei Städte aus dem Bundesstaat Sao Paulo, die den Empfehlungen Bolsonaros Folge geleistet und Auflagen vorzeitig aufgehoben hätten, inzwischen regelrechte Tragödien erleben würden.
Inzwischen scheint Bolsonaro verstanden zu haben, dass nicht nur Menschenleben, sondern auch seine politische Zukunft auf dem Spiel steht. Er gab grünes Licht für die Bestellung von weiterem Impfstoff.